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Inversionen

Story:
In "Inversionen" wechseln sich zwei Erzählstränge ab: Einer besteht aus den Berichten, die der Gehilfe der königlichen Leibärztin Vosill heimlich für seinen eigentlichen Meister schreibt. Die ebenso schöne wie stolze Vosill kam aus der Fremde an den Hof von König Quience und macht sich dort bei weitem nicht nur Freunde. Insbesondere einige hochgestellte Männer finden es nicht nur unerhört, daß eine Frau sich erdreistet sich als Arzt zu bezeichnen. Auch mit ihrer eigensinnigen Art, der mangelnden Demut und den unorthodoxen Behandlungsmethoden zieht Vosill den Unmut der Palast-Nomenklatura auf sich.

Im zweiten Erzählstrang versucht der Leibwächter DeWar seinen Schützling vor Schaden zu bewahren. Der ehemalige General UrLeyn hat sich als Anführer einer Militärjunta zum "Protektor" aufgeschwungen und an die Stelle des alten Königs gesetzt. In dieser Zeit, kurz nach dem Zerfall des Imperiums, wird die Macht neu geordnet, und viele wollen ihrem Aufstieg mit dem Dolch nachhelfen. Auch DeWar stammt nicht aus dem Reich des Herrschers, dem er dient. Und auch der Leibwächter zieht mit seinem kompromißlosen Vorgehen beim Schutz UrLeyns bald den Unmut mächtiger Männer auf sich.

Meinung:
Auf den ersten Blick könnte man "Inversionen" weniger als Science Fiction, sondern eher als Fantasy-Roman betrachten. Es gibt Könige, Prinzessinen, edle Recken und schöne Damen, finstere Machenschaften in prächtigen Palästen. Die gewohnten Attribute einer Science Fiction-Geschichte – hochentwickelte Technologie, Raumschiffe, die Bewohner freumder Welten – kommen nicht oder nur sehr verschlüsselt vor. Aber die Welt, die Ian Banks beschreibt, lehnt sich nicht, wie bei so vielen Fantasy-Geschichten, an ein idealisiertes Bild des realen Mittelalters an. Der Leser fühlt sich eher an die Renaissance erinnert. Alte Machtstrukturen zerbrechen, neue beginnen sich herauszubilden. Die Entwicklung neuer Technologien liegt in der Luft. Und ein weiteres schon beinahe unverzichtbares Merkmal von Fantasy fehlt völlig – Magie. Außer, man erklärt einige erstaunliche Ereignisse, die um Vosill herum passieren, damit. Aber hier könnte der alte Satz von Arthur C. Clarke wieder zur Geltung kommen, nach dem Wissenschaft auf die Menschen wie Magie wirken muß, wenn die Wissenschaft nur hoch genug entwickelt ist und die Menschen (in diesem Fall auch der Leser) wenig genug darüber erfahren. Der Klappentext, der zunächst wenig bis nichts mit der Geschichte zu tun zu haben scheint, bietet eine mögliche Erklärung für die Fragen an, die der Roman offen läßt, aber nicht die einzige denkbare.

Die beiden Erzählstränge um Vosill und DeWar laufen fast bis ganz zum Schluß nebeneinander her. Man fühlt sich an die beiden parallelen Geraden erinnert, die sich bekanntlich erst im Unendlichen treffen und schneiden. Dabei fällt erst nach und nach auf, wie oft sich der Titel – "Inversionen", also Umkehrungen – als Motiv wiederfindet. Das beginnt beim Offensichtlichen, wenn die Heldin der einen Geschichte eine Frau ist, der Held der anderen ein Mann. Aber auch die Intentionen oder zumindest die Wirkungen der beiden Hauptprotagonisten sind quasi invertiert. Die Fremde Vosill bringt Bewegung und Veränderung in die erstarrte und, aus unserer heutigen Sicht, rückständige Welt des Königshofes. DeWar auf der anderen Seite verhindert als Leibwächter des Militärursupators eine weitere Veränderung oder eine Rückkehr zur alten Monarchie. Man kann sagen, er bremst die Veränderungen, die überall um ihn herum geschehen, ein wenig. Und auch in der Auflösung der Geschichte(n) wird eine Inversion sichtbar, über die hier aber noch nichts verraten werden soll.

"Auflösung" kann allerdings nur auf die Spannungsbögen bezogen werden, denn auch nach fast fünfhundert Seiten bleiben viele Fragen offen und insbesondere die beiden Hauptprotagonisten geheimnisvoll. Und daß, obwohl der Autor viel Raum und Mühe auf die Charakterisierung seiner Figuren verwendet. Die Handlung kommt, oberflächlich betrachtet, kaum voran. Aber das ist in diesem Buch auch nicht wichtig. "Inversionen" fesselt seine Leser durch die genaue Beobachtung seiner Charaktere, aber auch durch geschickt gesetzte Andeutungen und Cliffhanger. Insbesondere die Intrigen am Hofe von König Quience gegen die Ärztin aus der Fremde werden häufig nur in Nebensätzen sichtbar und nicht offen ausgesprochen, damit sie auch noch der unaufmerksamste Leser begreife. Und oft, wenn eine der beiden Erzählstränge an den Grenzen eines Kapitels angelangt ist und vorläufig dem anderen Platz machen muß, möchte der Leser am liebsten vorblättern, um die Auflösung des allfälligen Cliffhangers gleich zu erfahren. Aber wenn sich das nächste Kapitel dem Ende nähert, steht er vor der gleichen Situation, nur mit umgekehrten Vorzeichen. Wieder eine Inversion.

Die Erzählung bleibt fast immer ruhig, unspektakulär, fast dezent. Nichtsdestoweniger merkt man ihr die Liebe und Zuneigung der berichtenden Charaktere für die handelnden an. Auch das trägt dazu bei, den Leser bis zum Ende bei der Stange zu halten. Ian Banks hat mit "Inversionen" vielleicht kein großartiges, spektakuläres, herausragendes Buch geschrieben. Aber er hat ein Buch geschrieben, daß ebenso spannend wie intelligent, ebenso fesselnd wie emotional nachvollziehbar ist. Ein Buch, daß vielleicht nicht zum neuen Lieblingsbuch seiner Leser werden wird. Aber ein Buch, an daß man sich immer gerne zurückerinnern wird, und an die schönen Stunden des Lesegenusses, die es einem beschert hat.

Leider ist "Inversionen" zur Zeit vergriffen, aber antiquarisch noch ohne größere Probleme zu bekommen.

Fazit:
Ian Banks verschränkt geschickt zwei Geschichten, die auf den ersten Blick wenig miteinander zu tun haben. Aber es gibt nicht nur die an vielen Stellen und in vielen Formen auftauchenden "Inversionen" (Umkehrungen), sondern auch eine große Zahl von Gemeinsamkeiten. Ein eher unspektakulärer Roman, der seine Leser aber mit einer sorgfältigen und intensiven Charaktergestaltung und einer spannenden, fesselnden Geschichte belohnt.

Inversionen - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Ian Banks
Inversionen
Inversions

Übersetzer: Irene Bonhorst
Erscheinungsjahr: 2000



Autor der Besprechung:
Henning Kockerbeck

Verlag:
Heyne Verlag

Preis:
€ ca. 8 - 10

ISBN:
3-453-16198-X

478 Seiten
Positiv aufgefallen
  • Ausgefeilte Charaktere
  • Fesselnder Erzählstil
Negativ aufgefallen
  • Einige Fragen bleiben ungeklärt
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Rezension vom: 25.09.2005
Kategorie: Science Fiction
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