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Ausschnitt aus dem Werk
Das komplette Werk von Stanislaw Lem angemessen zu beschreiben, würde wohl ein eigenes Buch erfordern. Deshalb hier nur einige Worte zu ausgewählten Büchern des Autors.

hospital_der_verklaerung.jpg Lems literarisches Debut sollte 1946 eigentlich Das Hospital der Verklärung werden, aber die Zensurbehörden verhinderten eine Veröffentlichung für acht Jahre. In dem nicht-phantastischen Roman erzählt der Autor von dem jungen Arzt Stefan, der in einem Krankenhaus für Geisteskranke arbeitet. Das Hospital wird von der SS besetzt, die beginnt, die Insassen systematisch zu ermorden. Diesem Band folgten zwei weiteren Teile der Trilogie über die Irrungen des Stefan T.

So kam Der Mensch vom Mars, ebenfalls aus dem Jahr 1946, an den Beginn. Die in einer Romanheftreihe erschienene Geschichte beschäftigt sich bereits mit einer außerirdischen Zivilisation und deren zwangsläufigen Andersartigkeit. Dieser frühe Roman war noch von einer unkritischen Fortschrittsgläubigkeit geprägt, gegen die sich Lem in späteren Werken so oft wenden sollte. Entsprechend wenig hielt Lem später von seinen früheren Werken: „Meinen ersten SF-Romanen spreche ich heute jeden Wert ab“, schrieb Lem Anfang der Achtziger in einem Essay.

1961 erscheint Lems wohl bekanntestes Werk. Solaris wurde auch bereits zwei mal verfilmt, auch wenn der Autor von beiden Filmen nicht viel hält. In dem Roman hat die Menschheit einen fremden Planeten gefunden, auf dem es Leben zu geben scheint. Der Planet ist bedeckt von einem Ozean aus flüssigem Metall, und die Forschungsergebnisse legen nahe, daß der gesamte Ozean – wenn nicht sogar der gesamte Planet – ein Lebewesen ist. Alle Kommunikationsversuche schlagen zunächst fehl. Als die Forschungsstation im Orbit um den Planeten merkwürdige Daten sendet, soll ein Psychologe die Besatzung beurteilen. Er entdeckt, daß die Besatzung Besuch von merkwürdigen „Gästen“ erhält, die aus den Erinnerungen, Ängsten und Träumen der Besatzung stammen. Auch seine eigene Ehefrau taucht auf – dabei hat diese sich kurz vor seiner Abreise zur Station umgebracht.

summa_technologiae_pl.jpg An der Summa Technologiae hatte Lem bereits seit 1939 gearbeitet. Erschienen ist sein philosophisches Hauptwerk dann 1964. Den Anstoß zu diesem Buch gaben die Theorien über den „rechnenden Raum“ vom Konrad Zuse. Der Erfinder des Computers hatte darin versucht, Erkenntnisse der Informations- und Automatentheorie auf die Kosmologie anzuwenden. Ein wichtiges Modell in der Automatentheorie sind sogenannte zelluläre Automaten. Gut veranschaulicht hat solche zellulären Automaten der Mathematikprofessor Tim Conway in seinem beliebten „Game of Life“. Dort siedeln sich auf einer in Quadrate unterteilten Ebene beispielsweise Pflanzen an. Ob diese Pflanzen im nächsten Spielzug sterben, überleben oder sich auf weitere Felder ausbreiten können, hängt davon, auf wievielen der direkt benachbarten Feldern ebenfalls Pflanzen wachsen. Das Schicksal eines Feldes hängt also davon ab, was in der direkten Nachbarschaft passiert. Zuse versuchte, dieses Prinzip auf den gesamten Kosmos anzuwenden. Beispielsweise interpretierte er Licht nicht als Elementarteilchen, das sich durch den Raum bewegt, sondern als Information „Licht“, die von einem „Feld“ zum nächsten weitergegeben wird. Er betrachtete den Weltraum also als gigantischen Rechner, als „rechnenden Raum“.

