Die Insel des Dr. Moreau
Story:
Der Engländer Edward Pendrick wird nach einem Schiffsunglück, dem Tode nah, in seinem Rettungsboot von einem mysteriösen Mann namens Montgomery aufgelesen. Bereits an Bord des Schiffes deuten sich die merkwürdigen Tätigkeiten des Merkwürdigen an: Auf dem Schiff befinden sich außer dem Engländer noch ein Puma und ein nicht genau definierbares Geschöpf von häßlicher Erscheinung.
An Land erhärten sich die Vermutungen, die der langsam wieder genesende Pendrick macht: Montgomery entpuppt sich als skrupelloser Forscher, der um der Wissenschaft halber, ohne moralische Bedenken, menschenähnliche Mischwesen aus verschiedenen Tieren züchtet. Diese Geschöpfe beherrschen primitives Englisch und befolgen die Anweisungen Montgomerys, das heißt sie verrichten die niederen Arbeiten und halten sich an die oberste Regel – es ist ihnen strengstens untersagt Blut zu trinken, weil Montgomery sonst einen Rückfall der Mischwesen in die instinktive Lebensweise ihrer tierischen Abstammung befürchtet.
Eines Tages ereignet sich es sich dennoch, dass ein totes Kaninchen gefunden wird. Die Tiermenschen scheinen sich gegen ihren Schöpfer aufzulehnen und Pendrick befindet sich zwischen den Fronten, weil er die abscheulichen Experimente des Wissenschaftlers ablehnt und zwar Mitleid mit den gezüchteten Geschöpfen hat, aber andererseits als Mensch selbst zur Zielscheibe wird.
Meinung:
Der Gründervater der modernen Science-Fiction H. G. Wells liefert mit „Die Insel des Dr. Moreau“ von 1904 („The Island of Dr. Moreau“, 1896) alle Grundideen für die ein knappes Jahrhundert später kontrovers diskutierte Gentechnik. In seinem Roman vermischt der Autor gängige Elemente des Schauerromans geistreich mit der Science-Fiction.
Die Figur „Montgomery“ stellt den Prototypen des gewissenlosen Wissenschaftlers dar, der auf Kosten von ethischen Normen den Fortschritt vorantreiben will. Einmal mehr kommen dem Schriftsteller Wells die Erfahrungen des Wissenschaftlers Wells zugute. Denn sein Studium der Biologie und Chemie dürften das erforderliche Ausgangswissen für die visionären Grundgedanken der „Insel des Dr. Moreau“ bereitgestellt haben.
Der Einfluss dieses Buchs auf die nachfolgenden Künstlergenerationen kann gar nicht hoch genug bemessen werden. Jedoch dürften sämtliche künstlerischen Werke über die Themen „Genmanipulation“ und „Klonen“ auf den Altmeister der Science-Fiction zurückgehen.
Mit dem Motiv des Menschen als Schöpfer greift Wells selbst wiederum auf eine lang bestehende Tradition, meist aus der Schauerliteratur, zurück. Erwähnenswert in diesem Zusammenhang ist die jüdische Golem-Sage, nach der im Mittelalter ein Rabbi einen Beschützer für das Prager Ghetto aus Ton gefertigt haben soll. Ein weiterer Querverweis wäre die Figur des „Frankenstein“ aus dem gleichnamigen Buch Mary Shelleys von 1818.
Fazit:
Ein spannendes und beängstigend aktuelles Buch über wissenschaftliche Skrupellosigkeit und die Vermischung von Erbmaterial.
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