Dezembersturm
Story:
In eigener Sache: Der Einfachheit halber schreibt der Redakteur, obwohl es sich um ein Autorenpaar handelt, an einigen Stellen über Iny-Lorentz als Einzelperson, da es die Formulierungen vereinfacht.
Die Handlung Der vorliegende historische Roman „Dezembersturm“ bildet den Auftakt einer Trilogie in deren Zentrum das Leben der Lore von Trettin steht. Im Jahr 1875 lebt Lore bei ihrem Großvater, dem ehemaligen Herren von Trettin, der von seinem raffgierigen Neffen in ein kleines Jagdhaus mitten im Wald gedrängt wurde.
Die junge Frau lebt bei Ihrem Großvater, da ihre gesamte Familie ums Leben gekommen ist, als das Elternhaus unter mysteriösen Umständen abbrannte. Zu allem Überfluss will der neue Herr von Trettin Lore nichts Gutes, da sie als letzte Überlebende des Adelsgeschlechts erbberechtigt wäre, wenn er keinen Erben in die Welt setzt.
Obwohl der alte Nikolaus von Trettin einen schweren Schlaganfall erleidet und fortan von Lore tagein, tagaus gepflegt werden muss, schmiedet er mit den wenigen verbliebenen Freunden einen Plan um sie aus der Reichweite des garstigen Verwandten zu schaffen. Sie soll nach Amerika auswandern! Ihre einzige Begleiterin ist Elsie die wenig nützliche Haushälterin des Großvaters, die die junge Frau bei erster Gelegenheit bestiehlt und ihrem Schicksal überlässt. Allen Widrigkeiten zum Trotz schafft es die Adelige bis nach Bremen, an Bord der „Deutschland“, eines großen Linienschiffs der Deutschen Dampfschifffahrtsgesellschaft. Was Lore an Bord der Deutschland erleben muss und warum Sie Amerika nicht erreicht, sondern in England „strandet“, soll an dieser Stelle nicht verraten werden. Das Lore schließlich als Kindermädchen der schwer reichen, aber nur sechs Jahre alten, Comtesse Natalia von Retzmann nach Deutschland zurückkehrt, ist noch lange nicht das Ende des Abenteuers. Muss sie sich doch erneut des skrupellosen Verwandten erwehren. Doch es naht galante Hilfe von unverhoffter Stelle.
Meinung:
Über die Autoren Iny Lorentz, sorgt seit einigen Jahren in der deutschsprachigen Literatur für eine Reihe von Bestsellern vor verschiedenen historischen Hintergründen. Vielen Lesern ist vermutlich gar nicht bewusst, dass sich hinter dem Namen ein Autorenpaar aus München verbirgt: Iny und Elmar Lorentz. Der erste historische Roman aus deren Feder („Die Kastratin“) eroberte die Fans historischer Romane im Sturm. Seitdem ist bereits eine Reihe von Bestseller-Titeln dazu gekommen. Beide Autoren waren im Übrigen auch schon mit anderen Pseudonymen wie „Diana Wohlrath“ oder „Nicola Marni“ literarisch tätig. Das waren dann entweder Ausflüge in die Heimat- oder Fantasy-Literatur.
Die Umsetzung Die Frage, die sich dem Autor dieser Rezension nach der Lektüre gestellt hat, war vielmehr die, ob es sich bei dem vorliegenden Werk schon um „Kitsch“ (Ich meine das völlig wertfrei) oder noch um einen regulären historischen Roman handelt. In letzter Instanz muss das jeder Leser für sich selbst beantworten…
Die Heldin ist sympathisch! Man muss Lore einfach mögen: Sie ist fleißig, liebevoll und versorgt ihren schwerkranken Großvater mit Engelsgeduld, obwohl sie erst vor Kurzem ihre ganze Familie verloren hat. Schließlich erfüllt Sie ihm auch seinen letzten Wunsch und macht sich ohne nennenswerte Unterstützung als gerade dem Kindesalter entwachsene Frau auf den weiten Weg nach Amerika. Den Autoren gelingt es, dass man mitfühlt und hofft, dass endlich einmal alles gut läuft. Würde das Dampfschiff in Amerika ankommen und sie dort einen Modesalon eröffnen, wäre der Roman jedoch nur halb so spannend. Man möchte miterleben, wie die junge Adelige aller Schicksalsschläge zum Trotz immer wieder auf den Füßen landet. Dabei weint Lore durchaus oder droht den Mut zu verlieren, das macht die Hauptfigur menschlich und damit nahbar. Die zweite große Stärke des Autorenpaars liegt in der Wahl des richtigen Erzähltempos. Bahnt sich wie auf dem Dampfschiff eine Katastrophe an, scheinen sich die Ereignisse zu überschlagen. Befinden sich die Protagonistin und ihre Schutzbefohlene in der Sicherheit einer Bremer Kaufmannsvilla, findet diese Stimmung Zeit zu wirken. Dadurch verkommt das Ganze nicht zum Groschenroman.
Einzig das Fehlen einiger typischer Elemente für einen "Historischen Roman" fällt negativ auf: So tauchen nur selten ausführlichere, bildliche Beschreibungen auf, die doch sehr hilfreich wären um dem Setting etwas mehr Plastizität zu verleihen. Bezüge zu politischen Ereignisse im Zeitrahmen des Romans fehlen nahezu gänzlich.
Vielleicht fällt gerade durch das Fehlen dieser Elemente die Tatsache ins Auge, dass die Handlung in sich durchaus spannend aber dennoch bis zu einem gewissen Punkt vorhersehbar ist. Für den einen oder anderen Leser muss das gar keinen negativen Effekt haben, da man in gewisser Weise genau das bekommt, was Cover, Autoren und Klappentext verheißen: Einen etwas romantisch verklärten Roman mit einer starken Frauenfigur vor einem historischen Hintergrund.
Die Aufmachung Der Titel prangt in einer Serifenschrift in goldenen Lettern auf dem hübsch gestalteten Einband. Das Portrait einer jungen Frau mit Blume im Haar im Stil der alten Meister fängt die Atmosphäre des Romans wunderbar ein. Vermutlich soll es sich um Lore handeln.
Warum der Buchrücken des Romans allerdings in Blau gehalten ist und die der anderen beiden Bände der Trilogie in rot, weiß wohl nur der Verleger. Das Personenverzeichnis im hinteren Teil des Buches ist ein schönes Extra und stellt die Menschen, denen Lore auf Ihrem Weg begegnet nach Themenabschnitten geordnet vor.
Fazit:
Die Ereignisse mögen Lesern die im Genre bereits bewandert sind mitunter etwas vorhersehbar erscheinen: Läuft doch zunächst buchstäblich alles schief, bis Lore vermeidlich „ganz unten“ angekommen ist, nur damit sich dann alles umso überraschender zum Besseren wenden kann.
Die nicht zu verhehlenden romantischen Motive der Geschichte rechtfertigen eine Erzählweise, die soziale Missstände der Zeit mitunter in Vergessenheit geraten lässt. Lore bewegt sich schließlich fast ausschließlich in gehobenen Kreisen.
Ein realistisches und breit gefächertes Bild der Zeit, wird der Leser nicht vorfinden doch die Geschichte um Lore und die durchweg markant gezeichneten Charaktere wissen zu unterhalten.
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