Ich fürchte mich nicht
Story:
Seit drei Jahren ist Juliette eingesperrt. Dies geschah für
ihr eigenes, aber auch für das Wohl der Welt. Denn ihre Berührung ist tödlich.
Doch dann erhält sie eines Tages einen Mitgefangenen, womit sich ihr Leben auf
einen Schlag ändert. Denn er kann sie berühren und er will sie befreien.
Meinung:
Wie wäre ein Leben in der totalen Isolation? Nie in der Lage sein, jemanden zu berühren, immer auf der Hut zu sein, immer aufpassen, den Kontakt mit der Außenwelt auf ein absolutes Minimum zu beschränken? Dies ist das Schicksal von Juliette, der Protagonistin von Tahereh Mafis Debütroman "Ich fürchte mich nicht".
Die Autorin wurde in einer Kleinstadt in Connecticut geboren und lebt mittlerweile in Orange County, Kalifornien. Sie spricht acht verschiedene Sprachen und studierte ein Jahr lang in Spanien. Nach Ende dieser Zeit reiste sie durch die Welt und fing mit dem Schreiben an.
Das Leben von Juliette ist seit drei Jahren auf eine winzige Zelle beschränkt. Während draußen die Welt ums Überleben kämpft, ist sie froh über ihr Gefängnis. Denn sie selbst ist gefährlich. Die winzigste Berührung mit ihrer nackten Haut reicht aus, um einen Menschen umzubringen. Doch eines Tages ändert sich ihr Schicksal, als sie einen Mitgefangenen erhält.
Adam, so lautet sein Name, fasziniert sie. Und schon bald verliebt sie sich ihn. Das besondere an ihm ist, dass sie ihn berühren kann. Doch ist er nicht der einzige, der an ihr interessiert ist. Auch der Sohn des Anführers einer radikalen Gruppierung namens Reestablishment, die nach und nach die Kontrolle über die Welt übernimmt, will sie. Und Warner, so sein Name, ist zu allem bereit, um sein Ziel zu erreichen. Denn er ist absolut wahnsinnig!
"Ich fürchte mich nicht" ist der Auftakt zu einer Roman-Trilogie. Im Oktober erscheint allerdings erst mal eine E-Novelle unter dem Titel "Destroy Me". Sie soll die Lücke zwischen Band eins und zwei überbrücken. Letzterer ist für Februar 2013 angekündigt wurden.
Wenn man "Ich fürchte mich nicht" in die Hand nimmt und ein wenig blättert, fällt einem sofort der ungewöhnliche Sprachstil auf. Er wirkt sehr lebendig, was vor allem daran liegt, dass Frau Mafi häufig kurze, knappe Sätze verwendet. Man kriegt so sofort einen perfekten Eindruck von Juliettes Charakter.
Sie wirkt sprunghaft, schüchtern, aber auch gleichzeitig stark. Die drei Jahre Isolation merkt man ihr an. Sie konzentriert sich auf Kleinigkeiten, zählt wie lange sie zum Duschen braucht und wie viel Shampoo sie dabei verwendet. Es mag manisch wirken, doch angesichts ihrer Vergangenheit ist dies ihre Art, mit dem Leben fertig zu werden. Dies sind die Dinge, sie kontrollieren kann, anders als ihre Fähigkeit.
Auch notiert sie ihre Beobachtungen ständig in einem Notizbuch. Dieses dient als Grundlage für den Roman, wodurch Sachen erklärt werden wie die wiederholt auftretenden durchgestrichenen Sätze oder Wörter. Zugegen, es ist kein neues Stilelement, welches Tahereh Mafi hier verwendet. Man kennt es auch aus "Die Zweifel des Salai". Doch hier wirkt es einfach passender als in dem anderen Buch.
Ebenso ist Warner eine faszinierende Figur. Er ist eindeutig der klassische Gegenspieler, der zum Wohle der Macht alles und jeden opfert. Ein Menschenleben, womöglich noch in Form eines Babys, schert ihn nicht, solange es dazu dient, die Fähigkeiten von Juliette zu testen. Gleichzeitig sorgt seine Fixierung auf sie auch dafür, dass er nicht zu einem Durchschnittsschurken wird. Stattdessen erhält er dadurch charakterliche Tiefe, die man nicht unterschätzen sollte.
Solange das Buch sich auf allein auf Julietts Fähigkeit der tödlichen Berührung konzentriert, überzeugt es. Doch als sich dann eine neue Gabe bei ihr zeigt, beginnt die Handlung zu kippen. Dies tut sie endgültig, als die Flucht gelingt. Und besonders lächerlich wird es gegen Ende, als deutliche Anleihen auf eine bestimmte Marvel Comic-Serie sich erkennen lassen, die sich ebenfalls mit dem Thema Menschen, die auf Grund ihrer Gaben ausgestoßen sind, beschäftigt.
Leider wird auch die Idee des Notizbuches im Laufe der Handlung fallen gelassen. Irgendwann erwähnt Frau Mafi es nicht mehr, wodurch man den Eindruck erhält, dass ihre Protagonistin es verloren hat. Doch dann sollten eigentlich gewisse Stilelemente wegfallen, weil sie ohne Niederschrift keinen rechten Sinn ergeben.
So ist "Ich fürchte mich nicht" ein stilistisch äußerst interessanter Roman. Doch reicht dies nicht aus, um über die Schwächen der Handlung hinwegzutäuschen. "Für Zwischendurch".
Fazit:
"Ich fürchte mich nicht" ist der Debütroman von Tahere Mafi. In ihm schildert sie das Schicksal von Juliette, einer Frau, die auf Grund ihrer Fähigkeit sich von der Welt isoliert. Der Roman überzeugt durch die stilistische Arbeit der Autorin, die häufig kurze, knappe Sätze verwendet. Dadurch kriegt man einen perfekten Eindruck in das Seelenleben der Protagonistin. Auch der Gegenspieler wird hervorragend charakterisiert. Leider kippt das Buch in der zweiten Hälfte und die Qualität nimmt ab. Auch die Idee des Notizbuches wird immer mehr abgelegt, was schade ist.
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