Forbidden
Story:
Maya und Lochan sind Geschwister. Und während ihre Mutter falsche Freunde hat und versucht ihrer verlorenen Jugend nachzueifern, kümmern sie sich um ihre jüngeren Brüder und Schwestern. Doch schon bald wird ihnen klar, dass zwischen ihnen etwas ist, was deutlich über geschwisterliche Zuneigung hinaus geht. Sie sind ineinander verliebt.
Meinung:
geschwisterliche Zuneigung hinaus geht. Sie sind ineinander verliebt.
Wenn ein Autor über Inzest, die verbotene Liebe zwischen Geschwistern, schreibt, kann er leicht in Versuchung geraten, die große, moralische Keule zu schwingen. Sich die Mühe machen und auf die Hintergründe einzugehen, machen nur wenige. Und noch seltener ist das Ergebnis ein Buch wie "Forbidden".
Geschrieben wurde der Roman von Tabitha Suzuma. Sie wurde 1975 in London geboren und ist die Tochter einer Engländerin und eines Japaners. Mit 14 Jahren hörte sie auf zur Schule zu gehen nur um zehn Jahre später als Grundschul-Lehrerin zurückzukehren. Seit 2006 schreibt sie Erzählungen für Jugendliche, die allesamt für renommierte Preise wie der Carnegie Medal entweder nominiert wurden oder sie gewannen.
Forbidden erzählt von den Geschwistern Maya und Lochlan. Ihre Familie lebt in einer englischen Sozialsiedlung, ihr Vater hat sich von ihrer Mutter getrennt und ist mit einer anderen Frau nach Australien gezogen. Diese führt ein allzu sorgloses Leben, in dem sie ständig die Freunde wechselt, versucht ihrer längst vergangenen Jugend nachzueifern und das knappe Geld für nutzlose Dinge ausgibt. Ihre Kinder vernachlässigt sie dabei.
Und so obliegt es den beiden ältesten, sich um ihre Geschwister zu kümmern. Doch ist das nicht einfach, weil Willa und Tiffin noch Kleinkinder sind, während Kit mitten in der Pubertät steckt. Eine Phase, die Maya und Lochlan aktuell verlassen. Und schon bald müssen sie feststellen, dass sie füreinander mehr als nur geschwisterliche Gefühle empfinden. Sie sind ineinander verliebt und versuchen damit umgehen.
Tabitha Suzuman gelingt es, einen Roman zu schreiben, der einen emotional enorm mitnimmt. Von Beginn an nimmt die Autorin den Leser auf eine atemraubende Reise mit. Dies jedoch weniger, weil das Buch Actionlastig ist, sondern vielmehr, weil man das Gefühlschaos, in dem die beiden Protagonisten stecken nachvollziehen kann. Es ist die erste Liebe, in der sie sich befinden, etwas was jeder Leser schon einmal erlebt hat. Und ihre Situation wird dadurch verschlimmert, dass sie Geschwister sind.
Die Autorin schildert behutsam, was in den Köpfen ihrer Figuren vor sich geht. Denn Lochlan und Maya wechseln sich bei dem Erzählen der Kapitel ab. So erfährt man bestens, was sie denken und fühlen. Das schlimme ist, sie wissen, dass sie etwas Falsches machen. Und doch können sie nichts dagegen unternehmen.
Dazu kommt auch noch ihre Allgemeinsituation, die unbefriedigend ist. Sie müssten für ihre kleinen Geschwister stark sein, weil ihre Mutter es nicht ist. Sie flieht vor der Realität und macht dadurch alles schlimmer. Es mag übertrieben wirken, wie sie dargestellt wird. Und dennoch muss man bedenken, wie man am Rande immer mitkriegt, wie darüber berichtet wird, wie grausam Eltern teilweise zu ihren Kindern sein können. Im Vergleich zu diesen Horror-Berichten haben die beiden Protagonisten es noch verhältnismäßig leicht.
Und langsam aber sich steuert das Buch auf ein großes Finale zu. Von vorneherein ist klar, dass die Beziehung zwischen Lochlan und Maya nicht friedlich enden kann. Etwas muss passieren. Und als diese Befürchtung eintrifft, ist es nicht die erhoffte Erlösung, sondern der Auftakt zu einem wahren Drama. Ohne jetzt ins Detail zu gehen, erinnert die Auflösung des Konflikts an griechische Tragödien.
Es ist auch nicht denkbar, die einzelnen Personen zu verdammen. Hier gelingt es Tabitha Suzuman perfekt, alle so darzustellen, dass ihr Beitrag zur Geschichte, egal wie er ausfällt, glaubwürdig und nachvollziehbar wirkt. Das gilt ebenso für Kit, den rebellischen Jungen, das Sandwich-Kind.
Wenn das Buch einen Fehler macht, dann ist derjenige, dass es nichts für Leser mit emotionalen Problemen ist. Die Aussage, die das Ende liefert, ist problematisch. Es könnte für die Zielgruppe die falsche Nachricht liefern. Und für diejenigen, die mental gefestigt sind, ist es hingegen etwas, was man zwar akzeptiert. Dennoch schlägt es auf das Gemüt. Man kann dieses Buch nicht einfach so nebenbei lesen. Er verlangt Zeit, um das Gelesene zu verdauen.
Trotz des problematischen Endes ist der Roman ein wahrer "Klassiker".
Fazit:
"Forbidden" von Tabitha Suzuma beschäftigt sich mit dem schwierigen Thema "Inzest". Trotzdem gelingt es der Autorin perfekt, es sensibel zu behandeln. Sie verdammt es nicht, stellt es aber auch gleichzeitig nicht positiv dar. Es ist der Quell einiger Probleme ihrer Hauptpersonen. Zur selben Zeit hat die Schriftstellerin ebenso Erfolg dabei, ihre handlungstragenden Figuren hervorragend darzustellen. Man fühlt mit ihnen mit. Schade ist, dass das Ende so dramatisch wurde. Es liefert eine fatale Aussage, die nicht für jedermann geeignet ist. Andererseits braucht man schon ein festes Gemüt, um dieses grandiose Werk lesen zu können.
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