McJesus
Story:
Dan und Michael Steele wachsen in ärmlichen Verhältnissen auf, ständig die Hochglanz-Versprechen des Werbefernsehens vor Augen. Daraus ziehen die Zwillingsbrüder unterschiedliche Konsequenzen: Michael wird Priester und geht nach Afrika, um wenigstens die gröbste Not zu lindern. Dan taucht völlig in die Welt des schönen Scheins ein und macht sich einen Namen als Werbetexter. Dabei schreckt er vor fast nichts zurück, um sich zu besorgen, was ihm seiner Meinung nach zusteht - ein teures Auto, eine Penthouse-Wohnung und die ebenso attraktive wie leicht nymphomanische TV-Produzentin.
Als Michael zurück aus Afrika völlig abgebrannt vor Dans Tür steht, nimmt der seinen Bruder vorübergehend auf. Und als der Priester krank wird, aber kein Geld fürs Krankenhaus hat, überredet Dan ihn zu einem Schwindel: Die Zwillinge tauschen die Rollen, damit Dans Krankenversicherung für Michaels Behandlung bezahlt. Aber Michael überlebt die Operation nicht. Um nicht wegen Versicherungsbetrugs im Gefängnis zu landen, entschließt sich Dan, die Scharade weiterzuspielen und als "Pater Michael" dessen neue Stelle in einem Care Center anzutreten.
Dieses Care Center liegt in einer üblen Gegend bei Los Angeles. Schwester Peg versucht dort, ihre Schützlinge - Alte, Kranke, mißhandelte Kinder - irgendwie durchzufüttern, notfalls mit... nicht ganz orthodoxen Methoden. Von der Amtskirche oder dem Staat kann sie dabei keine Hilfe erwarten. Und kurz vor "Pater Michaels" Ankunft hat die Bank dem Center die letzten Kredite gekündigt. Aber das ist bei weitem nicht das einzige Problem, mit dem sich Dan in seiner neuen Rolle konfrontiert sieht. Denn Schwester Peg ist geradezu unchristlich hübsch, und der falsche Pater sieht sich heftigen Anfechtungen des Zölibats ausgesetzt...
Meinung:
Es offensichtlich, daß der Autor nicht der größte Fan von religiösen Institutionen ist. Insbesondere die katholische Kirche bekommt im "McJesus" mehr als einmal ihr Fett weg, wenn beispielsweise ein Kardinal im klimatisierten Papamobil inklusive gekühlter Diät-Cola durch ein afrikanisches Flüchtlingscamp fährt. Dagegen erscheint insbesondere Schwester Peg, die auch schon mal mit einem (scheinbaren) CNN-Kamerateam in ein Festbankett marschiert, um ihren Schützlingen etwas zu essen zu besorgen, wie eine heutige Nachfahrin von Robin Hood.
Der sprichwörtliche moralische Zeigerfinger und die Botschaft des Autors schimmern immer wieder durch, aber der Leser ist ihm deswegen nicht böse: Die rasanten Bocksprünge der Geschichte lassen ihm schlicht nicht die Zeit dazu. Die Charaktere, selbst der anfangs so skrupellose und selbstsüchtige Dan, sind ausgesprochen sympathisch gezeichnet. Bill Fitzhugh ist mit "McJesus" sicher kein Jahrhundertwerk gelungen, aber allemal ein Buch, daß ebenso Vergnügen bereitet wie ein bißchen nachdenklich macht. Und das ist in Zeiten von Big Brother und Dschungelcamp doch auch schon mal was.
Fazit:
Rasante Verwechslungskomödie mit eindeutiger Botschaft.
| |
Bill Fitzhugh
McJesus
Cross Dressing
Übersetzer: Monika Curths
Erscheinungsjahr: 2005
Autor der Besprechung:
Henning Kockerbeck
Verlag:
Knaur
Preis: € 8,90
ISBN: 3-426-62598-9
400 Seiten
|