Machiavelli: Philosoph der Macht
Story:
"Der Fürst" wird heute als Standardwerk für rücksichtslose Machtpolitik angesehen. Und dementsprechend schlecht ist der Ruf des Autors Niccolò Machiavelli. Doch ist dies wirklich gerechtfertigt?
Meinung:
Heute, wo man als normaler Mensch in einem relativ stabilen Staatengebilde lebt, kann man sich nicht vorstellen, wie es damals im Mittelalter war. Zu jener Zeit, als selbst der Papst noch ein weltlicher Herrscher war, waren Kriege und Intrigen an der Tagesordnung. Es gab keine Flächendeckenden Staaten, wie wir sie heute kannten, sondern vielmehr Flickenähnliche Staatsgebilde. Zu jener Zeit, im 16. Jahrhundert um genauer zu sein, lebte Niccolò Machiavelli. Der Autor Ross King widmet dem Leben jener Person mit "Machiavelli: Philosoph der Macht" eine Biografie.
Ross King wurde 1962 geboren und ist kanadischer Staatsbürger. Er studierte an Universität von Regina Englische Literatur und schloss es dort auch 1986 mit einem Master of Arts ab. Seinen Doktor machte er 1992 an der Universität von Toronto. Er zog danach nach England, wo er an dem University College of London eine Stelle erhielt. Zu jenem Zeitpunkt fing er mit dem Schreiben an. Seitdem sind viele Bücher und Sachbücher von ihm erschienen, von denen einige preisgekrönt sind.
Niccolò Machiavelli wurde in unruhigen Zeiten geboren. Seine Heimat, Florenz, war zwar eine Republik. Doch ihr Stand war alles andere als sicher, da ständig von irgendwoher Gefahren drohten. Zu jenen Zeiten war Machiavelli hauptsächlich als Gesandter unterwegs, der überdies auch eigene Ideen für seine Heimat hatte, wie beispielsweise eine Bürgerwehr.
Ross King zeichnet das Bild eines hochintelligenten Mannes, der seine Umgebung genau beobachtete und daraus seine eigenen Schlüsse zog. Dabei ist das Bild, was man von ihm erhält, durchaus ambivalent. Auf der einen Seite war er überzeugter Republikaner, auf der anderen Seite sich allerdings auch nicht zu schade, für die Medici-Familie zu arbeiten, als sie in Florenz erneut an die Macht kamen und die Republik abschafften.
Heutzutage wird Machiavelli von einem Durchschnittsmenschen nur auf sein Werk "Der Fürst" reduziert. Doch wenn diese Biographie eins deutlich macht, dann dass das Werk dieses Menschen größer und umfangreicher ist. Denn neben seinen staatsphilosophischen Werken erschuf er unter anderem auch Komödien und Gedichte. Er war ein Mann mit vielen Talenten.
Und es gelingt Ross King problemlos, eben jene Person in all ihren Facetten darzustellen. Bei ihm ist Machiavelli eben nicht nur der Schriftsteller, sondern auch ein Lebemann, der es mit der ehelichen Treue nicht allzu streng sah. Trotz seiner Hochzeit stieg er stets anderen Frauen nach.
Sehr schön sind auch die Extras des Buches. Eine Karte ermöglicht es, die vielen Reisen von Machiavelli zu visualisieren, ebenso wie auch an einigen Stellen Bilder eingestreut sind. Sehr gut ist auch der umfangreiche Anhang, den es anscheinend so in der englischen Original-Ausgabe nicht gab. Lesenswert ist dabei vor allem die "Zeittafel der politischen Ereignisse", die deutlich macht, was für ein Chaos zeitweise in Italien herrschte.
Allerdings gibt es eine Reihe kleinerer Mankos, die den ansonsten positiven Gesamteindruck stören. Zum einen handelt der Autor die Kindheit von Machiavelli im Schnelldurchgang ab. Hier hätte man mehr erfahren. Auch verliert an einigen Stellen die nötige kritische Distanz und zeigt sich ganz offen von den Werken seines Buchsubjektes fasziniert.
Wie gesagt, es sind nur kleine Fehler. Doch langen sie aus, um "Machiavelli" am Ende die Bewertung "Reinschauen" zu geben.
Fazit:
Wer ist Machiavelli? Diese Frage versucht Ross King in seinem Buch "Machiavelli: Philosoph der Macht" zu beantworten. Dabei zeichnet er das Bild eines hochgebildeten Charakters, der viele Talente hatte, aber auch deutliche Schattenseiten hatte. Die Extras sind gelungen. Schade nur, dass die Kindheit von Niccolò Machiavelli so schnell abgehandelt wird. Und dass der Autor an manchen Stellen die kritische Distanz verliert ist ebenso unschön.
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