Meine 500 besten Freunde
Story:
Ein eitler Journalist rechnet fest damit, dass er einen Preis bekommt. Zwei beste Freundinnen spulen nur noch ihr übliches Programm ab, wenn sie sich treffen. Ein Schauspieler, der über sein Leben immer mehr die Kontrolle verliert, versucht diese wiederzugewinnen.
Meinung:
Eitelkeit ist eine der sieben biblischen Todsünden. Im Altertum löste sie als Göttin Eris Kriege aus. Und sie ist das gemeinsame Merkmal der Protagonisten von Johanna Adorjàns neustem Buch "Meine 500 besten Freunde".
Die Autorin wurde 1971 in München geboren. Sie studierte in München Theater- und Opernregie und fing 1995 an, als Journalistin zu arbeiten. Seit 2001 schreibt sie unter anderem für das Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Ihr Debütroman "Eine exklusive Liebe" erschien 2011 im btb-Verlag.
In ihrem zweiten Buch präsentiert sie 13 Kurzgeschichten, die vor allem eins gemeinsam haben: Ihre Protagonisten geben vor etwas zu sein, was sie nicht sind. Sie belügen sich selbst und andere.
Es sind kurze Einblicke, die die Autorin dem Leser gewährt. Kurze Momente, Ausschnitte aus dem Leben ihrer Handlungsträger. Und obwohl diese Augenblicke bewusst knapp gehalten sind, sagen sie doch jede Menge über die Figuren aus, die sie bevölkern.
Denn sie wirken oberflächlich. Nicht im Sinne ihrer Charakterisierung, sondern von ihrer Persönlichkeit her. Sie interessieren sich nicht für andere. Bestenfalls sind diese Menschen Begleiterscheinungen ihres Lebens. Ihre Gedanken kreisen deshalb entweder um ihre persönliche Zukunft oder um ein Objekt der Begierde, wie beim Journalisten aus "Die Besten der Besten".
Und im Grunde genommen handelt es sich um kaputte Gestalten, die nicht fähig oder willens sind, sich ihre Fehler einzugestehen und sich zu verändern. Wenn es einen Augenblick der Hoffnung gibt, nehmen sie ihn zwar wahr, ignorieren ihn allerdings anschließend, um weiter ihr gewohntes Leben zu führen. Nirgends wird dies deutlicher als bei der Geschichte "Frau Weber", die von einem psychisch kranken Fernsehschauspieler erzählt, der am Ende stationär möchte und dies dann vergisst.
Man fragt sich ständig, ob die Handlungsträger von Frau Adorjàn überhaupt glücklich sein können. Vermutlich würden einige von ihnen das bejahen, wie beispielsweise der Protagonist von "Die Besten der Besten". Doch in Wahrheit ist das Gegenteil der Fall. Sie sind unglücklich, haben dieses Gefühl jedoch unter einer Schicht von Oberflächlichkeit tief in ihrer Seele drinnen vergraben. Nur um sich dann zu wundern, was mit ihnen oder anderen los ist, wie die Frau, die mit dem Mann ihrer besten Freundin in "Der Tisch in der Mitte" schläft.
Es sind grausame Geschichten, die man in diesem Buch liest. Seelisch grausam, nicht körperlich. Doch sind die Wunden, die dadurch entstehen sind wesentlich schmerzvoller, da sie nicht so ohne weiteres verheilen. Für den Leser ist dies nur schwer zu verdauen, vor allem deshalb, weil die Autorin ihm die Hoffnung verweigert, dass alles doch noch gut wird. Man ahnt stattdessen, das es über kurz oder lang zu einer Katastrophe kommen wird, deren Konsequenzen fürchterlich sein werden.
Gerade dies macht das Buch nicht so einfach zu lesen. Man ist dazu geneigt, aus den Erzählungen den Rückschluss zu ziehen, dass die Welt grausam ist. Was sie auch ist, doch wo Schatten ist, da gibt es auch Licht und damit Hoffnung auf Besserung. Doch das kommt in dem Band nicht. Deshalb muss man das eben genannte Motto persönlich beim Lesen berücksichtigen, damit man von der depressiven Grundstimmung des Buches nicht angesteckt wird.
"Meine 500 besten Freunde" ist deshalb kein Buch für jedermann. Und doch sollte man, falls man neugierig ist, "Reinschauen".
Fazit:
Johanna Adorjàns Buch "Meine 500 besten Freunde" schaut in das Innenleben der Protagonisten. 13 Kurzgeschichten warten auf den Leser, deren Gemeinsamkeit ist, dass ihre Handlungsträger oberflächlich wirken und sich oder andere belügen. Es seelisch grausame Geschichte, die die Autorin da zu Papier bringt. Denn in ihrer Seelenanalyse bietet die Schriftstellerin dem Leser keine Hoffnung. Stattdessen ist man von der sich ankündigenden Katastrophe sowohl an- als auch abgestoßen.
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