Wiedersehen in Paris
Story:
Die Zeit des Kommunismus scheint abzulaufen. Verzweifelt klammern sich die Machthaber an dem Status Quo, derweil andere versuchen, diese Gesellschaftsform behutsam zu modernisieren. Und vor diesem Hintergrund verliebt sich die 17jährige Alba in den wesentlich älteren Guéo. Es folgen für sie wunderbare Jahre.
Meinung:
Man kann es irgendwie kaum glauben, dass der Fall der Mauer und des Eisernen Vorhangs mittlerweile schon über 25 Jahre her ist. Und die Welt hat sich seit damals enorm geändert, auch wenn in einigen Staaten demokratische Ansätze nach einiger Zeit quasi eingegangen sind. Vor diesem historischen Hintergrund spielt das Buch "Wiedersehen in Paris", geschrieben von Albena Dimitrova.
Die Autorin wurde 1969 in Sofia (Bulgarien) geboren. Sie studierte Wirtschaftswissenschaften und lebt seit dem Ende der 80er Jahre in Paris. Seit 2006 ist sie als Schriftstellerin, Festivalleiterin und Dramaturgin aktiv. "Wiedersehen in Paris" ist ihr Debütroman.
Ende der 80er Jahre erleidet die 17jährige Bulgarin Alba einen Nervenschaden in einem Bein. Durch viel Glück gelangt sie in eine Klinik, die eigentlich den Führungsmitgliedern der Partei vorbehalten ist. Dort lernt sie den wesentlich älteren Guéo kennen und lieben. Gemeinsam erlebt sie mit ihm wunderbare Jahre, auch wenn ihr Liebhaber dadurch seine Beziehung in die Brüche gehen lässt.
Doch gleichzeitig kündigen sich große Veränderungen an. Der Kommunismus ist bedroht, die Missstände im Land sind nicht mehr zu übertünchen. Guèo ist einer der Denker der Partei und tüftelt an einer Idee, wie sich die Grundidee dieser Gesellschaftsform retten lässt. Doch die Frage ist, ob er damit nicht viel zu spät ist.
"Wiedersehen in Paris" ist ein faszinierendes Buch. Die Autorin schafft es, die Beziehung zwischen Alba und Guéo glaubwürdig in allen Facetten darzustellen. Ebenso, wie sie auch ein perfektes Bild der politischen Situation darstellt.
Und vor allem dadurch erschafft sie das perfekte Spiegelbild eines Landes, dass, wie viele andere Länder Ende der 80er Jahre, die Orientierung verloren hat. Der Mangel ist allgegenwärtig. Und es spricht Bände, dass Früchte aus Kuba reichlich vorhanden sind, derweil Treibstoff zum Beispiel nur spärlich da ist. Der Grund dafür? Fidel Castro hatte sich in eine bulgarische Sängerin verliebt und versucht dadurch ihre Gunst zu kriegen.
Es ist eine absurde Situation. Die gleichzeitig durch den Kontrast zwischen Anspruch und Realität noch deutlicher wird. Das zeigt sich auch in der Beziehung zwischen Alba und Guèo. Denn er ist eigentlich ein überzeugter Kommunist, der fest daran glaubt, dass dieser noch mit einigen kleinen Reformen zu retten ist. Gleichzeitig sprechen seine Aktionen Bände. Denn auch er nutzt seinen Einfluss für seine persönlichen Wünsche, in dem er wiederholt Alba in seiner Nähe behält und ihr so auch die besten Behandlungsmethoden zu Gute kommen lässt.
Und doch merkt man, wie sehr diese Liebesbeziehung auf Gegenseitigkeit beruht. Es sind wirklich beide ineinander verliebt. Und beide opfern für diese Beziehung einiges. Bei Alba ist es vor allem die Geheimnistuerei, mit der sie diese versucht, ihre Liebe zu Guèo zu verheimlichen, da diese, vor allem wegen des Altersunterschieds, etwas Verbotenes hat.
Guèo hingegen genießt die Beziehung zu Alba, auch wenn er zu Beginn noch versucht, sie alibihalber mit seinem Sohn zu verkuppeln. Was aber schiefläuft und gleichzeitig auch der Beginn des Scheiterns von seiner Ehe ist. Dabei werden die Motive, die er dafür hat, glaubwürdig dargelegt.
Interessant ist auch, wie die Autorin die Dialoge schreibt. Während mittlerweile viele Autoren dazu neigen, Dialoge ohne Anführungszeichen niederzuschreiben, setzt sie diese dann ein, um ganze Wortwechsel zu markieren. Das ist natürlich zunächst gewöhnungsbedürftig, doch schnell gewöhnt man sich daran.
Auf jeden Fall ist dieser Roman ein "Splashhit" und ein "Klassiker".
Fazit:
Mit "Wiedersehen in Paris" schildert die Autorin Albena Dimitrova eine verbotene Liebe in einem kaputten System. Der Handlungszeitpunkt, kurz vorm Zusammenbruch des Kommunismus in Bulgarien, ist gut gewählt und sorgt für einen guten Kontrast zu der Beziehung zwischen Alba und Guèo. Es wird deutlich gemacht, wie sehr die Lücke zwischen Anspruch und Realität klafft. Hauptaugenmerk liegt dabei auf der glaubwürdigen Liebesbeziehung, die hervorragend dargestellt wird. Sehr schön ist auch die Art und Weise, wie Dialoge dargestellt werden, womit die Autorin sich wohltuend von dem aktuellen Trend abhebt.
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