Die Rote Wand
Story:
Im ersten Weltkrieg beschließt ein 14 jähriges Mädchen, sich auf die Suche nach ihrem Vater zu machen, welchen sie in den Kämpfen um Tirol aus den Augen verloren hat. Dazu verkleidet sie sich als Mann und zieht in den Krieg entlang der Dolomiten, in der Hoffnung dort ihren Vater zu finden. Doch stattdessen findet sie Kälte, Wanderungen nahe am Abgrund, Alkohol, Zigaretten und immer wieder den Tod.
Meinung:
Das Gespräch mit einem befreundeten Historiker inspirierte David Pfeifer dazu, einen Roman über das Mädchen zu schreiben, welches sich im ersten Weltkrieg freiwillig meldete, um in den Krieg um Tirol zu ziehen. Der Autor wurde 1970 in München geboren und arbeitet als Journalist für verschiedene Zeitschriften unter anderem für den Stern, Neon, Geo und GQ. Mittlerweile ist er verantwortlicher Redakteur für die Wochenausgabe der Süddeutschen Zeitschrift.
Wie häufig bei Büchern, welche von Journalisten geschrieben wurden, sind die Faktengenauigkeit, die ausgeprägte Recherche und der gute Schreibstil auf jeder Seite des Buches spürbar. In einem Interview erzählt er, dass er nur deshalb einen Roman geschrieben hätte, weil die Informationen für ein Sachbuch nicht ausgereicht hätten.
Die Sprache Pfeiffrs stellt einen enormen Wert da. In unaufgeregten Sätzen mit einfacher, klarer Sprache schreibt er keinen Heldenepos über den 1. Weltkrieg, sondern lässt eine Handvoll Figuren ihr Schicksal erleben. Dabei achtet er darauf, keine Partei zu ergreifen, sondern eine sachliche und neutrale Darstellung zu wahren. Dadurch wird das Leid der Menschen realer und nachvollziehbarer für den Leser. Um den Irrsinn weiter zu verdeutlichen, streut der Autor an manchen Stellen Auszüge aus dem Leben in Wien ein, wo Diplomaten in Lackschuhe über das Schicksal von Menschen in über 2000m Höhe entscheiden.
In diesem Buch wird sehr deutlich, dass der eigentliche Feind beider Armeen, welche sich in den Dolomiten gegenüber standen, die Natur und vor allem die Kälte im Winter waren. Die meisten Soldaten waren nicht ausgebildet, sondern es wurden jene in den Krieg geschickt, welche es bis jetzt noch nicht erwischt hatte. Ihr einziger Vorteil bestand darin, dass sie eventuell bergfester waren, da sie die Gegend kannten. Alle Figuren sind menschlich, haben gute und weniger gute Charaktereigenschaften und stehen für Prototypen an Menschen, die in den Bergen ausgeharrt haben. Das Mädchen, dessen Namen der Leser in dem Buch nicht erfährt, kann durch ihre genaue Beobachtungsgabe exakte Personenbeschreibungen liefern.
Zu dem Buch wurde eine App entwickelt, in welcher der Leser durch die virtuelle Berglandschaft spaziert und die Orte besucht, an welchem die Romanfiguren ausharren. Es sind historische Bilder an verschiedenen Orten hinterlegt und Wanderrouten zum nachlaufen angegeben. Die App ist eine nette Idee. Leider verliert man sich leicht in ihr und sie holpert hier da. Es ist allerdings ein wunderbares Konzept, welches eine gute Idee für Fantaysromane wäre.
Fazit:
Pfeifer schreibt kein Buch über den Krieg, sondern eher mit dem Krieg, er ist ein Teil des Buches. Dabei gelingt es ihm nicht zu romantisieren, sondern eher den Wahnsinn in diesem Spiel mit Menschenleben zu beschreiben. Das Buch ist anders als viele Bücher über den Krieg und alleine deswegen schon einen Blick wert. Spannend ist es nicht unbedingt und dennoch möchte der Leser gerne wissen, wie es mit den Figuren weiter geht. Werden sie den Krieg überleben? Welche inneren und äußeren Verletzungen tragen sie davon?
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