Das Universum twittern: Kurze Sätze über grosse Ideen
Story:
Wie kann man das Universum am besten erklären? In Form von Tweets, in 140 Zeichen? Klingt verrückt, oder?
Meinung:
Twitter hat sich neben Facebook zu einem der beliebtesten sozialen Netzwerke entwickelt. Der Kurznachrichtendienst ist inzwischen aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Und er bietet sich für außergewöhnliche Experimente an. Wie beispielsweise dem, was die Autoren Marcus Chown und Govert Schilling in ihrem Buch "Das Universum twittern: Kurze Sätze über grosse Ideen" wagen.
Marcus Chown ist Brite. Er schreibt unter anderem für den "New Scientiest", einer populärwissenschaftlichen Fachzeitschrift, als Experte für kosmologische Fragen. Des Weiteren hat er viele Sachbücher verfasst, wobei sein Werk "Afterglow of Creation. From the Fireball to the Discovery of Cosmic Ripples" das am meisten gelesene populärwissenschaftliche Buch Britanniens ist, nach Stephen Hawkings "Eine kurze Geschichte der Zeit".
Govert Schilling ist Niederländer, der unter anderem für den National Geographic schreibt. Er hat über 30 Bücher zum Thema Astronomie geschrieben und ihm zu Ehren wurde ein Asteroid benannt. Sein letztes Werk hier in Deutschland ist "Das Kosmos-Buch der Astronomie", erschienen im Frankh-Kosmos-Verlag.
Es klingt verrückt. Wie soll man etwas wie einen Regenbogen in 140 Zeichen erklären? Die Antwort: In dem man einen Dialog daraus macht. Tatsächlich beschränken sich die beiden Autoren bei ihren Erklärungen nicht auf einen einzigen Tweet, sondern schreiben so viele wie nötig.
Die Kürze beziehungsweise Länge der jeweiligen Beiträge führt dazu, dass man Wissen in seiner bis dato komprimiertesten Form erhält. Das zeigt schon allein der erste Tweet des Buches, in dem innerhalb 140 Zeichen inklusive Leerstellen jede Menge Informationen übermittelt werden. Man erfährt ein Jahr, 1655, und dass die Pest in London herrscht. Cambridge macht dicht, so dass ein gewisser Newton, damals 22 Jahre alt, nach Hause geht. In den folgenden 18 Monaten Quarantäne verändert er die Wissenschaft. Und so wird es weiter fortgeführt.
Wenn man so will, ist das Buch Ausdruck der heutigen Zeit. Alles muss schnell gehen, und doch gleich präzise. Ökonomisch, wie es auf dem Buchrücken heißt. Kein besseres Wort beschreibt den Eindruck, den man von den hier abgedruckten Tweet-Wechseln erhält.
Die Autoren erwecken dabei die Illusion, dass jeder Tweet für einen Buchabsatz steht. Dieser Eindruck wird größtenteils durchgehalten. Nur ab und zu wird er durchbrochen, wenn es den beiden Schriftstellern nicht gelingt, einen bestimmten Gedanken innerhalb der 140-Zeichen-Grenze zu erklären. Dann werden zwei Tweets benötigt.
Auch die Täuschung, dass es sich hier um eine Niederschrift realer Tweets handelt, wird schnell zerstört. Wenn auf einmal auf etwas verwiesen wird, was in einem kommenden Kapitel behandelt wird, ist dies zwar ein netter Service für den Leser. Doch die dadurch zunichte gemachte Illusion lässt sich nicht mehr erneuern.
"Das Universum twittern" sollte man auch möglichst nicht am Stück lesen. Denn durch die rapide Aufeinanderfolge der Tweets entsteht der Eindruck eines Stakkatos an Informationen. Was man im Alltag eher nebenbei liest, erfordert hier die ganze Aufmerksamkeit des Lesers. Und dieser ermüdet rasch durch die rapide Aufeinanderfolge von Absätzen. Hier zeigt sich die Schattenseite des Experiments.
Am Ende ist "Das Universum twittern: Kurze Sätze über grosse Ideen" ein interessantes Experiment. Doch es hat seine Mankos, die zwar für sich allein genommen vielleicht nicht von Bedeutung sind. In der Menge sorgen sie allerdings dafür, dass das Buch zum "Reinschauen" empfohlen wird,
Fazit:
Lässt sich etwas in 140 Zeichen erklären? Laut Marcus Chown und Govert Schilling ja. Die beiden wagen in "Das Universum twittern: Kurze Sätze über grosse Ideen" ein ungewöhnliches Experiment. Sie erklären in einem Tweet-Dialoge Dinge wie ein Regenbogen oder den Urknall. Dabei schaffen sie es innerhalb eines jeden Tweets eine enorme Informationsdichte aufrecht zu erhalten. Und sie bringen dem Leser die jeweilige Thematik gezielt näher. Leider werden dann schnell einige Illusionen enttäuscht. Manchmal reicht eine einzige Kurznachricht nicht aus, um einen Gedanken zu vollenden, weshalb man dann auf eine zweite ausweicht. Auch handelt es sich hierbei wohl nicht um "richtige" Tweets, sondern extra für das Buch geschriebene. Und am Ende stört das Stakkato an Informationen, welches auf den Leser einprasselt.
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