Morgen, Freundchen, wird's was geben!
Story:
Ein Kind macht sich auf die Suche nach dem richtigen Weihnachtsmann. Eine Frau sucht ihren Nikolaus. Und eine Schwester tut zu viel des Guten.
Meinung:
Die Tage werden kürzer, das Wetter immer kälter und useliger und das Jahr nähert sich mit großen Schritten seinem Ende zu. Kurzum, bald ist Weihnachten, und damit die Zeit für viele Buchverlage diverse Bücher um und über den Heiligen Abend auf den Markt zu werfen. Auch Knaur tut dies. Sie publizieren eine Kurzgeschichtensammlung an Weihnachtsgeschichten, die eins gemeinsam haben: Sie sind alle turbulent.
Die Herausgeberin von "Morgen, Freundchen, wird's was geben" ist Mia Jäger. Sie wurde 1981 geboren und ist gelernte Buchhändlerin. Nach dem Studium von Medienwissenschaft und BWL ist sie jetzt in der Verlagsbranche tätig.
Sie hat eine kunterbunte Mischung an verschiedenen Autoren und Autorinnen zusammengestellt, die mindestens eine Kurzgeschichte beisteuern. Mit von der Partie sind unter anderem Markus Heitz ("Kinder des Judas", "Collector"), Christian Moser ("Die gesammelten Schrecken der Monster des Alltags") oder Anne West ("Sex für Könner").
Genauso abwechslungsreich wie die literarische Herkunft der Autoren fällt auch das Ergebnis der gesammelten 24 Kurzgeschichten aus. Sie wurden in den Jahren 1999, 2005 oder 2006 geschrieben.
Die Sammlung fängt mit Kirsten Ricks "Eingewickelt" an. In ihr erzählt die Autorin von einer Parfümerieverkäuferin, die versucht einem Mann den perfekten Duft für seine Verlobte zu geben. Doch das fällt schwierig, da sie hohe Ansprüche hat. Und als sie sich nach Feierabend in eine Kneipe begibt, trifft sie dort auf einen Weihnachtsmann, der ihr sein Herz über eine misslungene Bescherung ausschüttet.
Einen besseren Einstieg hätte das Buch nicht finden können. Die Geschichte der 1969 in Hamburg lebenden Redakteurin und Autorin überzeugt durch viel Witz. Allein die Argumente, mit der die Verlobte die verschiedenen Düfte abweist sind herrlich. Nicht minder gelungen ist die Erzählerin, der man den Weihnachtsfrust sofort abnimmt. Stellenweise hat man das Gefühl, als ob die Geschichte laut vorgelesen wird, mit einer schnoddrigen Stimme.
Doch die absoluten Highlights sind die Beiträge von Tania Krätschmer und Tanja Kinkel. Frau Krätschmer, die 1960 geborene Autorin und Rezensentin, schreibt in "Odufrö" von den Erlebnissen einer alleinerziehenden Mutter. Ihr Junge, mitten in der Pubertät, veranstaltet mit anderen ein Konzert, zu dem sie natürlich kommt. Allerdings zu früh, weshalb sie schon bald eine liebenswerte Person kennenlernt, die später dazu beiträgt, die Festivität zu retten.
Diese Geschichte ist besonders herzerwärmend. Es gelingt der Autorin auf wenigen Seiten perfekt, ihre Charaktere einzuführen und auszubauen. Der Fortlauf der Handlung hätte leicht ins Klischeehafte abrutschen können. Doch durch die Erzählweise und die realistische Darstellung der Protagonisten, verhindert Frau Krätschmer dies. Das am Ende alle glücklich sind, ist hier kein erzwungenes Happy End, sondern eine logische Konsequenz der Ereignisse.
Frau Kinkel, geboren 1969 in Bamberg und Gründerin der Kinderhilfsorganisation "Brot und Bücher e.V.", erzählt in "Der Wind und die Weide" ein Märchen. Der Wind verliebt sich in die Weide. Doch ist er unbeständig und bändelt schon bald mit einer anderen an. Daraufhin lässt seine ehemalige Geliebte den Kopf hängen und verkracht sich mit dem Wind. Dies hat fürchterliche Konsequenzen für die Natur, so dass bald versucht wird, beide miteinander zu versöhnen.
Die Geschichte der Autorin könnte genauso gut aus einem Märchenbuch stammen. Dies ist nicht abwertend gemeint, sondern als Kompliment. Es gelingt ihr eine Geschichte zu erzählen, auf die die Gebrüder Grimm neidisch gewesen wären. Das Verhältnis von Wind und Weide wird von ihr perfekt beschrieben. Es ist vielleicht sogar die beste aller Erzählungen im Roman, da das Thema "Weihnachten" nur am Rande gestreift wird.
Natürlich bleibt es bei einer Kurzgeschichtensammlung nicht aus, dass einige nicht so gute Erzählungen mit dabei sind. In Falle von "Morgen, Freundchen, wird's was geben!" fällt das Ergebnis allerdings überwiegend positiv aus. Geschichten wie "Zugfahrt zweiter Klasse", von Barbar Schönberger, oder Nina Georges "Stiller Engel", lesen sich zwar nett, doch überzeugen sie nicht restlos. Und der Humor in Christian Mosers Beiträgen lässt sich bestenfalls als grenzwertig bezeichnen. Den Geschmack des Redakteurs trifft es nicht.
Am Ende ist das Buch dennoch zum "Reinschauen" zu empfehlen.
Fazit:
Weihnachten ist das übergreifende Thema der Kurzgeschichtensammlung "Morgen, Freundchen, wird's was geben!". 24 Geschichten von 16 Autoren und Autorinnen warten auf den Leser. Darunter so gelungene wie Kirsten Ricks "Eingewickelt" oder Tanja Kinkels "Der Wind und die Weide". Allerdings existieren auch weniger überzeugende, wie die Beiträge von Christian Moser. Dennoch ist dies insgesamt ein gelungenes Buch.
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