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Eine kleine Einführung
solaris_heyne.jpg Er hat die Science Fiction als literarische Gattung salonfähig gemacht. Seine Werke, wie Solaris oder der Futurologische Kongress, zeigten eindrucksvoll, daß Science Fiction mehr sein kann die Groschenromane, mit denen das Genre einmal begonnen hat. Dabei umfaßt sein Werk weitaus mehr, Stanislaw Lem beschäftigte sich unter anderem mit Physik, Kosmologie, Philosophie und Kybernetik.

Lange bevor es Wirklichkeit wurde nahm er vieles vorweg. In den fünfziger Jahren beschrieb er Computernetzwerke, viele Jahrzehnte vor den Anfängen des Internet. Aus der damaligen Zeit stammt auch der Roman Lokaltermin, in dem eine Art Vorläufer der heutigen Internet-Suchmaschinen eine Rolle spielt. In den sechziger Jahren erdachte Lem etwas, das er „Phantomatik“ nannte. Wir würden es heute eher „Cyberspace“ oder auch „virtuelle Simulation“ nennen. Ebenfalls Jahrzehnte vor den Versuchen der heutigen Neurobionik, das menschliche Gehirn mit Computern zu koppeln, dachte Lem über „Brainchips“ und „Cerebromatik“ nach. Weitere Beispiele finden sich in der Gentechnologie oder der Forschung über Künstliche Intelligenz.

Dabei behielt Stanislaw Lem immer auch die Risiken neuer Technologien im Blick und machte sich über ihre ethischen Auswirkungen Gedanken. In vielen seiner Romane sind Menschen mit dem absolut Fremden konfrontiert, das den menschlichen Geist und die menschliche Vorstellungskraft an ihre Grenzen bringt. In Solaris beispielsweise treffen Astronauten auf einen intelligenten Ozean, der mit ihnen zu kommunizieren versucht, indem er Szenen aus ihren Träumen real erschafft. Damit kritisierte Lem die menschliche Hybris und den Glauben an grenzenlosen technischen und wissenschaftlichen Fortschritt. Wieviel der Mensch auch forscht, entdeckt und erfindet – er wird immer Grenzen haben, die Realität wird immer etwas in der Hinterhand behalten, was über seinen Horizont geht. In letzter Zeit ging Lem vor allem mit der voranschreitenden Vernetzung der Gesellschaft und dem Information Overload kritisch ins Gericht.

Aber nicht nur inhaltlich, auch sprachlich sprudelte Lems Phantasie. Seine Romane gelten mit Recht als anspruchsvolle Klassiker der Science Fiction. Immer mit einem Augenzwinkern hat der Autor beispielsweise in seinen Sterntagebüchern die Grenzen des Genres ausgeweitet und Satire, Parodie und Allegorie mit der Science Fiction verbunden. Seinen Schaffensprozess beschrieb Lem in einem phantasievollen Bild: „Die Kuh gibt zwar Milch, diese stammt ja nicht aus dem Nichts. Und so wie die Kuh, damit sie gemolken werden kann, vorher Gras fressen muß, muß ich Massen der echten, also nicht von mir erdachten Fachliteratur aller Art verschlingen. Doch ähnelt das Endprodukt dieser geistigen Nahrung so wenig, wie die Milch dem Gras ähnelt.“

So fortgeschritten viele Ideen und Szenarien in Lems Werk auch waren, selbst hat er sich der modernen Technik verweigert. Seine Texte schrieb er auf einer alten mechanischen Schreibmaschine, Faxgerät, Computer und Internetanschluß im Nebenraum überließ er seinem Assistenten. Was auf diese Art und Weise entstand, erreichte eine Gesamtauflage von 45 Millionen Exemplaren in 57 Sprachen. Damit ist Lem einer der erfolgreichsten polnischen Autoren des zwanzigsten Jahrhunderts.


Special vom: 29.03.2006
Autor dieses Specials: Henning Kockerbeck
Die weiteren Unterseiten dieses Specials:
Biographie
Ausschnitt aus dem Werk
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