Eine Geschichte der Gewalt. Leben und Sterben in Zentralamerika
Story:
In Zentralamerika gibt es Orte, in denen der Staat nichts mehr zu suchen hat. In denen das Verbrechen regiert. Und aus diesen Orten berichtet Óscar Martínez.
Meinung:
"Eine Geschichte der Gewalt: Leben und Sterben in Zentralamerika" lautet der Titel von Óscar Martínez erschütternder Reportage. Der Kunstmann-Verlag bringt dieses ergreifende Buch jetzt hier in Deutschland heraus. Und wer schon immer hautnahe Berichte darüber haben wollte, wie der Krieg gegen die Drogen in Zentralamerika aussieht, der sollte, so viel sei jetzt schon verraten, sich diesen Band holen.
Der Autor wurde 1978 in El Salvador geboren und arbeitet als Journalist bei ElFaro.net, einer der ersten Online-Zeitschriften Südamerikas. Er ist einer der bekanntesten Vertreter seiner Zunft in Zentralamerika. Mit seinen Berichten, die mehrfach ausgezeichnet worden sind, hat immer wieder für Aufsehen gesorgt.
Wenn es um Zentralamerika und das Thema Verbrechen geht, ist die Rede immer wieder von Mexiko. Das Land ist ein Paradebeispiel dafür, wie schwer es ist, gegen das organisierte Verbrechen und den Drogenhandel anzukommen. Wiederholt hört man von Geschichten, die deutlich machen, wie korrupt einige staatstragende Behörden sind. Die Story um den Bus mit den ermordeten Studenten macht dies besonders deutlich.
Und doch ist Mexiko im Vergleich zu seinen südlicheren Nachbarn noch verhältnismäßig gut dran. Denn, uns dies zeigt Óscar Martínez in seinem Buch besonders eindrücklich, dort ist es teilweise wesentlich schlimmer. Besonders gut zeigt dies die Geschichte eines Zeugen, dem es im Zeugenschutzprogramm wesentlich schlechter geht, als in seinem vorherigen Leben als Krimineller. So wird besonders deutlich gemacht, wie wenig es wichtigen Behördenvertretern daran liegt, die großen Fische zu schnappen.
Und das ist, so zeigt der Journalist, beileibe kein Einzelfall. Es ist quasi die Norm, da aus diversen Gründen das Verbrechen es einfach hat, seine Ziele durchzusetzen. Über die Ursachen kann man natürlich gut diskutieren. Doch das tut Martínez nicht. Ihm geht es nicht so sehr um Schuldzuweisung, ihm geht es um die Tatsachen, die er berichtet.
Doch der Höhepunkt des Bandes ist, als er beschreibt, was für Konsequenzen diese Verhältnisse haben. Wenn er von den Menschen berichtet, die deswegen fliehen. Und die deswegen geradezu vom Regen in die Traufe geraten. Denn was dann mit ihnen passiert, ist teilweise fast schlimmer als der Tod. Sie werden quasi Gefangene und in die moderne Sklaverei verkauft.
Óscar Martínez verschont den Leser nicht. Er macht ihm wiederholt klar, wie verloren diese Region ist. Die Verzweiflung, die die Bewohner gepackt hat, macht sich auch beim Leser breit. Gibt es überhaupt eine Lösung für diese Situation? Der Autor beantwortet diese offensichtliche Frage nicht. Er überlässt es dem Leser, sich eine Meinung zu bilden und quasi zwischen den Zeilen zu lesen.
Und doch ist das Buch nicht unpersönlich. Das Schicksal von El Nino, einem Gangster, der unter Polizeischutz steht, zieht sich wie ein roter Faden durch diesen Band. Es ist die Chronik eines angekündigten Todes, das macht der Reporter wiederholt klar. Und die Geschichte dieses kleinen Ganoven geht einem unter die Haut.
Und deshalb ist dieses Buch ein "Klassiker" und ein "Splashhit".
Fazit:
Mit "Eine Geschichte der Gewalt" zeigt Óscar Martínez, in was für einer Lage sich Zentralamerika befindet. Nüchtern beschreibt er, was in den entsprechenden Ländern los ist. Er beschreibt Tatsachen und weniger die Ursachen. Und das tut er auf eine schonungslos Art und Weise, die einem nahe geht. Der rote Faden ist dabei das Schicksal von El Nino, der ein Paradebeispiel für die Verhältnisse in dem Land sind. Deshalb sollte man auf jeden Fall das Buch kaufen!
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