Lockwood & Co. - Die Raunende Maske
Story:
Englands Geister spielen verrückt – genauer gesagt kommt es
mitten in Chelsea jeder Nacht zu Dutzenden gefährlichen Erscheinungen, die Leib
und Leben bedrohen. Während die Menschen evakuiert wurden, versuchen nahezu
alle namenhaften Agenturen mit dem Problem des plötzlichen Geisterschwarms
fertig zu werden. Lediglich Lockwood & Co wird nicht eingeschaltet.
Stattdessen dürfen sich Lockwood, Charles und Lucy um die alltäglichen Probleme
kümmern. Letzterer ist ganz besonders die neue Kollegin Holly ein Dorn im Auge,
denn sie bangt um das Vertrauen, das sie sich zu Lockwood aufgebaut hat.
Als sie schließlich doch nach Chelsea gerufen werden, liegen Lucys Nerven
blank, denn neben ihren Problemen mit Holly, bringt sie ihre Gabe verstärkt in
Schwierigkeiten. Wirklich kompliziert wird es jedoch erst, als George die
Ursache des Chelsea-Problems herausgefunden hat und sich das Team zusammen mit
ihrem Konkurrenten Kipps zu einem alten Kaufhaus begibt, um der Sache auch den Grund
zu gehen.
Meinung:
Jonathan Strouds Jugendbuchreihe „Lockwood & Co“ geht in
die dritte Runde. Einmal mehr entführt der Autor den Leser in „Die raunende
Maske“ in ein alternatives London, das nachts von Geistern beherrscht wird und
in dem nur Kinder und Jugendliche der neuartigen Bedrohung entgegen treten
können. Mit diesem Buch endet die Reihe jedoch noch nicht – im Herbst 2016 soll
mit „The Creeping Shadow“ der vierte Band in Englisch erscheinen.
Die Geschichte setzt ein paar Wochen nach dem Cliffhanger
von „Der wispernde Schädel“ an, in dem endlich mehr über Lockwood verraten
wurde. So muss man sich gedulden, bis die Sache rund um seine Schwester wieder
zur Sprache kommt und stattdessen den üblichen Einstieg ins Buch über sich
ergehen lassen. Denn so spannend die Geisterjagd in der Pension Levendel ist,
sie ähnelt doch einfach zu sehr den Anfängen der bisher erschienen Bücher –
dasselbe Chaos bei der Geisterjagd, fast dieselben Sprüche unter den Agenten.
Dadurch fällt schon der Einstieg in die Geschichte schwerer, da dem Leser
vieles bekannt vorkommt. Auch in den Folgekapiteln dümpelt die Handlung ein
wenig unmotiviert vor sich hin – Hollys Auftauen, Lucys Eifersüchteleien,
Lockwoods Arroganz und Georges Ignoranz sorgen dafür, dass keine Spannung
aufkommt. Sicher, in einem Jugendbuch sind auch die Gefühlswelten der
Protagonisten wichtig und Lucys Gefühle für Lockwood sind ein zentrales
Element, da es sie vermehrt in Bedrängnis bringt, aber es nimmt dem Buch den
Schwung. Erst im letzten Drittel, wenn „Lockwood & Co“ endlich in das
Chelsea-Problem einbezogen wird, kommt endlich wieder Spannung auf. Ein wenig
seltsam ist es zwar, dass ausgerechnet George das Problem löst, woran gefühlt
Hunderte Agenten und BEBÜP-Beamte gescheitert sind, aber das kann man in einem
Jugendbuch noch verschmerzen. Die Tatsache, dass sich die Teams um Lockwood und
Kipps zusammentun, um die Ursache zu erforschen und zu beseitigen, wiegt die
anderen Logiklücken wieder auf, wenngleich es dieses Mal mehrere davon gibt. So
richtig rund wirkt die Geschichte dieses Mal nicht, dafür wird man mit
Andeutungen und Hinweisen auf die wahren Drahtzieher der Ereignisse versorgt,
auch wenn das im Buch zu knapp abgehandelt wird.
Schade ist auch, dass die Hintergrundgeschichte fast
stagniert. Man erfährt minimal mehr zu Lockwood, hat eine vage Ahnung, wer
hinter der Sache steckt und welches Komplett im Hintergrund gesponnen wird,
doch einmal mehr lässt Jonathan Stroud nur wenig davon nach außen dringen. Die
Charaktere sind zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um mehr als ihre eigenen
Probleme zu realisieren, so dass sie auch nicht nachforschen. Dadurch geht viel
Potenzial verloren, doch in Band 4 scheint ja einiges davon aufgegriffen zu
werden.
Charakterlich entwickeln sich die Figuren bedingt weiter,
nehmen aber verstärkt negative Züge an: Lucy ist ungemein zickig und
schnippisch, was jedoch zu ihrem Alter und den damit einhergehenden Problemen
passt. Lockwood wirkt noch arroganter und überheblicher als zuvor und George
ist der typische, pummelige Sidekick, der mit seinen Recherchen die meiste
Arbeit leistet. Der Neuzugang Holly kann den Leser ebenfalls nicht gänzlich
überzeugen, da man die ganze Zeit auf ihren Verrat wartet.
Einziger Lichtblick ist der Schädel, mit dem Lucy kommunizieren kann – er ist
wie Bartimäus aus den gleichnamigen Büchern: zynisch, giftig und sarkastisch.
Stilistisch legt Jonathan Stroud einen soliden, fesselnden
Roman vor, der durchaus Spaß macht, wenn man sich erst einmal durch die ersten
Kapitel gekämpft hat und tiefer in das alternative London eingetaucht ist. Er
hat eine sehr schöne, stimmungsvolle Sprache, die auf Jugendliche ab 14 Jahre
abgestimmt ist und durchaus zu unterhalten weiß. Hin und wieder schleichen sich
Längen ins Buch, doch man kann sich sowohl die Umgebung, als auch die Figuren
sehr gut vorstellen.
Fazit:
Mit „Die raunende Maske“ legt Jonathan Stroud den 3. Teil
seiner Jugendbuch-Reihe „Lockwood& Co“ vor, kann jedoch nicht ganz an die
ersten beiden Teile seines Erfolgs anknüpfen. Zu lange dauert es, bis man in
der Handlung ist, zu viele Logiklücken offenbaren sich dem Leser im Laufe der
Zeit und auch die Charaktere werden einem zunehmend unsympathischer. Dennoch
macht das Buch Spaß, wenn man erst einmal die erste Hälfte hinter sich hat und
der Ursache des Chelsea-Problems auf den Grund geht. Fans der Reihe sollten
sich auch den solide geschriebenen 3. Band nicht entgehen lassen, allerdings
bleibt zu hoffen, dass Band 4 nicht nur spannender wird, sondern endlich auch
offene Fragen beantwortet und Geheimnisse gelüftet werden, die bisher nur sehr
zögerlich aufgedeckt werden.
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