Affinity Bridge
Story:
London, 1901. Zombiehafte Kranke und
seltsame Morde halten die Stadt in Atem. Ein Luftschiff, gesteuert
durch einen mechanischen Automaten, stürzt in einem Park ab und
zieht alle Passagiere mit sich in den Tod. Unter den Toten ist auch
ein Verwandter der Königin – ein Grund mehr, um schnellstmöglich
die Umstände des Unfalls zu ergründen. Um die Verbrechen in ihrem
Reich aufklären zu können, baut Queen Victoria auf ihre fähigsten
Agenten. Im Auftrag der Krone versuchen Sir Maurice Newbury und seine
Assistentin Miss Veronica Hobbes Licht ins Dunkel zu bringen und die
Bösewichte hinter den Verbrechen ihrer gerechten Strafe zuzuführen.
Meinung:
Mit „Affinity
Bridge“ erschien im September 2011 der erste Teil der „Newbury &
Hobbes“-Serie, die 2008 in Amerika startete. Der US-Schriftsteller
George Mann erzählt darin von den Ermittlungen der beiden
Protagonisten Sir Maurice Newbury und seiner Assistentin Miss
Veronica Hobbes. Beide sind im Dienst der Britischen Krone unterwegs
und unterstehen direkt der Herrscherin des Britischen Empires, Queen
Victoria, die in Manns London durch eine dampfbetriebene
Herz-Lungen-Maschine am Leben erhalten wird.
George Mann, der unter anderem auch
Hörbücher für die bekannte britische Science-Fiction Serie der
BBC, „Doctor Who“, schreibt, entwickelt in seiner Romanreihe
einen alternativen Weltentwurf. In seinem London erreicht die
Dampftechnologie gerade ihren Höhepunkt und durchdringt das Leben
der Menschen mehr und mehr. So fahren dampfbetriebene Droschken durch
die Straßen und Automaten erledigen die Arbeit von ganz normalen
Menschen, drohen gar die Plätze von Butlern, Musikern und Piloten
einzunehmen.
Die Protagonisten gehen sehr
unterschiedlich mit dieser Entwicklung um. Während der zum
Okkultismus neigende Newbury dem Fortschritt der Zeit offen gegenüber
steht und im späteren Verlauf der Handlung die Technik sein Leben
rettet, betrachtet Hobbes die technischen Entwicklungen eher
skeptisch. Sie sieht bereits die sozialen Probleme vor sich, die auf
die Menschen zukommen werden. In gleicher Weise hinterfragt sie
kritisch die Behandlung ihrer als geisteskrank geltenden Schwester,
die Veronica mit ihren „schrecklichen Träumen“ einen Blick in
die Zukunft ermöglicht. Die mutige, selbstbewusste junge Miss Hobbes
und ihr etwas eigenbrötlerischer Chef mögen somit nicht immer einer
Meinung sein, bilden jedoch ein unschlagbares Team, das maßgeblich
die Handlung trägt.
Gerade zu Beginn der Geschichte fällt
es Mann schwer, die Spannung zu Genüge aufrecht zu erhalten. Das
erste Drittel des Romans erweist sich als durchaus zähe
Detektivarbeit für die beiden Helden ebenso wie für den Leser,
scheinen die einzelnen Fäden des Romans doch nicht wirklich
zueinander zu passen. Auch sprachlich ist dieser Abschnitt kein
Hochgenuss, hat es doch den Anschein, dass George Mann ein Faible für
Häuser mit Hanglage und das Lächeln von Veronica hat. Danach geht
es jedoch Schlag auf Schlag und die Jagd auf die Bösewichte legt
gehörig an Fahrt zu, bis es – fast schon klischeehaft stilecht für
einen Steampunk-Roman – zum Showdown in einem Luftschiff kommt.
Am Ende wartet noch ein interessanter
Story-Twist, der die zwischenmenschliche Beziehung von Newbury und
Hobbes in völlig neuem Licht erscheinen und die Frage aufkommen
lässt, wie es wohl weiter gehen mag mit dem Ermittlerduo und ob
Queen Victorias böse Vorahnungen sich bewahrheiten werden. Die
Charaktere und die Welt von George Manns „Affinity Bridge“ haben
auf jeden Fall genügend Potential für weitere Bände. Neben den
bereits auf Englisch vorliegenden Bänden „The Osiris Ritual“ und
„The Immorality Engine“ gibt es auch noch zwei kostenlose
Kurzgeschichten, aus dem „Newbury and Hobbes“-Universum, das am
Ende aus sechs Romanen bestehen soll. Im Februar 2012 geht es mit
„Osiris Ritual“ bei Piper weiter. Schade nur, dass das äußert
hübsch aufgemachte Klappenbroschur einen Satzspiegel verpasst
bekommen hat, der das Buch künstlich aufgebläht erscheinen lässt.
Nun bleibt zu hoffen, dass auch die übrigen Romane der Serie
hierzulande erscheinen, obwohl das Steampunk-Genre an den Kassen zu
floppen droht und es sich bisher nicht als der erhoffte
Verkaufsschlager erweist, der in die Fußstapfen der teilweise arg
verhassten aber kommerziell erfolgreichen Romantasy-Welle zu treten
vermag.
Fazit:
Wer das erste Drittel des Romans hinter
sich gebracht hat, wird mit einem spannenden Kriminalfall in einem
alternativen London belohnt. Newbury und Hobbes schaffen es bereits
früh, die Herzen der Leser zu erobern, sodass dem Auftaktband die
eine oder andere Länge verziehen werden kann.
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