Mondherz
Story:
Die junge Adelige Veronika lebt im Ungarn des Jahres 1455. Eine turbulente Zeit, denn Konstantinopel fiel vor kurzem dem Ansturm des osmanischen Reiches zum Opfer. Doch schon bald ist die Sorge vor den anrückenden Osmanen ihr geringstes Problem. Denn sie wird Zeuge eines heimtückischen Mordes, der sie für immer verändert. Sie wird gebissen und verändert sich, bis zu dem wird, was auch die Angreifer waren: Ein Werwolf.
Meinung:
Es tut gut, wenn ein Autor als Handlungsort für seinen Roman eine Gegend wählt, die in den hiesigsprachigen Büchern eher selten vertreten ist. Das trifft auch auf diesen Band zu. Christiane Spies wählt als Schauplatz für "Mondherz" das mittelalterliche Ungarn. Genauer gesagt, das Jahr 1455, als das Land droht, den Osmanen anheim zu fallen.
Die Autorin wurde 1981 in Nürnberg geboren, wo sie auch als Wissenschaftsjournalistin arbeitet. Schon seit früher Kindheit war es ihr Wunsch, zu schreiben. Und tatsächlich erschien 2004 ihr erster Roman. Eine Liebesgeschichte, die unter einem Pseudonym publiziert wurde. Weitere Werke folgten. Und ein Besuch in Budapest inspirierte sie dazu, den vorliegenden Roman zu schreiben.
Es ist das Jahr 1455. Eine turbulente Zeit, besonders für die Ungarn. Konstantinopel, das Rom des Ostens, ist vor kurzem gefallen und ein osmanisches Heer ist auf einem Eroberungsfeldzug durch das Land. Auch die junge Adelige Veronika kriegt die Sorgen und Nöten der anderen Menschen mit, auch wenn sie als Frau relativ abgeschieden von dem Tagesgeschehen lebt. Das ändert sich, als sie von einem Mordkomplott hört. Sie versucht das Opfer zu warnen, doch kommt sie zu spät. Die Attentäter sind bereits zu Gange. Sie geht dazwischen und wird von einem, der sich anscheinend in eine Art Wolf verwandelte, gebissen. Und damit ändert sich ihr Leben.
Denn die Angreifer waren Werwölfe und sie gehört jetzt zu ihnen. Angeleitet von Gàbor lernt sie eine neue Welt kennen, in der die Gestaltenwandler sich zu Bünden zusammengeschlossen haben und die Könige Europas unterstützen. Eine unheimliche Welt, in der sie jedoch langsam hineinwächst. Sie findet Freunde und Vertraute unter den anderen, ärgert sich jedoch ins Geheim, dass sie immer noch verhätschelt wird. Was sie nicht weiß: Es existiert eine Prophezeiung, laut der eine Jungfrau eines Tages zu einem Werwolf wird und bald darauf, geschwängert von einem König, einen Jungen zur Welt bringen wird. Sie ist anhand eines roten Mals zu erkennen. Und Veronika hat so eins. Sie ist die Auserwählte und sie ist die einzige Frau unter den Werwölfen. Und schon bald ist sie der Spielball von verschiedenen Interessen.
Das Thema "Werwölfe" kann man inzwischen satt haben. Nicht zuletzt dank des Urban Fantasy-Genres haben die einstigen Schreckgespenster ihren Grusel verloren und dienten in der Zwischenzeit hauptsächlich als attraktiver, männlicher Gegenpart zu den vielen weiblichen Hauptcharakteren. Und leider waren nicht alle Bücher gleichermaßen gut, weshalb die bepelzten mystischen Wesen auch stellenweise der Lächerlichkeit Preis gegeben wurden. Inzwischen ist eigentlich jede Facette dieses Themas im Buchhandel erhältlich.
Auch Christiane Spies fügt dem Thema nichts Neues hinzu. Sie versucht es auch erst gar nicht, sondern konzentriert sich darauf, ihre Geschichte zu erzählen. Über weite Strecken hat man sogar den Eindruck, einen historischen Roman vor sich zu haben, weil die fantastischen Story-Elemente keine allzu große Rolle spielen. Und das tut der Geschichte sehr gut.
Die Darstellung des mittelalterlichen Ungarns und den Augenblicken der osmanischen Eroberung des Reiches ist sehr gut gelungen. Viele kleine Details, sei es die Beschreibung der Kleidung oder der Straßenzüge von der Stadt Buda, reichern das Lesevergnügen enorm an. Fast hat man den Eindruck, selbst in jener Zeit zu leben.
Leider können die Charaktere nur bedingt mit der historischen Atmosphäre mithalten. Nahezu alle wirken blass und schlecht charakterisiert. Ein Eindruck, der sich im Laufe der immerhin über 660 Seiten nicht großartig ändert. Veronika wirkt einerseits zwar selbstständig, aber andererseits auch wiederrum nicht. Sie akzeptiert die Prophezeiung, als sie davon erfährt, als gegeben und rebelliert nicht dagegen. Etwas, was sie ironischerweise automatisch bei den Ältesten Werwölfen tut.
Auch Gàbor selbst hätte ein paar Charakterzüge mehr vertragen. Er wirkt die ganze Zeit über äußerst mürrisch und hält sich auf Grund der Weissagung von Veronika fern, obwohl deutlich ist, dass er etwas für sie empfindet. Ihm fehlt ein wenig Selbstständigkeit.
Und am Ende muss man auch sagen, dass das Buch mit 666 Seiten einfach viel zu lang wurde. Besonders im letzten Drittel zieht sich die Handlung ewig hin. Man verliert das Interesse und überblättert schon bald ganze Abschnitte, weil man einfach nur zum Ende kommen will. Weniger wäre hier mehr gewesen.
Trotz des gelungenen Ambientes muss man einfach sagen, dass der Roman "Nur für Zwischendurch" zu empfehlen ist.
Fazit:
Christiane Spies "Mondherz" bietet einen lebendigen Handlungsort. Die Darstellung des Königreiches Ungarn im Jahre 1455 weiß durch viele kleine Details zu gefallen, die es dem Leser leicht machen, sich in die Handlung zu vertiefen. Doch muss man auch sagen, dass die handlungstragenden Figuren nahezu alle blass und schlecht charakterisiert wirken. Auch zieht sich der Roman hin. Vor allem das letzte Drittel liest sich zäh wie Kaugummi.
|