Dolmen
Story:
Marie Kermeur ist nach Hause auf die Insel Lands'en gekommen, um dort ihre Jugendliebe Christian Bréhat zu heiraten. Doch am Vorabend der Hochzeit befleckt das Blut einer Möwe den Brautschleier. Trotz dieses bösen Vorzeichens geht die Feier weiter, bis am nächsten Morgen Marie ihren Bruder Gildas, der nach dem Junggesellenabschied nicht nach Hause kam, tot am Strand auffindet. Schnell ist klar, dass Gildas' Tod kein Unfall nach einer durchzechten Nacht, sondern ein brutaler und unheimlicher Mord war. Und die bösen Omen nehmen kein Ende: Wie in einer alten Legende beschrieben, beginnt einer der Menhire der Insel zu bluten und jeder Inselbewohner weiß, was das zu bedeuten hat. Obwohl Marie von ihrer Arbeit ein Jahr beurlaubt ist und als Familienangehörige nicht ermitteln dürfte, kann die junge Polizistin diesen Fall nicht auf sich beruhen lassen. Schließlich ist es ihr Bruder, der ermordet wurde. Doch eine Mauer des Schweigens von Seiten ihre Familie und Nachbarn macht ihr die Lösung des Falles schwer. Schnell muss Marie ihr Bild von einer heilen Welt auf ihrer kleinen Heimatinsel vergessen und sich damit auseinandersetzen, dass jeder Mensch seine kleinen schmutzigen Geheimnisse hat. Auch die Menschen ihrer Familie.
Meinung:
Aufgrund der Tatsache, dass die beiden Autorinnen Nicole Jamet und Marie-Anne Le Pezennec normalerweise als Drehbuchautorinnen zusammenarbeiten und auch "Dolmen" auf der Serie basiert, die die beiden für das französische Fernsehen geschrieben haben, fallen dem Leser von Anfang an einige Stilmittel im Roman auf, die üblicherweise nicht für Bücher verwendet werden. Doch man gewöhnt sich schnell an die etwas andere Herangehensweise an das Medium Buch und hat dann einen zwar etwas überkonstruierten und nicht immer ganz logischen, aber doch spannenden Roman vor sich. Gerade der Schauplatz, eine kleine Insel vor der bretonischen Küste, hat seinen ganz besonderen Reiz. Schnell kann man sich die kleine, steinige Insel mit den darauf lebenden Familien vorstellen: Eine enge Gemeinschaft, die eine vereinte Mauer gegen jeden Außenstehenden bildet. Doch innerhalb der Gemeinschaft gibt es Spannungen, die zum Teil Jahrzehnte zurückreichen und noch heute Auswirkungen auf das Leben der Inselbewohner haben. Und diese Spannungen bekommt Marie zu spüren, als sie versucht den Mord an ihrem Bruder aufzuklären. Auf einmal verändert sich ihre Zuflucht aus Kindheitstagen in einen unheimlichen Ort, an dem ihr jeder Mensch fremd vorkommt. Sogar ihre eigene Mutter wirft ihr vor, dass sie nur Unglück bringen würde, und drängt sie dazu doch endlich die Insel zu verlassen. Doch so leicht gibt die junge Polizistin nicht auf und so deckt sie mit jedem Schritt ihrer Ermittlung ein dunkles Geheimnis nach dem anderen auf. Nicht einmal der Mann, den sie liebt und den sie heiraten wollte, scheint noch der zu sein, den sie seit Kindheitstagen anbetet. Erschwert wird ihr die Lösung des Falles auch durch den vom Festland eingereisten Ermittler des "Department des Crimes rituels", der Abteilung für Ritualverbrechen. Lucas Fersen ist ein Außenstehender, der wohl wenig Chancen hat von den Inselbewohnern auch nur irgendetwas zu erfahren. Auch steht er jedem Aberglauben sehr skeptisch gegenüber, während sich Marie eines in der Kindheit gewachsenen Glaubens an Omen und Zeichen nicht ganz erwehren kann. Und dann geschieht ein weiterer Mord, ein weiterer Menhir beginnt zu bluten und ein weiterer Hinweis auf die alte Strandräuberlegende wird gefunden. Diese Mischung aus Krimi und Legenden ist sehr reizvoll zu lesen, auch wenn "Dolmen" einige Zeit benötigt, bis der Leser von der Geschichte wirklich gepackt ist. Dabei darf man allerdings nicht zu kritisch sein, wenn es um die ganzen Verwicklungen und Geheimnisse der Inselbewohner geht. Und auch die Lösung des Falls entbehrt zum Teil ein wenig an Fachwissen um kriminaltechnische Vorgehensweisen und an nachvollziehbarer Logik. Doch von diesen Schwachpunkten abgesehen, die wahrscheinlich in einer TV-Serie weit weniger auffallen, ist "Dolmen" ein spannender und überaus unterhaltsamer Thriller.
Fazit:
Die beiden Autorinnen Nicole Jamet und Marie-Anne Le Pezennec haben mit "Dolmen" durchaus einen unterhaltsamen und spannenden Thriller geschaffen. Nur an einigen Stilelementen merkt man, dass das Buch aus der Sicht zweier Drehbuchautorinnen geschrieben wurde, was aber dem Lesegenuss nach einer kleinen Eingewöhnungszeit keinen Abbruch leistet. Die Mischung aus Krimi, Mystik und Liebesgeschichte hat ihren eigenen Reiz und gerade die Darstellung des Schauplatzes und der dort lebenden Menschen ist wirklich sehr gut gelungen. Mit "Dolmen" bekommt der Leser einen nicht immer logischen, aber ungewöhnlichen Thriller in die Hand, bei dem sich die Lektüre lohnt.
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