Zeichen ihrer Zeit: Ein Lesebuch
Story:
Sechzig Jahre lang veröffentlichte Marion Gräfin Dönhoff Artikel und Reportagen. Die wichtigsten sind in diesem Buch gesammelt.
Meinung:
"Zeichen ihrer Zeit" ist ein besonderes Buch. Der Diogenes-Verlag sammelt in diesem Band die wichtigsten Artikel und Reportagen von Marion Gräfin Dönhoff.
Wer war überhaupt diese Person? Eine Adelige? Ja und nein.
Marion Gräfin Dönhoff wurde 1909 im Schloss Friedrichstein in Ostpreußen geboren. Sie unterstütze in der Nazi-Zeit den Widerstand gegen Adolf Hitler und floh 1945 vor der vorrückenden Roten Armee. Ab 1946 begann sie für die Zeitung "Die Zeit" zu arbeiten, deren Herausgeberin sie später in ihrem Leben auch wurde. Sie verstarb 2002 auf Schloss Crottorf, bei Friesenhagen, Rheinland-Pfalz.
Wer war also Marion Gräfin Dönhoff? Sie war eine kluge Frau und eine scharfe Beobachterin, die sich aus ihrem Adelstitel nichts machte und sich stattdessen als Bürgerliche sah und auch so lebte. Zeit ihres Lebens kämpfte sie gegen Unfreiheit und äußerte sich so beispielsweise negativ über die Apartheid in Südafrika.
Was Frau Dönhoff ausmacht, erfährt man hervorragend aus dem Buch. Bereits der erste Text zeigt, dass sie gut schreiben kann. Ihre Schilderung der Flucht zu Pferde ist bild- und bildungstark. Sie schafft es, genau die richtigen Metaphern auszuwählen, so dass einem eine Gänsehaut über den Rücken läuft. So schreibt sie von Kriegswellen, die wie ein Meer anbranden. Ein gelungener Einstieg, der genau die richtige Atmosphäre für das Buch schafft.
Denn genauso klug schreibt sie über das Ehrenwort eines Ex-Kanzlers, der es über das Gesetz stellte. Oder sie interviewt Gorbatchow. Oder sie philosophiert über das gemeinsame Abendmahl zwischen Katholiken und Protestanten.
Doch nicht nur Zeitungsartikel sind in diesem Buch vertreten. Frau Dönhoff war auch eine leidenschaftliche Reisende, die über ihre Auslandsbesuche schrieb. Diesen widmet sich ein anderer Teil des Bandes.
Und hier entdeckt man eine andere Seite der berühmten Frau. Hier steht weniger die Bildung im Vordergrund, als vielmehr ein Reisebericht. Den sie versteht, äußerst lebhaft zu Papier zu bringen. Ihr Flug nach New York, die Fahrt in einem einheimischen Taxi von Jordanien nach Irak oder auch nur die einfache Beobachtung Reisender aus Deutschland sorgt für Wohlgefallen. Es fällt auf, dass sie ein Auge für ihre Mitmenschen hat. Pointiert beschreibt sie sie und die Ereignisse, die ihr selbst während der Reise widerfahren. Das wirkt komisch, ohne übertrieben lustig zu wirken.
Doch es wird auch persönlich, wenn aus ihren Tagebüchern und Briefen zitiert wird. Es sind einerseits natürlich private Einblicke. Aber andererseits entdeckt man auch, wie sie es versteht, mit den Lesern ihrer Zeitung umzugehen. Sie ist stets freundlich, aber auch auf den Punkt genau.
Ebenso lesenswert sind ihre Porträts, die sie unter anderem über Helmut Schmidt schrieb. Hier beweist sie eine große Menschenkenntnis. Etwa wenn sie ihn als großen Intellektuellen beschreibt, der aber auch gleichzeitig ein Pragmatiker ist.
Das Ende dieses so gelungenen Bandes bilden ihre Reden, von denen sie viele hielt. Dabei möchte der Redakteur vor allem die letzte hervorheben, in der sie über den Kapitalismus schrieb. Was sie über diesen meinte, muss man unbedingt gelesen haben. Denn was sie sagte, wirkt wegweisend.
"Ein Lesebuch" wird "Zeichen ihrer Zeit" genannt. Und das ist es dann auch. Und es ist vor allem eins: Ein "Klassiker" und ein "Splashhit".
Fazit:
"Zeichen der Zeit" zeigt die Breite des Schaffens von Marion Gräfin Dönhoff. Man lernt eine Frau kennen, die klug schreibt. Ihre Texte sind ausdrucksstark, ihre Reiseberichte pointiert und voll leichter Ironie. Stets hatte sie den Finger am Puls der Zeit und bewies große Menschenkenntnis. Auf diese Weise kann man sich einen perfekten Eindruck ihres Schaffens machen. Wahrlich, sie war eine große Frau!
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