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Harry Harrison - Von der Kindheit bis zum freischaffenden Autor
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Henry Maxwell Dempsey wurde am 12. März 1925 in Stamford im US-Bundesstaat Connecticut geboren. Bald danach änderte sein Vater den Namen der Familie in Harrison. Harrys Kindheit fiel in die Zeit der großen Depression, weshalb die Familie oft umziehen musste. Mehr als einmal geschahen diese Wohnortwechsel heimlich mitten in der Nacht, um noch offenen Mietschulden zu entgehen. Schließlich landete die Familie im New Yorker Stadtteil Queens, wo sie bis zu Harrys Militärzeit blieben. Harrison erinnerte sich später an diese Zeit: "Wir machten 'midnight flits': Miete eine neue Wohnung für einen Monat, bezahle für diesen Monat, wohne aber danach noch einen zweiten und einen dritten Monat dort und bleibe die Miete schuldig. Anschließend kam jemand mit einem Pferdewagen und brachte den kompletten Haushalt in eine neue Wohnung. Wir sind so oft umgezogen, dass ich als Kind keine Freunde hatte, und ich war ziemlich schlecht in der Schule - oder besser gesagt, ich war gut bei den Dingen, die mich interessierten: Ich bekam die besten Noten in der Klasse in Wissenschaft und in Englisch, und die schlechtesten in Spanisch."

Zu diesen Interesse gehörte zu Beginn nicht so sehr das Schreiben, sondern eher die Kunst. Unter anderem schrieb und zeichnete Harrison für ein Schulmagazin. Als Einzelkind und auch vom Charakter her ein Einzelgänger, verbrachte Harry seine Freizeit mit der Lektüre von Pulp-Magazinen: Kriegsgeschichten, Fliegergeschichten, Eisenbahngeschichten, Doc Savage, Operator 5, The Spider und - am liebsten von allen - Science Fiction-Geschichten. Die Queens Borough Public Library wurde zur Quelle für regelmäßigen Nachschub. Das Erlebnis, als er die Science Fiction für sich entdeckte, verglich der Autor einmal mit einem Rausch: "Science Fiction ist etwas tolles, wenn Du jung bist, und es hat einen Effekt, als würde man den Finger in eine Steckdose stecken. Obwohl ich an die meisten Teilen meiner Kindheit eher verschwommene Erinnerungen habe, erinnere ich mich an eines noch ganz genau - daran, wie ich meine erste Science Fiction-Geschichte gelesen habe. Das altertümliche Radiogerät, die Sonne im Fenster, die genaue Beschaffenheit des Teppichs auf dem ich lag, ich erinnere mich daran als wäre es erst gestern gewesen. Mein Vater gab mir eine Ausgabe der alten, großformatigen 'Amazing Stories', die mir in meinen siebenjährigen Händen sogar noch größer vorkam, als wäre es ein Bettlaken von einem Magazin. Ich stürzte mich in diese Seiten voller Raketenschiffe, Zeitmaschinen, uralten Aliens und merkwürdigen Erfindungen, und als ich wieder daraus hervorkam, war mein gesamtes Leben verändert. Ich hoffe sehr, dass es eine Veränderung zum Besseren war, aber eine Veränderung war es in jedem Fall."

Die nächste große Veränderung in Harrys Leben kann man mit einiger Berechtigung als eine Änderung zum Schlechten bezeichnen, denn 1943 fand sich der inzwischen zum jungen Mann herangewachsene Harrison in der Armee wieder. Seine Erlebnisse der damaligen Zeit trugen entscheidend zu seiner pazifistischen Einstellung bei, die sich auch in seinen Romanen oft zeigt: An vielen Stellen muss sich ein "Mann des Wortes" mit einem "Mann der Gewalt" auseinandersetzen. Während seiner Militärzeit erfüllte Harrison eine Reihe verschiedener Aufgaben, und auch die Zeit nach der Entlassung 1946 war alles andere als leicht: "Nicht mehr in der Armee zu sein, war eine traumatische Erfahrung, und ich konnte erst nach Jahren verstehen, warum. Heute scheint es so offensichtlich zu sein. Ich war ein Sergeant, ich war ein Artillerieausbilder gewesen, ein Fahrer, ein Waffenmeister, ein Spezialist für elektrisch drehbare Panzertürme und Zielfernrohre, ein Gefängniswächter, der die Häftlinge mit geladener Waffe beim Müllrausbringen begleitet hat, und eine Reihe weiterer interessanter Dinge. Obwohl ich die Army nicht ausstehen konnte, war ich doch vollständig an sie angepasst. Ich konnte nicht in die einzige Rolle zurückkehren, die ich im zivilen Leben kannte, in die Rolle, ein Kind zu sein.