Davon inspiriert vergleicht Lem in der Summa Technologiae die natürlich Evolution mit der Geschichte der technischen Entwicklung. Wie sich in der Evolution Moleküle zu Zellen, Zellen zu Geweben, Gewebe zu Organen, Organe zu Individuen, Individuen zu Gruppen zusammengetan und organisiert haben, sprach sich Lem auch in der Technik für einen Bottom-Up-Ansatz aus. Die Idee war, kleine, einfache Einheiten dazu anzuregen, sich selbst zu komplexeren Strukturen zu organisieren. Für dieses Verfahren prägte Lem den Begriff „Informationszucht“. Im Rahmen der Science Fiction stellte er seine Idee plastischer da: „Die Beherrschung des Lebensphänomens ermöglicht es, synthetische Spermien zu produzieren, die man in irgendetwas einpflanzt, mit einer Handvoll Wasser besprengt, und bald wächst aus ihnen das notwendige Objekt. Man muß sich nicht darum kümmern, woher ein solches Spermium das Wissen und die Energie für die Radio- oder Schrankgenese nimmt, genausowenig wie wir uns dafür interessieren, woher ein Unkrautsamen die zu Keimen erforderliche Kraft und das entsprechende Wissen nimmt.“

In der sozialistischen Gesellschaft der damaligen Zeit wurde die Summae Technologiae heftig kritisiert und als „allgemeine Theorie von Allem“ verspottet. Was er seinen Kritikern antwortete, ist heute fast ein Mantra unter Forschern, die sich mit Künstlicher Intelligenz oder Bioinformatik befassen: „Wir können alles aus dieser Welt machen, nur nicht eine Welt, in der die Menschen in einigen zigtausend Jahren überlegen könnten: 'So, es ist nun genug. So soll es von nun an immer bleiben. Verändern wir nichts, erfinden wir nichts, weil es besser nicht sein kann, und wenn doch, dann wollen wir es nicht.'“

In Der Unbesiegbare, erschienen 1964, sucht ein Kriegsraumschiff mit diesem Namen nach seinem verschwundenen Schwesterschiff. Wie sich herausstellt, ist die gesamte Besatzung der „Kondor“ tot, das Schiff selbst aber kaum beschädigt. Und es gibt keine Hinweise darauf, woran die Mannschaft gestorben ist. Auch der riesenhaften Stadt, offenbar gebaut von einer antiken Kultur, ist kein Leben zu finden. Sind die geheimnisvollen schwarzen Wolken dafür verantwortlich?

robotermaerchen.jpg 1964 war ein sehr produktives Jahr für Stanislaw Lem. Auch die Geschichtensammlung Robotermärchen stammt aus diesem Jahr. Diese Geschichten handeln nicht nur von Robotern, sondern sind auch für Roboter. Menschen kommen, wenn überhaupt, nur ganz am Rande vor. Die Robotermärchen sind besonders bekannt für die sprachliche Virtuosität und den Wortwitz, den Lem hier an den Tag legt.

In zwei Bänden erschien 1970 Phantastik und Futurologie. In diesem Werk versucht Lem, eine Theorie der Science Fiction aufzustellen. Er benutzt das Genre als Denkmodell dafür, wie sich die Welt und die Menschen in der Zukunft verändern könnten. Entsprechend wendet sich Lem auch gegen den Teil der Science Fiction, der sich als reine Unterhaltungsliteratur versteht. In diesen Büchern schlägt Lem einen Bogen von der Schöpfungstheorie über die Sprache, die Welt und die Strukturen eines literarischen Werks.

Über den Futurologischen Kongress berichtete Lem im Jahr 1971. In einem Luxushotel in einer Bananenrepublik diskutierten Fachleute über die Zukunft, darunter aucht der Astronaut Ijon Tichy. Aber außerhalb des Hotels findet gerade ein Volksaufstand statt. Die Machthaber setzen alle Mittel ein, um die Revolte niederzuschlagen, darunter auch Psychodrogen. Diese gaukeln den Menschen eine Realität vor, die es tatsächlich gar nicht gibt. Als sich der Aufstand auch auf das Hotel ausdehnt, in dem der Kongress stattfindet, gerät auch Tichy unter den Einfluß der Drogen. Nach einer Reihe von grotesken Halluzinationen wacht er erst in ferner Zukunft wieder auf, in einem praktisch idealen Staat. Dort werden die negativen Teile der menschlichen Persönlichkeit mit Psychemikalien unter Kontrolle gehalten. Aber was ist wirklich real?


Special vom: 29.03.2006
Autor dieses Specials: Henning Kockerbeck
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