Eine Insel
Story:
Mau ist ein Junge, der in seiner Heimat im Pelagischen Ozean das Mannwerdungsritual besteht. Doch auf seinem Weg zurück in seine Heimat spült eine riesige Welle ihn fast in den Tod. Er überlebt knapp, doch zurück zu Hause muss er feststellen, dass er der einzige Überlebende seines Volkes ist. Allein und einsam denkt er ans Sterben, bis er plötzlich Daphne begegnet, die die einzige am Leben gebliebene eines gesunkenen Segelschiffes ist. Gemeinsam erleben sie ein Abenteuer, welches sie für immer verändern wird.
Meinung:
Terry Pratchett? Ist das nicht der Autor der "Scheibenwelt"-Romane? Genau. Der britische Schriftsteller ist bekannt für seine komischen Bücher, die auf dieser ungewöhnlichen Welt stattfinden. "Eine Insel" stellt nun seinen ersten Band dar, der seit dem 1997 publiziertem "Nur du hast den Schlüssel" nicht Teil seiner bekannten Serie ist. Inzwischen leidet der 1948 geborene Schreiber an einer frühen Form von Alzheimer. Deshalb sollte man jedes Werk, dass er noch schreiben kann, genießen.
Irgendwo im Pelagischen Ozean existieren zwei Inseln. Auf der einen hat der Junge Mau eben sein Mannwerdungs-Ritual überstanden und macht sich zurück in seine Heimat, um dort seine ersten Tatoos, die ihn als volljährig ausweisen, zu empfangen. Doch dann erlebt er mit, wie eine gigantische Welle sein zu Hause überspült. Er selbst kommt gerade so noch mit dem Leben davon, doch ist er damit von seinem Stamm der Einzige. Er führt die notwendigen Riten durch, damit seine Verwandten und Freunde, gemäß ihres Glaubens, Delphine werden können. Und danach, einsam und alleine, will er sich verzweifelt umbringen.
Doch da trifft er auf Ermintrude, die sich selbst Daphne nennt. Sie ist die einzige Überlebende eines untergegangen Seglers. Sie rettet ihn vor dem Trübsinn und gemeinsam beginnen sie, die Insel wieder aufzubauen. Weitere am Leben gebliebene treffen ein und schon bald herrscht sind wieder jede Menge Menschen auf dem Eiland. Doch dann entdecken die beiden ein Geheimnis, welches ihr jeweiliges Weltbild für immer verändert.
Zwei Kinder allein auf einer Insel. Wer denkt da nicht sofort an den Film "Die Blaue Lagune". Doch in diesem Fall liegt man komplett falsch. Denn Terry Pratchett schreibt hier eine Geschichte, die allen Erwartungen widerspricht, und gerade deswegen so unglaublich gelungen ist.
Das fängt schon mit den beiden Hauptfiguren an, die einem sofort ans Herz wachsen. Der Autor stellt Mau und Daphne als zwei grundverschiedenen Charaktere dar, die es trotz ihrer kulturellen Unterschiede schaffen, zusammenzuarbeiten. Dabei macht der Schriftsteller klar, dass die Geschlechterschranken vollkommener Unsinn ist.
Es mag zwar stimmen, dass in diesem Roman Mau derjenige ist, der hauptsächlich die körperliche Arbeit macht. Doch entwickelt sich sein Charakter so, dass er sich deswegen nicht eingebildet ist. Denn er hört auf die Stimmen des anderen Geschlechts, im wahrsten Sinne des Wortes.
Mit Daphne hat er das passende Gegenstück. Sie ist ein junges Mädchen, das trotz der Schrecken, die sie ebenfalls erlebt hat, nie den Mut und die Zuversicht verliert. Immer fröhlich und hilfsbereit, ist sie es, die in diversen Situationen die Lage rettet.
Andere Schriftsteller würden sich damit begnügen, einfach nur die Entwicklung der Beziehung zwischen beiden Charakteren zu beschreiben. Nicht so Terry Pratchett. Schon bald baut er einen Fantasy-Plot ein, in dem es um eine Entdeckung geht, die das Weltbild der beiden verändert. Und das schöne ist, dass diese neue Handlungsebene sich perfekt mit dem vermischt, in denen es um die charakterliche Entwicklung der beiden geht. Wenn man "Eine Insel" zu Ende gelesen hat, wird man sich nur noch an eine einzige Handlung erinnern. Nämlich die, die aus den beiden hervorgegangen ist.
Pratchett bemüht sich außerdem, platte Charakterisierungen zu vermeiden. Es treten zwar Figuren auf, die einen unsympathisch sind, wie beispielsweise ein Priester. Doch vermeidet der Autor geschickt irgendwelche Klischees, die diese Figuren zu dominant wirken lassen. Im Gegenteil: Er macht klar, was die jeweilige Peron so werden ließ, wie sie sich zur Handlungsgegenwart gibt. Dadurch gewinnt der jeweilige Charakter enorme Tiefe, vollkommen unabhängig davon, ob er jetzt nur eine Nebenfigur ist, oder zu den Haupthandlungsträgern gehört.
Mit diesem Roman kann man nichts falsch machen! Er ist für jedermann geeignet, egal ob jung oder alt. Ein Pflichtkauf und ein wahrer "Klassiker", der den splashhit deutlich verdient hat.
Fazit:
Terry Pratchetts "Eine Insel" ist ein sehr gelungener Roman. Das Buch überzeugt durch die gelungene Darstellung der Figuren. Jeder Charakter, der auftritt, wird von dem Autoren glaubwürdig dargestellt und erhält dadurch einiges an Tiefe. Doch gehört die Handlung natürlich hauptsächlich den Hauptpersonen, die ebenfalls hervorragend charakterisiert werden. Der Fantasy-Plot, denn der Schriftsteller später auch noch mit einbaut, integriert sich hervorragend in die Handlung. Ein rundum gelungener Band.
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