Natürlich war Harry Harrison nicht der einzige Ex-Soldat, der Unterstützung brauchte, um sich wieder im Zivilleben zurechtzufinden. Beistand gab es in Form des "Servicemen's Readjustment Act", eines auch "G. I. Bill" genannten Gesetzes, das eine Reihe von Hilfen für die ehemaligen Soldaten bot: Beihilfen zur Miete, Kredite zum Aufbau eines eigenen Geschäfts oder einer Farm, Unterstützung während der weiteren Ausbildung und anderes. Dank dieser G. I. Bill konnte Harrison eine kleine Zeichenschule in New York City besuchen. Fast alle seiner Mitschüler waren ebenfalls Ex-Soldaten, die die gleiche Unterstützung erhielten: 75 Dollar pro Monat zum Leben und nochmal 15 Dollar für die Zeichenmaterialien. Aus der Schule heraus wuchsen diejenigen, die das nötige Talent hatten, in die ersten bezahlten Aufträge hinein. Damals waren Comics schwer im Kommen und boten vielen Illustratoren Verdienstmöglichkeiten. Auch Harrison schlug diese Karriere ein, zunächst mit Illustrationen für Romantik-Comics, die ganz besonders beliebt waren. Aber im Endeffekt arbeiteten er und seine Kollegen damals für jeden, der für ihre Zeichnungen Geld hinlegte.

Für die nächsten zehn Jahre war Harry Harrison auf diesem Gebiet unterwegs, aber eine Krankheit brachte die nächste Veränderung. Während er an Illustrationen für das Magazin "Worlds Beyond" bei EC Comics arbeitete, fing sich Harrison eine schwere Erkältung ein. Am Zeichenbrett machte sich seine zitternde Hand bemerkbar, nicht aber an der Schreibmaschine. Der Künstler schrieb die Kurzgeschichte "I walk through rocks" und konnte sie tatsächlich für 100 Dollar verkaufen. Für weitere Abdruckrechte konnte ein Agent sogar nochmals 100 Dollar herausschlagen. "Ich konnte also meine allererste Geschichte sehr gut verkaufen. Seither habe ich keine einzelne Geschichte mehr so gut verkaufen können", erinnerte sich der Autor später. In der Februarausgabe 1951 von Worlds Beyond erschien die Geschichte unter dem Titel "Rock Diver". Trotz des beachtlichen Anfangserfolgs war der Übergang vom Zeichner zum Autor graduell. In den frühen 1950ern wurde Harrison vom reinen Illustrator zum "Packen" eines Comicheftes: Er war Redakteur, Herausgeber und schrieb einige der Skripte. Er war für drei Magazine verantwortlich, darunter das romantische "Girl's Love Stories", der Horrortitel "Beware" und das lustige, sehr am MAD-Magazin angelehnte "Nuts". Für alle drei zeichnete Harrison die Cover und produzierte eine zweiseitige Füller-Geschichte. Für das Romantik-Magazin schrieb er außerdem eine Leserbriefseite, wo er Liebessuchenden unter dem Namen "Barbara Miles" Ratschläge gab.

Auch in Harrisons Privatleben spielte Romantik eine Rolle, denn in diesen Jahren lernte er die Modedesignerin und Ballettänzerin Joan Merkler kennen. 1954 heirateten die beiden, und Joan gab ihre Karriere auf, um sich um ihre Familie zu kümmern. Die Ehe sollte bis zu Joans Tod 2002 halten. 1955 wurde Sohn Todd geboren, 1959 Tochter Moira.

Zunächst aber begann die große Zeit der Comics zu Ende zu gehen, und Harrison ging mehr und mehr dazu über, für Pulp-Magazine zu arbeiten. Er redaktionierte und "packte" Magazine wie "Science Fiction Adventures", "Fantasy Fiction", "Rocket Stories", "Sea Stories" oder "Private Eye". Bei diesen Titeln musste er ebenfalls häufig etwas zum Inhalt beisteuern. Dazu kamen "wahre" Abenteuergeschichten für Männermagazine mit Titeln wie "I climbed Kilimanjaro with my Fingernails" oder "Enthüllungsgeschichten" wie "My Iron Lung Baby" oder "He Threw Acid in My Face".

(Zitate von Harry Harrison übersetzt nach seiner offiziellen Website, www.harryharrison.com)
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Special vom: 20.08.2012
Autor dieses Specials: Henning Kockerbeck
Die weiteren Unterseiten dieses Specials:
Harry Harrison - Von Todeswelten in Mexiko bis nach Irland
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