Guckt ihr nur! Schaufenstergeschichten aus dem Leben zweier Huren
Story:
Sie sind die ältesten Prostituierten Amsterdams: Louise und Martine Fokkens. Und jetzt geben sie einen Einblick in ihr Leben.
Meinung:
2011 kam die niederländische Dokumentation "Meet the Fokkens" heraus. In ihr wurde das Leben der beiden siebzigjährigen Prostituierten Louise und Martine Fokkens erzählt. Der Film wurde preisgekrönt und ein voller Erfolg. Doch laut der Filmemacherin Gabrielle Provaas kamen in dem Streifen längst nicht alle Geschichten unter. Weshalb die beiden Fokkens-Zwillinge beschlossen, diese niederzuschreiben. Das Ergebnis lautet "Guckt ihr nur! Schaufenstergeschichten aus dem Leben zweier Huren".
Die beiden wurden 1942 in Amsterdam geboren. Louise wurde von ihrem Mann dazu getrieben, als Prostituierte zu arbeiten. Ihre Schwester Martine hatte zuerst noch einen "normalen" Job, fing allerdings später ebenfalls an, derselben Tätigkeit wie ihre Schwester nachzugehen. Und sie haben eine Menge zu erzählen.
Dabei gibt es eine klare "Arbeitsteilung". Louise ist für die Vergangenheit zuständig. Sie erzählt, wie es dazu kam, dass sie anfing als Prostituierte zu arbeiten und begibt sich in der Zeit vorwärts. Ihre Schwester hingegen ist für die Gegenwart zuständig. Sie erzählt die aktuellen Erlebnisse mit Kunden. Nur selten wird diese Teilung aufgebrochen, etwa wenn Martine erzählt, wie sie wiederrum Prostituierte wurde.
Und tatsächlich können die beiden auf ein bewegtes Leben zurückblicken. Vieles von dem, was man erfährt, ist lustig. Anderes eher weniger. Wenn beispielsweise ein Baby bei einem Brand umkommt, spürt man die Tränen, die Louise bei dem Schreiben jener Erinnerung zurückhält.
Man darf nicht den Fehler machen und davon ausgehen, dass die beiden hilflose Frauen sind. Tatsächlich drückt sich in ihren Texten eine gehörige Portion Selbstbewusstsein aus. Man hat es hier mit zwei Persönlichkeiten zu tun, die auf das, was sie tun stolz sind. Manche mögen es mit Naserümpfen betrachten, doch für sie ist es das natürlichste der Welt.
Dabei ist es vor allem das, was Louise zu berichten weiß, was den Leser am meisten interessieren dürfte. Wenn sie zum Beispiel darüber schreibt, wie die damalige Prinzessin Beatrix die Damen inkognito besucht hat, ist man sozusagen am Haken. Und auch im weiteren Verlauf schafft es die alte Frau, den Leser zu unterhalten. Dabei wird auch der Verfall der klassischen niederländischen Prostitution beklagt, unter anderem durch die sogenannten Heroin-Huren bedingt.
Dagegen hat Martine es nicht einfach, den Leser zu unterhalten. Und sie schafft es auch nicht. Spätestens beim dritten Kunden, der von ihr auf unterschiedliche Art und Weise verwöhnt wird, stellt sich Langeweile ein. Und wenn sie dann auch noch versucht, mit überraschenden Kunden, wie einem Rabi zu punkten, wirkt dies forciert.
Auch was das Privatleben der beiden angeht, erfährt man nichts. Dabei wäre es besonders bei Louise interessant zu erfahren, wie es ihr gelungen ist, sich endlich von ihrem Mann zu trennen. Bei Martine hingegen würde einen interessieren, wie lange sie verheiratet war. Bis auf Andeutungen erfährt man in dieser Hinsicht überhaupt nichts, was schade ist.
"Guckt ihr nur!" hätte eine interessante Lebenserinnerung sein können. Doch hat man das Gefühl, das mit etwas mehr Informationen das Buch auch hätte besser werden können. Deshalb die Bewertung "Für Zwischendurch".
Fazit:
Zwei altgediente Prostituierte berichten in "Guckt ihr nur! Schaufenstergeschichten aus dem Leben zweier Huren" aus ihrem Leben. Dabei ist Louise für die Vergangenheit, Martine für die Gegenwart zuständig. Eine Aufteilung, die selten durchbrochen wird. Und der Part von Louise ist auch der wesentlich interessantere, wogegen Martine schnell langweilt. Auch hätte man gerne mehr über ihr Privatleben erfahren, wo viele interessante Sachen nur angedeutet werden.
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