Helmut Kohl: Eine politische Biographie
Story:
Was hat den Politiker Helmut Kohl ausgezeichnet? Wie wurde er zum Bundeskanzler? Und wie hat er die Europäische Union auf den Weg gebracht, gegen den Widerstand aus Groß Britannien?
Meinung:
Es gibt nur wenige ehemalige Politiker, die so umstritten sind, wie Helmut Kohl. Für die einen ist er der Einheitskanzler, für die anderen ein gnadenloser Machtpolitiker. Hans-Peter Schwarz versucht mit "Helmut Kohl: Eine politische Biographie" sich seinem Werk und dem Menschen dahinter zu nähern.
Der Autor wurde 1934 geboren und ist einer der angesehensten Politologen und Zeithistoriker Deutschlands. Seine 1986/91 erschienene Biographie Konrad Adenauers ist ein Standardwerk. Er lehrte in Hamburg, Köln und Bonn und hatte außerdem Gastprofessuren zum Beispiel in Oxford. Für seine wurde er im Laufe seines Lebens mit vielen Auszeichnungen wie zum Beispiel dem Historiker-Preis der Stadt Münster ausgezeichnet.
Es ist ein Mammutwerk, das Hans-Peter Schwarz dem geneigten Leser präsentiert. 1052 Seiten stark ist der Band. Und man kann sich dadurch vorstellen, wie detailliert der Autor sich mit dem politischen Leben seines Biographieobjektes auseinandergesetzt hat.
Und tatsächlich begleitet der Autor sozusagen Helmut Kohl von der Kindheit an bis zur Jetztzeit. Dabei klammert er, wie der Name des Buches schon sagt, das Privatleben des ehemaligen Bundeskanzlers aus und konzentriert sich ganz auf den Politiker Kohl. Und man muss sagen, dass dies dem Band gut tut. Klar, es lässt sich nicht vermeiden, dass er auf Hannelore Kohl eingeht. Doch sie kommt nur am Rande vor, da sie, wie er betont, sich aus dem politischen Geschäft ihres Mannes rausgehalten hat.
Es gibt mehrere zeithistorische Augenblicke, bei denen man sich vorab fragt, wie Schwarz Kohl da darstellen wird. Zum einen die Wiedervereinigung Deutschlands und zum anderen die Spendenaffäre, die an seinem Ruf deutlich genagt hat. Und hier zeigt sich das Können des Autors. Denn besonders bei der Spendenaffäre vermeidet er eine Beurteilung. Er legt fachlich nüchtern die Fakten dar und überlässt es dem Leser sich daraus seine eigene Meinung zu bilden.
Und wenn man sich fragt, was für ein Politiker Kohl war, so liefert Hans-Peter Schwarz auch hierzu eindeutige Antworten. Er bietet dem Leser einen seltenen Blick hinter die Kulissen und legt dadurch dar, was für ein Machtmensch der ehemalige Bundeskanzler war. Mit einem unglaublichen Gespür hat er ihm gefährliche politische Weggenossen ausgeschaltet und nur zugelassen, dass neben ihm nur ungefährliche Mitpolitiker stehen. Die Art und Weise wie er das macht ist beeindruckend. Und man ahnt, dass Angela Merkel in dieser Hinsicht viel von ihm gelernt hat.
Gleichzeitig erhält man auch ein zwiespältiges Bild von der politischen Arbeit Kohls. Denn er hat durchaus brilliante Momente, in denen er mit einem unglaublichen Feingefühl agiert. Vor allem bei der Wiedervereinigung und der europäischen Politik gelingt es ihm, Margaret Thatcher politisch auszuschalten. Aber andererseits kann er auch unbeholfen, ja schon fast hölzern agieren.
Wie bereits erwähnt bleibt Hans-Peter Schwarz weitestgehend neutral. Doch an einigen Stellen kann er sich eine wertende Beschreibung nicht verkneifen. Denn wenn er wiederholt von der heftigen Kritik an Kohls Arbeit aus den Medien berichtet, lässt er diese in keinem guten Licht dastehen. Vor allem über den Spiegel verliert er kein positives Wort. Und die Vehemenz mit der das tut überrascht. Man hat fast das Gefühl die Fortführung einer Privatfehde zu lesen, was einfach nicht in eine Biographie passt.
Trotzdem: Wenn man mehr über den Politiker Kohl lesen möchte, sollte man in den Band "Reinschauen".
Fazit:
Mit "Helmut Kohl: Eine politische Biographie" liefert Hans-Peter Schwarz einen 1052 Seiten stark Band, in dem er sich ausführlich mit der politischen Seite des ehemaligen Bundeskanzlers beschäftigt. Dabei bleibt er stets neutral und versucht Beurteilungen zu vermeiden. Das ist besonders dann beeindruckend, wenn es um die Spendenaffäre geht. Er liefert außerdem einen seltenen Blick hinter die Kulissen des politischen Betriebs. Schade nur, dass der Autor die journalistische Berichterstattung Kohls Zeit bewertet. Da hat man oft das Gefühl, dass er eine Privatfehde mit Spiegel und Co. führt.
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