75 Years of Marvel Comics: From the Golden Age to the Silver Screen
Story:
Marvel dominiert die Kinos. Die Filme, die auf den Comics des bekannten Verlags basieren, sind alle Kassenschlager. Und machen die Geschichten von Stan Lee und Co. weltweit bekannt.
Meinung:
Spider-Man, Captain America, Thor, Iron Man, Black Widow… Alles Namen von Figuren, die der Marvel Comics-Verlag im Laufe der Jahre herausgebracht hat. Und die alle durch die diversen Leinwand-Abenteuer bekannt und berühmt geworden sind. Jetzt hat der Verlag 2014 sein 75jähriges Jubiläum gefeiert. Und was bot sich da besser an, als ein Band aus dem Taschen-Verlag. Der Autor? Niemand geringeres als Roy "The Boy" Thomas!
Jetzt ist so ein Buch nichts Neues für Comicfans. 2010 zelebrierte bereits DC Comics sein 75jähriges Jubiläum. Und bereits damals gab es dazu dieses so typische Taschen-Buch, das so groß und schwer war, dass es gleich in einem eigenen Koffer mitgeliefert wurde. Der damalige Autor, Paul Levitz, war damalas auch die einzige und naheliegendenste Wahl.
Doch bei Marvel? Gab es gleich mehrere Kandidaten, für die vieles für, aber auch einiges gegen sprach. Stan "The Man" Lee zum Beispiel? Einerseits steht er für Marvel Comics wie kaum ein anderer? Aber andererseits ist er mit seinen 92 Jahren zu alt, um so ein Werk zu stemmen. Außerdem neigt er zu Übertreibungen und seine Erinnerungen sind unzuverlässig? Jim Shooter vielleicht? Immerhin hatte er zehn Jahre lang die Geschicke des Verlags geleitet. Und seine Zeit war eine der erfolgreichsten überhaupt. Aber andererseits ist er damals in Unfrieden gegangen und hatte mit Valiant Comics einen ernsthaften Konkurrenten gegründet. Wie wäre es mit Tom Breevort, einer der erfahrensten und langjährigsten Marvel-Redakteure überhaupt? Bei ihm wäre das Problem gewesen, dass er viel zu sehr im Tagesgeschäft involviert war, als dass er dieses Mammutwerk hätte schreiben können. Oder Kurt Busiek? Schließlich ist er jemand, der ein ausführliches Marvel-Gedächtnis hat. Und gleichzeitig hat er leider nicht das nötige Format, den nötigen Ruf, um für ein solches Werk in Frage zu kommen.
Nein, Roy Thomas war die beste Entscheidung. Der 1940 geborene Autor und Redakteur war sozusagen einer der zweiten Generation von Marvel Comics. Er kam zu dem Verlag, als dieser bereits wieder erfolgreich war. Und er war der direkte Nachfolger von Stan Lee als Chefredakteur. Wenn auch nur für ein Jahr. Trotzdem hat er die Geschicke des Verlags lange Zeit mitgeprägt.
Und das merkt man diesem Band an. Jede Seite des in die verschiedenen Zeitalter eingeteilten Buches, ist durch seine Liebe zum Verlag geprägt. Und bietet gleichzeitig jede Menge Hintergrundinformationen. Manche von diesen wird man vielleicht schon kennen. Andere hingegen nicht. So ist die Bestätigung, dass es ein bestimmtes Golfspiel gab, welches der Auslöser des Erfolgs von Marvel Comics im Silver Age war, hochinteressant. Ebenso, dass es bereits vorher Designprotoytpen von Figuren wie Doctor Doom in den Comics gab.
Natürlich wird der Band durch die Bilder dominiert. Und genau wie beim Buch für den großen Konkurrenzverlag, kommen diese durch das Format richtig zur Geltung. Jedes Bild wird von einem kurzen und prägnanten Kommentar begleitet, in dem der Autor viele wichtige Informationen unterbringt. Dabei gibt es eben nicht nur Titelbilder und Comicseiten zu sehen. Auch Fotos, auf dem der bekannte Marvel Bullpen abgebildet ist oder die Mitarbeiter im Golden Age, kann man bewundern.
Doch auch die puren Textpassagen sind prall gefüllt mit Informationen. Klar, man merkt dem Buch eine gewisse Pro-Marvel-Affinität an. Kritik gibt es wenn überhaupt nur spärlich. Und Aspekte, wie die Entzweiung von Stan Lee und Jack Kirby, werden eher zaghaft angedeutet, als explizit aufgeklärt. Doch dafür liest man dieses Werk auch nicht. Man liest, um zum Beispiel über die vielen merkwürdigen Entscheidungen von Martin Goodman zu zweifeln. Man liest es, um die vielen Plagiate kennenzulernen, die während des Golden und Anfang des Silver Ages herausgebracht wurden, nur um auf irgendwelche Trends zu springen. Man liest es, um mehr über Marvel zu erfahren, über die Geschichte. Und wenn man eine kritische Auseinandersetzung haben möchte, kann man immer noch auf "Marvel Comics: The Untold Story" zurückgreifen.
Generell muss man sagen, dass das Werk von Roy Thomas das von Sean Howe perfekt ergänzt. Die Lücke, die jener Autor gelassen hat, werden von "75 Years of Marvel Comics" perfekt ergänzt und umgekehrt.
Denn je näher das Werk an die Jetztzeit heranrückt, desto kürzer und intensiver werden die Informationen. Ab Mitte der 80er Jahre fasst Roy Thomas immer mehr stichwortartiger zusammen, bis am Ende wirklich nur noch Stichworte zu lesen sind. Womit der Autor aber auch geschickt ausdrückt, dass die Anzahl an Comics und Ereignissen in dieser Zeit sich massiv erhöht hat.
Und wer weiß? Vielleicht wird Roy Thomas genau wie Paul Levitz damit anfangen, diesen massiven Band in einzelne Zeitalter auszugliedern, so dass wir bald ein "The Golden Age of Marvel Comics" lesen können. Dadurch würde es auch wieder mehr Informationen geben.
Auf jeden Fall ist dieses Mammutbuch ein "Klassiker" und ein "Splashhit".
Fazit:
Roy Thomas "75 Years of Marvel Comics: From the Golden Age to the Silver Screen" ist ein Mammutwerk, das den amerikanischen Comicverlag zelebriert. Man merkt dem Band an, wie sehr der Autor Marvel Comics liebt. Jedes Wort, jedes Bild passt dazu und drückt dies aus. Es gibt viele Informationen, von denen man einige kennt, andere hingegen nicht. Die Fakten, die man präsentiert kriegt, sind teilweise präzise und knapp formuliert. Man erfährt viel über den Verlag und seine wechselhafte Geschichte. Und es ergänzt sich perfekt mit "Marvel Comics: The Untold Story". Kurzum: Ein Pflichtkauf!
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