Der Junge muss an die frische Luft: Meine Kindheit und ich
Story:
»Was, um Himmels willen, hat mich bloß ins gleißende Scheinwerferlicht getrieben, mitten unter die Showwölfe? Eigentlich bin ich doch mehr der gemütliche, tapsige Typ und überhaupt keine Rampensau. Warum wollte ich also bereits im zarten Kindesalter mit aller Macht "berühmt werden"? Und wieso hat das dann tatsächlich geklappt? Nun, vielleicht einfach deshalb, weil ich es meiner Oma als sechsjähriger Knirps genau so versprechen musste ...« Hape Kerkeling, der mit seinem Pilgerbericht »Ich bin dann mal weg« seine Fans überraschte und Leser jeden Alters begeisterte, lädt auf die Reise durch seine Memoiren ein. Sie führt nach Düsseldorf, Mosambik und in den heiligen Garten von Gethsemane; vor allem aber an die Orte von »Peterhansels« Kindheit: in Recklinghausens ländliche Vorstadtidylle und in die alte Bergarbeitersiedlung Herten-Scherlebeck. Eindringlich erzählt er von den Erfahrungen, die ihn prägen, und warum es in fünfzig Lebensjahren mehr als einmal eine schützende Hand brauchte.
Meinung:
Hape Kerkeling zählt wohl zu den bekanntesten und beliebtesten Entertainer Deutschlands der letzten Jahre. Während seine TV-Auftritte weniger wurden, widmete sich das Allround-Talent nun anderen Leidenschaften. Neben dem Singen zuletzt wieder dem Schreiben. Nach dem Bestseller über Kerkelings Wanderung am Jakobsweg, lieferte er im Oktober des Vorjahres quasi seine Autobiografie ab.
Im vorliegenden Buch wird hauptsächlich die Kindheit des Künstlers behandelt, eine Zeit welche für ihn prägend und daher am wichtigsten war.
Auf seine zahlreichen, verschiedenen Rollen wie seinem Alter Ego, Horst Schlämmer, geht er nur zu Beginn ein. Hier empfiehlt es sich, das Hörbuch zu konsumieren. Kerkeling liest das Buch selbst und dadurch bekommt das Geschriebene nochmals mehr Tiefe und Emotionen.
Gerade an Emotionen mangelt es diesem Werk wahrlich nicht. Unverblümt berichtet Kerkeling über seine Zeit als dickliches "Hanspeterle" in seinem Geburtsort Recklinghausen im Ruhrpott. Dort wimmelt es nur von Verwandten, welche alle eine gewisse Eigenart, haben um diese möglichst bald und wirkungsvoll dem Jungen aufzudrücken. Natürlich darf auch das ortstypische, katholische Milieu der späten 1960er-Jahre nicht fehlen.
Ohne jemals untergriffig zu werden, lernen wir eine bunt zusammengewürfelte Familie kennen. Während die einen streng konservativ sind, gibt es andererseits liberale Freigeister. Dass hier natürlich viel Spannungspotenzial gegeben ist, versteht sich von selbst.
Besonders jene Kapitel, welche um die Zeit vor und nach dem Selbstmord von Kerkelings Mutter handeln, gehen besonders an Herz. Schließlich wuchs der damals achtjährige Junge, dann mit seinem Vater bei dessen Großeltern auf. Mit über 70 Jahren keine leichte Aufgaben, für beide Seiten.
Seit diesem traumatischen Erlebnis, war es Kerkelings Ziel, die Menschen zum Lachen zu bringen und ihren Erwartungen gerecht zu werden. Eine manchmal schier unmögliche Aufgabe, wie es sich im weiteren Lebensverlauf noch paar Mal herausstellen wird.
Auffallend ist auf jeden Fall, dass gerade Frauen eine große Rolle in im Leben des jungen Hape gespielt haben. Ob Tante Änne und ihr Krämerladen oder die beiden Großmütter, starke Frauen waren ein wichtiger Halt in Kerkelings Jugend. Diesen aufrichtigen Dank an seine Wegbegleiterinnen wird auch dementsprechend ehrlich transportiert.
Fazit:
Hape Kerkeling liefert mit "Der Junge muss an die frische Luft" eine ehrliche Autobiografie ab, welche zugleich einer Aufarbeitung traumatischer Erlebnisse gleicht. Mit gekonntem Wortwitz und blumigen Beschreibungen entlockt der Entertainer selbst in traurigen Szenen dem Leser/Hörer ein kleines Lächeln. Erfahren Sie wie aus dem kleinen Jungen mit der schwierigen Vergangenheit ein großer Künstler wurde.
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