Darkest Powers: Schattenstunde
Story:
Chloe kann Geister sehen, und diese sie ebenfalls. Das
Problem ist, das keiner ihr so recht glauben will, weshalb sie schon bald in
ein Heim für verhaltensauffällige Jugendliche gesteckt wird. Dort will man sie
wegen angeblicher Schizophrenie behandeln. Doch schon bald wird ihr klar, dass
im Lyle House, in das sie gesteckt wurde, merkwürdige Dinge passieren. Und will
sie überleben, muss sie selber herausfinden, was vor sich geht.
Meinung:
Kelley Armstrong? Ist das nicht die Autorin von Biss der
Wölfin? Handelt es sich hierbei also um ein neues Werk der Schriftstellerin?
Leider muss man die letzte Frage verneinen. Denn obwohl man vom Titel her
meinen könnte, dass das Werk hierzulande nie zuvor erschienen ist, offenbaren
etwas Recherche im Internet und der Index des Romans etwas anderes. Die
Trilogie kam bereits in den Jahren 2010 bis 2011 hier in Deutschland heraus.
Damals noch unter dem Reihennamen "Die dunklen Mächte" und publiziert von dem
inzwischen eingestellten Knaur-Imprint "Pan". Der einzige Unterschied zwischen
damals und heute? Knaur bringt die Serie noch einmal neu heraus, dieses Mal mit
dem amerikanischen Cover. Für Neu-Leser, wie der Redakteur einer ist, die Chance,
dieses weitere Werk von Frau Armstrong endlich kennenzulernen.
Chloe Sanders ist eine Spätzünderin. Obwohl sie bereits 15
Jahre alt ist, hatte sie noch nie ihre Periode. Sie geht auf eine renommierte
Kunstschule und möchte später Regisseurin und Drehbuchautorin werden. Gleichzeitig
hat sie jedoch auch ein Geheimnis: Denn sie kann Geister sehen, und diese sie
ebenfalls. Als sie eines Tages bei helllichtem Tage einem solchen begegnet,
halten sie alle für verrückt.
Ihr Vater steckt sie ins Lyle House, einem Heim für
verhaltensauffällige Jugendliche. Dort soll sie auf eine angebliche
Schizophrenie behandelt werden. Doch während sie tapfer die Therapie mitmacht,
werden ihre Geistervisionen immer häufiger. Bald erfährt sie, dass die anderen
Jugendlichen ebenfalls außergewöhnliche Fähigkeiten besitzen. Und als ihre
Altersgenossen nach und nach verschwinden, liegt es an ihr, herauszufinden, was
für ein Geheimnis das Heim hat.
Bislang war Kelley Armstrong vor allem durch ihre "Urban
Fantasy"-Reihe "Women of the Otherworld" bekannt. Wie es dazu kam, dass sie
sich im Gebiet der "Jugend Fantasy" herumtreibt, erklärt sie im lesenswerten
Interview gegen Ende des Buches. Die Kurzfassung lautet, dass es sich hierbei
um ein erfolgreiches Experiment handelt.
Der zu Grunde liegende Gedanke war, was mit Personen
passiert, deren Kräfte in der Pubertät sich manifestieren, wie sie damit
umgehen. Die Idee ist jetzt natürlich alles andere als neu, und wird unter
anderem beim Comic "X-Men" verwendet. Doch Kelley Armstrong schafft es, daraus
etwas Eigenständiges zu machen.
Das liegt vor allem daran, dass sie es vermeidet, die Kräfte
zu konkretisieren. Sie belässt es bei Andeutungen, die klar machen, dass die
Gaben vorhanden sind, ohne festzulegen, worum es sich genau handelt. Die
einzige Ausnahme ist Clou, deren Fähigkeit, Geister zu sehen, sich nicht als
Segen, sondern als Fluch erweist.
Und die Figur ist der Autorin auch gut gelungen. Sie
gefällt, wenn auch allerdings erst nach einer geraumen Zeit. Denn vor allem zu
Beginn wirkt sie fast unerträglich naiv und passiv. Etwas, dass sich erst im
späteren Verlauf der Handlung deutlich ändert.
Und das ist auch etwas, was vom Leser Sitzfleisch verlangt.
Denn die ersten Seiten lesen sich sehr klischeehaft und verlangen von einem
sehr viel Gutglauben. Vor allem die Umsetzung der Null Toleranz Politik an der
Schule von Chloe irritiert stark, ebenso wie die sattsam bekannten
Krankenschwestern in ihrer jeweiligen Persönlichkeit.
Die Autorin kann definitiv besser schreiben, das hat sie mit
"Biss der Wölfin" unter Beweis gestellt. Doch "Darkest Powers – Schattenstunde"
lässt ihre schriftstellerische Fähigkeiten vermissen. So ist das Werk "Für
Zwischendurch" etwas.
Fazit:
Mit "Darkest Powers: Schattenstunde" bringt der Knaur-Verlag
den ersten Band der früher erschienenen Romanreihe "Die dunklen Mächte" neu
heraus. Kelley Armstrongs Roman hat mit Chloe eine abwechslungsreiche Protagonistin
als Hauptcharakter, die im Laufe der Geschichte an Kontur gewinnt. Auch das
Thema Jugendliche mit besonderen Fähigkeiten wird von der Autorin interessant
behandelt. Doch ehe die Story Fahrt aufnimmt, braucht es Zeit. Die muss man
investieren, was das Buch einem nicht gerade erleichtert, da zu Beginn sich die
Klischees häufen. Erst später wird es besser.
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