Rauhnacht: Ein Anabelle-Talleyrand-Roman
Story:
In London treibt sich eine böse Kreatur herum. Es attackiert bevorzugt junge Frauen. Und es scheint mit einer immer stärker werdenden Kälte im Zusammenhang zu stehen. Für das Detektivduo Anabelle und Zaida bedeutet das, dass ihnen die Zeit davon läuft.
Meinung:
Ist es Urban Fantasy? Ist es Steampunk? Ist es Horror? Tanja Meurers "Rauhnacht: Ein Anabelle-Talleyrand-Roman" widersetzt sich jeglicher eindeutiger Genre-Zuordnung. Und gewinnt dadurch einen gewissen Charme.
Die Autorin wurde 1973 in Wiesbaden geboren. Sie ist die Tochter einer Graphikerin und Malerin und ist deshalb seit 1997 nebenberuflich als Illustratorin tätig. Ebenso ist sie auch als Bauzeichnerin und Autorin aktiv. Das Detektivduo ist bereits in früheren Geschichten von ihr aufgetreten.
Das viktorianische London: Eine mysteriöse Frauenleichen wird aufgefunden und das Detektivduo Anabelle und Zaida herbeigerufen. Schnell wird klar, dass eine unheimliche Kreatur hinter diesem Mord steckt. Ein Wesen, das in der immer stärker werdenden Kälte gedeiht.
Und schon bald wird klar, dass dieser Fall außergewöhnlich ist. Denn die Ermordete erwacht bald zum Leben und kommt in die Obhut des Duos. Und Anabelle muss erkennen, das ihr Körper, der mechanischer Natur ist, der Kälte nicht gewachsen ist.
Wie bereits eingangs geschrieben, widersetzt sich "Rauhnacht" der genauen Einordnung in eine literarische Kategorie. Anabelle zum Beispiel, die keinen natürlichen Körper hat, erinnert an Steampunk, wobei weitere Elemente dieses Genres nicht weiter in der Novelle auftauchen. Aber auch der Handlungsort eines viktorianischen Londons passt dazu. Hingegen erinnern die Gefahr und Zaida, die eine Zauberin ist, an das Urban Fantasy-Genre, in dem ja durchaus einige Horror-Elemente mit einer phantastischen Story vermengt werden.
Und das soll gut sein? Ist es in der Tat! Denn innerhalb von 131 Seiten schreibt die Autorin nicht nur eine überwiegend gelungene Kriminalgeschichte, sondern schafft es auch, die Figuren glaubwürdig zu entwickeln.
Die Charaktere sind dabei faszinierend. Anabelle und Zaida sind ein Liebespaar und dabei in ihrer Beziehung gleichberechtigt. Es ist ihre Liebe, die verhindert, das Anabelle beim Transfer in einen neuen Körper verloren geht. Gleichzeitig wird die Beziehung zwischen den beiden einem nicht aufgedrängt, sondern ergibt sich einfach aus dem Kontext.
Die Geschichte hat dabei viele Wendungen, mit denen man sicher nicht gerechnet hätte. Schon allein wie Tanja Meurer mit dem untotem Opfer umgeht, ist faszinierend und gelungen geschrieben. Man darf hier alles erwarten, nur nicht das offensichtliche!
Allerdings bleiben bei den Figuren viele Fragen offen. Wiederholt gibt es Passagen, die wohl an frühere Teile erinnern sollen, wie zum Beispiel, das Zaida einen Dämon in sich trägt. Und auch sonst ist es manchmal frustrierend die Novelle zu lesen. Denn von Anabelle erfährt man praktisch nichts über ihre Vergangenheit. Weder, wieso sie auf die mechanischen Körper angewiesen ist, noch wie sie und Zaida zusammengekommen sind. Vermutlich wurde dies in früheren Romanen geklärt, doch wer die nicht gelesen hat, ist aufgeschmissen.
Und auch das Ende der Geschichte enttäuscht. Man fragt sich nach der letzten Seite "Das war's?" Man hat das Gefühl, dass hier noch eine Art Epilog kommen sollte, der dann allerdings aus Platzgründen oder anderen Gründen, fallen gelassen wurde. Es fühlt sich wie eine Art Cliffhanger an und ist deshalb unzufriedenstellend.
Dennoch macht das Buch Lust auf mehr. Auch wenn die Wertung am Ende ein "Für Zwischendurch" ist.
Fazit:
Tanja Meurers "Rauhnacht: Ein Anabelle-Talleyrand-Roman" ist eine Geschichte, die sich nicht in die eine Kategorie einordnen lässt. Was auch für einen gewissen Charme sorgt. Außerdem ist die Kriminalgeschichte hervorragend geschrieben. Die Story an sich hat viele wunderbare, unvorhersehbare Wendungen. Leider bleiben bei den Charakteren, vor allem bei Anabelle viele Fragen offen, was ihre Vergangenheit angeht. Und auch das Ende ist enttäuschend, da man das Gefühl hat, das hier etwas unter den Tisch fiel.
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