Die Geschichte meiner Zähne
Story:
Gustavo Sànchez Sànchez ist ein Auktionator. Ein ziemlich erfolgreicher, wie er meint. Und einer, dessen Zähne Geschichte haben.
Meinung:
Was ist "Die Geschichte meiner Zähne"? Es ist ein weiterer Roman Valeria Luisellis. Und er ist herrlich absurd.
Die Autorin wurde 1983 in Mexiko City geboren und arbeitet als Journalistin, Dozentin und Lektorin. Sie hat unter anderem für die New York Times geschrieben. Ihr Romandebüt "Die Schwerelosen" wurde in viele Sprachen übersetzt und ist mit dem LA Times Art Seidenbaum Award for First Fiction ausgezeichnet worden.
Gustavo Sánchez Sánchez ist ein besonderer Mensch. Nach zwei Gläsern Rum kann er Janis Joplin nachahmen, er kann wie Christopher Kolumbus ein Hühnerei auf den Tisch stellen und er kann im Schwimmbad den toten Mann machen. Außerdem ist er Auktionator. Der Weltbeste, seiner Meinung nach.
Dabei hat er einen Traum. Nämlich sein Gebiss zu verbessern. Er will all seine Zähne nach und nach gegen die von Prominenten austauschen. Doch dabei hat er die Rechnung nicht mit seiner Vergangenheit gemacht, die ihn wieder einholt.
Absurd? In der Tat ist "Die Geschichte meiner Zähne" ein Roman, über den man sich köstlich amüsieren kann. Das fängt schon bei der Erzählweise an, in der Gustavo Sánchez äußerst selbstbewusst seine Fertigkeiten aufzählt. Und gleichzeitig den Leser über seine Vergangenheit aufklärt.
Und man weiß nicht, ob man lachen oder die Stirn runzeln soll. Er wirkt ein wenig wie ein Halodri, wie ein Hansdampfinallengassen. Er erzählt viel über sich und über seine Fertigkeiten. Und macht auch gleichzeitig klar, dass er mehr ein Lebensmann ist. Jemand, der nach vielen Jahren seine Ehefrau und seinen Jungen verlässt, weil er meint, sie würden ihn zurückhalten.
Die Art und Weise, wie er sich vorstellt, wirkt übertrieben. Und sorgt so dafür, dass man seine Fertigkeiten als Auktionator, die er ja angeblich so perfekt beherrscht, doch etwas in Zweifel zieht. Das Bild, das er von sich projiziert, erhält dadurch Kratzer.
Die durch den Verlauf einer Auktion noch verstärkt werden. Hier trifft die Absurdität der Umstände auf die harte Realität. Einerseits amüsiert man sich über die verschiedenen Zähne, die er versteigert und wie er sie den Leuten anpreist. Die Geschichten, die er sich zu diesen Objekten einfallen lässt, sind einfach köstlich geschrieben worden!
Doch dann merkt man, wie schlecht die Auktion in Wahrheit verläuft. Nur wenige Zähne werden wirklich verkauft. Und wenn, dann erreichen sie gerade Mal das Mindestgebot. Und das soll ein erfolgreicher Auktionator sein? Die Zweifel werden größer.
Und dann quasi bestätigen sich diese, als sich Gustavo Sánchez selber anbietet. Man weiß nicht, ob dies im Überschwange geschieht, ob es eine Verzweiflungstat ist, weil die Auktion nicht so gut läuft, oder ob er dies nur macht, um sich selbst zu beweisen. Auf jeden Fall endet es damit, dass er von seinem eigenen Sohn ersteigert wird, den er Jahre zuvor verlassen hat.
Und ab diesem Moment nimmt der Roman eine Wendung zum Surrealen, als auch die Erzählperspektive wechselt. Auf ein Mal werden bisherige Wahrnehmungen und Ereignisse in Frage gestellt. Was eben noch ein Erfolg war ist auf ein Mal ein Misserfolg. Was eben noch Können war, ist jetzt Einbildung. Was ist wahr und was ist erlogen? Valeria Luiselli verzichtet auf eine eindeutige Antwort und überlässt es der Interpretation des Lesers.
Man wird sich mit diesem Roman prächtig amüsieren können. Und gleichzeitig ist er auch nicht zu umfangreich. Er ist ein "Klassiker" und damit auch ein "Splashhit".
Fazit:
"Die Geschichte meiner Zähne", von Valeria Luiselli, ist ein köstlich geschriebener Roman. Überspitzt geschrieben lernt man den Auktionator Gustavo Sánchez Sánchez kennen und auch lieben. Schnell kriegt man mit, was für ein Halodri er ist. Und was für eine Vergangenheit er hat. Gegen Ende wechselt die Erzählperspektive und die Geschichte wird schon surreal. Vieles von dem, was man bislang als sicher meinte, wird jetzt auf ein Mal quasi auf den Kopf gestellt. Ein gelungenes Buch!
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