Geistergeschichten: Die dunklen Fälle des Harry Dresden 13
Story:
Harry Dresden ist tot. Doch er kann nicht weiterziehen. Ihm wird eine Aufgabe gegeben: Rette drei bestimmte Leben und finde deinen Mörder.
Meinung:
Die letzten "Harry Dresden"-Romane waren ungewöhnlich. Jim Butcher drehte das Leben seines Protagonisten förmlich durch die Mangel, wobei der Höhepunkt dessen Tod am Ende von "Wandel" war. Doch bedeutet dies nicht, dass damit auch die Serie beendet ist. Dass das Gegenteil der Fall ist, beweist "Geistergeschichten".
Harry Dresden ist tot. Aus der Entfernung erschossen und anschließend ins kalte Wasser gefallen. Und auch bei ihm zeigt sich in Tunnel mitsamt eines Lichts an dessen Ende. Nur, dass dieses ein herannahender Zug ist, vor dem er im letzten Moment gerettet wird. Sein Retter führt ihn in eine Art Zwischenstation des Lebens nach dem Tod. Dort wird ihm offenbart, dass er noch nicht weiterkann, da er noch Aufgaben erledigen muss. Zum einen muss er seinen Mörder finden, zum anderen muss er Drei Leben retten.
Als wieder zurück in seinem normalen Chicago ist, muss er feststellen, dass er ein Geist ist. Und als solcher hat er keinen festen Körper, noch kann er mit Normalsterblichen kommunizieren. Sechs Monate sind seinem Verschieden vergangen. Und in dieser Zeit hat sich einiges verändert, wie er feststellen muss. Er macht sich auf die Suche nach seinen Freunden und Verbündete und stößt schon bald auf einen altbekannten Feind.
Man ist von früheren Romanen gewohnt, dass Harry Dresden das Heft der Handlung selbst in der Wand hat. Selbst, wenn er mit dem Rücken an der Wand steht, gibt er nicht auf, sondern sucht aktiv nach einer Möglichkeit, zu entkommen und seinem Feind eines auszuwischen.
In "Geistergeschichten" ist das nicht der Fall. Auf Grund seines Zustandes als körperloser Geist ist Harry Dresden zur Passivität verurteilt. Er muss zusehen und kann nur selten persönlich eingreifen. Etwas, was ihm deutlich nicht passt. Und etwas, was der Geschichte so etwas wie zusätzliche Würze gibt.
Denn durch diesen Zustand kann man sich umso mehr auf die anderen Figuren und den neuen Status Quo von Chicago konzentrieren. Und es wird deutlich, wie sehr Dresdens Präsenz dafür gesorgt hat, dass seine Stadt relativ ruhig und sicher war. Nach seinem Ableben versuchen zwar seine Freunde und Verbündete, ihn zu ersetzen. Doch das gelingt ihnen nicht ganz.
Es ist auch überhaupt interessant, wie sich die Dinge entwickelt haben. Das macht einen Hauptanreiz dieses Romans aus. Zu lesen, wie Karrin Murphy sich härter gibt, als sie eigentlich ist, wie Butters von Bob gelernt hat, und, und, und. Doch die interessanteste Entwicklung hat Molly durchgemacht, Harry Dresdens Lehrling. Ohne zu spoilern. Man hätte ihr früher nicht das zugetraut, was sie jetzt im Roman macht. Es bleibt einem wirklich die Spucke weg und genau wie Karrin Murphy fragt man sich, ob mit ihr alles in Ordnung ist. Die Antwort auf diese Befürchtung muss man gelesen haben.
Doch auch, wenn Harry Dresden eher passiv bleibt, ist er immer noch die Hauptfigur. Und Jim Butcher ist nicht dumm. Er weiß schon, wie er seinen Titelcharakter so in die Handlung einbauen muss, damit man als Leser bei der Stange bleibt.
Und in der Tat wird diese Passivität für ein gewisses Innehalten genutzt. Zum Reflektieren über sein bisheriges Leben. Und hier spielt Jim Butcher mit den Erwartungen des Lesers. Denn der Tonfall dieser Reflektionen wirkt negativ, schon fast zu sehr. Und dafür präsentiert der Autor eine Begründung, die nicht nur logisch ist, sondern auch viel Potential für die Zukunft bietet.
Doch es gibt auch Momente, in denen Dresden der Alte ist. Dann ist er jemand, der das Böse bekämpft und sich um die kümmert, die eine zweite Chance verdienen. Dieser Teil seiner Persönlichkeit tritt dabei durch die besonderen Umstände der Geschichte nur noch mehr hervor.
Und deshalb ist "Geistergeschichten" ein wahres Highlight! Es verdient den "Klassiker" und den "Splashhit".
Fazit:
Erneut liefert Jim Butcher einen gelungenen "Die dunklen Fälle des Harry Dresden"-Roman ab. Der 13. Roman, "Geistergeschichten", bricht dabei mit dem üblichen Erzählungsstandard, in dem er den Hauptprotagonisten überwiegend zum Passivsein verdammt. Dadurch legt sich der Fokus umso mehr auf die Nebenfiguren und wie sich seit dem Tod des Titelheldens verändert haben. Natürlich bleibt Harry Dresden immer noch die Hauptfigur und der Autor baut ihn dementsprechend in die Handlung ein. Und dabei spielt er mit den Erwartungen des Lesers.
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