Hab acht auf meine Schritte
Story:
"Es ist unfassbar, aber ich stehe genau auf demselben Fleck, auf dem ich damals stand, als ich meine Mutter erschossen habe." So beginnt der Roman "Hab acht auf meine Schritte" von Mary Higgins Clark. Mit Mitte dreißig sollte Celia eigentlich eine glückliche Frau sein. Sie hat einen bezaubernden Sohn, einen liebevollen Ehemann, ist finanziell abgesichert und zum Geburtstag bekommt sie von ihrem Mann ein wunderschönes Haus geschenkt. Sie wäre auch eine glückliche Frau, wenn sie nicht ein großes Geheimnis hüten würde. Denn als kleines Mädchen hieß sie noch Liza und wurde angeklagt, ihre Mutter ermordet zu haben. Inzwischen sind 24 Jahre vergangen und niemand in ihrem Umfeld weiß, das Celia mal Liza war und wessen sie beschuldigt wurde. Und so kann sie ihrem Mann auch nicht die Wahrheit sagen, als er ihr durch einen unglückseligen Zufall ihr Elternhaus zum Geschenk macht. Nun zieht die junge Frau wieder an den Ort ihrer Kindheit, und bald machen ihr nicht nur ihre Erinnerungen zu schaffen. Die Befürchtung erkannt zu werden, sowie anonyme Drohungen und Anrufe machen ihr das Leben zur Hölle. Nach und nach erkennt Celia, dass der Tod ihrer Mutter vielleicht doch nicht ihre Schuld war, und sie beschließt auf eigene Faust die Wahrheit herauszufinden.
Meinung:
Mary Higgins Clark ist nicht ohne Grund eine der erfolgreichsten Autorinnen von Thrillern. Auch wenn "Hab acht auf meine Schritte" nicht mit ihren besten Werken mithalten kann, hat sie es doch wieder geschafft, einen unterhaltsamen und spannenden Roman abzuliefern. Von Anfang an besteht kein Zweifel daran, dass die kleine Liza Barton mit zehn Jahren ihre Mutter erschoss. Liza erinnert sich selber nur noch bruchstückhaft an die eigentliche Tat, ist aber fest davon überzeugt, dass sie die Mutter nur hatte beschützen wollen, während die Anklage davon ausgeht, dass das Kind aus Eifersucht und Wut die Mutter tötete. Nach dem Freispruch wird das Mädchen von entfernten Verwandten adoptiert, sie wird in Celia umbenannt und wächst in einem anderen Bundesstaat auf.
Mit Mitte Dreißig kommt Celia zurück in ihre Heimatstadt und hier beginnt der eigentliche Roman. Für die junge Frau beginnt ein Spießrutenlauf. Abgesehen davon, dass sich jeder bemüßigt fühlt sie über ihr neues Haus und den Mord, der darin begangen wurde, aufzuklären, muss sie auch bei jeder Begegnung mit einer Person aus ihrer Kindheit fürchten, dass sie erkannt wird. Sogar ihrem Mann hat sie ihre Vergangenheit verschwiegen, und der Gedanke, dass ihr Sohn unter ihrer Vergangenheit leiden könnte, macht die Gefahr einer Entdeckung nur noch brisanter.
Schnell zeigen sich die ersten Anzeichen dafür, dass zumindest einer ihrer neuen Nachbarn ihr Geheimnis kennt. Angefangen mit Vandalismus am Haus am Tag des Einzugs über anonymen Anrufe und Zeitungsausschnitte, die sich auf den Tod der Mutter beziehen, bis zum ersten Mord, der im Zusammenhang mit den Ereignissen vor 24 Jahren zu stehen scheint.
Der Leser leidet mit Celia mit, die versucht ihr normales Leben aufrecht zu halten, während um sie herum ihre Welt zusammen bricht. Der Ehemann bleibt, trotz der Rätsel, die ihm seine Frau aufgibt, aufmerksam und liebevoll, und trotzdem scheint die Ehe auseinander zu treiben. Die ermittelnden Polizisten samt dem Staatsanwalt sind irritiert aufgrund der widersprüchlich scheinenden Aussagen Celias, und abgesehen von der jungen Frau kann sich keiner die offensichtliche Verbindung zu dem alten Mordfall erklären.
Mary Higgins Clark schafft es gekonnt, den drohenden Zusammenbruch Celias auf der einen Seite, aber auch ihre Entschlossenheit die Wahrheit über das herauszufinden, was in ihrer Kindheit geschah, darzustellen. Durch wechselnde Perspektiven erlebt man auch, wie die Personen in ihrem Umfeld auf die Ereignisse reagieren, wie die Erinnerung an den schrecklichen Mord die geruhsamen Leben der Kleinstadtbewohner in Aufruhr bringt, und wie leicht sich so manch einer mit dem, was er über die Tat weiß, im Laufe der Jahre arrangiert hat und sein Leben ungestört weitergelebt hat.
Wie so oft erinnert einen die Kulisse, die von der Autorin geschaffen wurde, an einen friedlichen See, in den auf einmal ein Stein fällt, der Wellen schlägt und so manches Vergessene an die Oberfläche bringt. Und auch wenn es interessant ist, die Geschichte aus den verschiedenen Perspektiven mitzuerleben, so muss man leider auch zugeben, dass hier die Spannung, neben den psychologischen Auswirkungen des Ganzen auf Celia, etwas untergeht. Der geübte Krimileser hat gewiss schnell den einen oder anderen Verdacht. Und auch wenn man eine zeitlang mitraten kann, so ist das Ende nicht wirklich eine Überraschung.
Fazit:
Mit "Hab acht auf meine Schritte" hat Mary Higgins Clark wieder einen solide geschriebenen Thriller vorgelegt. Auch wenn der Roman weniger von der Spannung während der Ermittlung lebt, als von den psychologischen Auswirkungen, die der Mord an Celias Mutter auch 24 Jahre nach der Tat auf die Bewohner der Kleinstadt hat, so lohnt sich das Lesen auf jeden Fall. Der geübte Krimileser wird vielleicht nicht von der Lösung des Falls überrascht, aber trotzdem bleibt das Buch bis zum Ende unterhaltsam und lesenswert.
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Mary Higgins Clark
Hab acht auf meine Schritte
No Place Like Home
Übersetzer: Andreas Gressmann
Erscheinungsjahr: 2005
Autor der Besprechung:
Konstanze Tants
Verlag:
Heyne Verlag
Preis: € 19,90
ISBN: 978-345-301325-4
432 Seiten
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