In grossen Wassern
Story:
Das Meer wird von einem Volk beherrscht, das die Menschen Tieflinge nennen. Vor langer Zeit kreuzten die Königshäuser der Menschen ihr Blut mit diesen Meeresbewohnern, wodurch ihr Aussehen und ihre Gaben als königlich galten. Dieses Blut tragen die Kinder jener Häuser noch heute in sich, auch wenn es sich selten noch äußerlich auswirkt. So auch bei Anne, die Enkelin des Königs, welche das Aussehen der Tieflinge vererbt bekam und dadurch oft mit Argwohn betrachtet wird. Doch auch Henry ist ein Sprössling des Meeres, allerdings keineswegs ein ferner Nachfahr wie Anne, sondern ein junger Mischling, den das Schicksal, scheinbar, an Land gebracht hatte. Was wird das Eintreffen eines solchen "neuen" Mischlings so lange nach der dem Verbot der Verbindung mit Tieflingen auswirken?
Meinung:
Henry, ein Kind des Meeres, wird eines Tages von seiner Mutter am Strand ausgesetzt und von einem Menschen aufgenommen. Doch ist der junge Meeresbewohner, im Gegensatz zu seinen Geschwistern in den Tiefen, zur Hälfte ein Mensch, und zur Hälfte das, was die Menschen einen Tiefling nennen. Etwas, dass es schon seit vielen Generationen außerhalb des Meeres verboten ist. Denn diese Bastarde haben das gleiche Blut in sich, wie die königlichen Familien der Menschen, welche ebenfalls von Mischlingen abstammen. So auch die junge Anne, welche als Enkeltochter des amtierenden Königs ebenfalls so jemand ist. Was die beiden nicht ahnen: Das Schicksal hat großes mit ihnen vor.
"In grossen Wassern" spielt in einer mittelalterlichen Welt, die der unseren gleicht. Lediglich mit einer anderen Geschichte, anderen Königen, und dem fantastischen Einschlag durch der Existenz des Meeresvolkes. Welches jedoch das einzige Fantasy-Element bleibt. So werden einem die Städtenamen mehr als nur bekannt vorkommen, wie beispielsweise Venedig. Durch die fantastische Interpretation sagen einem die Könige jedoch weniger etwas.
Zunächst sollte man sagen, dass das Werk kein "typischer" Fantasy-Roman ist, hinter dem sich dann doch eine verstrickte Liebesgeschichte versteckt, denn dies ist einfach nicht der Fall. Die Beziehungen unter den Hauptcharakteren bleiben zwar emotional, werden aber nicht körperlich. Auch eine romantische Beziehung wird man hier eher missen. Die anderen Charaktere kommen im Gegensatz dessen jedoch ein wenig steinern und kühl herüber, fast schon völlig emotionslos. Dies kommt den Intrigen und höfischen Machenschaften zwar entgegen, lässt den Leser jedoch auch auf einer deutlichen Distanz zum Werk bleiben. Das Buch ist also mehr ein historischer Roman, als ein Fantasy-Werk, und eher ein intrigantes Hofspiel, als eine Liebesgeschichte.
Besonders herausragend und kreativ gestaltet ist der Hauptcharakter Henry, oder auch Pfiff, wie er bei dem Meervolk heißt. Da er zum Teil im Meer und zum Teil bei den Menschen aufgewachsen ist bleibt er immer ein wenig anders. Seine Art zu handeln, seine Art zu denken, ist eher berechnend, eher der Wirkung nach, als nach einem sozialen Gefühl. Wodurch man auch einen guten Einblick auf die Art und Weisen der Tieflinge bekommt. Dadurch sind auch seine Passagen immer ein wenig interessanter gestaltet, als die von Anne.
Der Schreibstil an sich ist allgemein angenehm zu lesen. Besonders der Anfang, als Henry im Meer wohnt und seine Zeit, als er von den Menschen aufgenommen wird, ist sehr gut beschrieben, besonders und spannend. Auch wenn dies durch die sehr rasche Handlung, was das Erwachsenwerden von Henry kürzt, jedoch eher wie ein Prolog wirken lässt. Wobei dieses Gefühl, dass die Geschichte noch nicht "richtig" losgegangen ist, noch eine ganze Weile anhält, bis zum ersten Perspektivenwechsel zu Anne, wenn nicht sogar noch etwas länger. Doch später werden dafür einige Passagen sehr langatmig, das Gefühl des "Neuen" geht verloren und auch der Plot konzentriert sich auf die Intrigen am Hofe, wodurch sie leider ihre Besonderheit verliert.
Geschrieben wurde das Werk von Kit Whitfield. Katharine Whitfield wuchs in London auf, wo sie auch noch heute lebt. Sie hat Literaturwissenschaften studiert und anschließend einen Master im Kreativen Schreiben gemacht. Ihr erster Roman erschien unter dem Namen "Wolfsspur" 2007 bei Heyne. "In grossen Wassern" ist ihr zweites Werk. Erschienen ist es am 9.Januar 2012, ebenfalls bei Heyne.
Fazit:
Wer gerne historische Romane mit besonderem Schwerpunkt auf dem Hofe, Machtspiele und Arglist liest, der wird in diesem Buch definitiv finden was er sucht. Für Fantasy-Liebhaber wird es nur bedingt etwas sein.
|