Folke 02: Das Drachenboot
Story:
Seit den Ereignissen von Der Thorshammer sind etwa zwei Jahre vergangen. Folke lebt immer noch bei seinem Onkel in Haithabu, aber nun bekommt er Gelegenheit zu einer Reise. Denn in der Wikingerstadt macht ein norwegisches Kriegsschiff Station, und einer der Männer ist schwer verletzt. Der junge Schiffsbauer soll für die Rückreise den Platz des Verwundeten auf der Ruderbank einnehmen, und bei der Gelegenheit wertvolle Erfahrungen mit der norwegischen Art des Bootsbaus sammeln.
Aber bereits beim ersten Halt, beim kleinen Dorf Visby auf Gotland, kommt es zu Schwierigkeiten. Es gibt nicht nur Streit zwischen dem Bootsführer und einem Kaufmann, sondern auch bei den Norwegern untereinander. Und was hat es mit Sven auf sich, den seine Sippe in Haithabu regelrecht zum Dienst auf dem Schiff gezwungen hat? Als ein kriegsgefangener Slave, den die Norweger als Sklaven verkaufen wollten, tot aufgefunden wird, drohen sich die Konflikte blutig zu entladen.
Meinung:
So, liebe Kinder, war das bei den alten Wikingersleut'. Bot der erste Wikingerkrimi auf der Feder von Kari Köster-Lösche noch einen kurzweiligen Einblick in die Welt der alten Nordmänner, fällt bei diesem Roman das "eingebaute Geschichtsbuch" schon negativ auf. Man hat immer wieder das Gefühl, dass Figuren und Handlung vor allem dafür da sind, dass die Autorin die Verhältnisse und die Art zu Denken zur damaligen Zeit vorstellen kann. Als Krimi kann sich das Buch kaum noch bezeichnen, es erzählt eher eine Abenteuergeschichte - mit, böse ausgedrückt, betont lehrreichem Unterton.
Diese Denkungsarten unterscheiden sich denn auch in vielem von unseren heutigen. Beispielsweise hat keiner der Protagonisten Einwände gegen den Plan, im folgenden Sommer ein kleines Dorf zu überfallen und dessen Bewohner als Sklaven zu verkaufen. Man streitet sich höchstens, welche Sippe dieses hochlukrative Handelsgeschäft machen darf. Folke selbst ist inzwischen verheiratet, allerdings nicht mit der jungen Hallgärd, in die er im vorherigen Band noch bis über beide Ohren verknallt war. Die ist mal eben völlig von der Bildfläche verschwunden. Stattdessen ist der junge Bootsbauer eine arrangierte Ehe mit einer Frau aus einer anderen Sippe eingegangen. Und die Unterstellung, man würde seine Händel nicht mehr selbst austragen, sondern bei Versammlungen und Gerichten vortragen, ist eine Beleidigung, die ihrerseits nach Axt und Schwert schreit.
Diese Geisteshaltung und die sich daraus für das Zusammenleben ergebenden Konsequenzen stellt Köster-Lösche anschaulich dar. Die Figuren sind ihr auch diesmal gut gelungen, und sogar Folkes nach wie vor vorhandene deutliche Neutralität fällt nicht mehr so negativ auf. Auch die teils ziemlich altbackenen Wendungen, die sich in "der Thorshammer" noch fanden, gibt es kaum noch. So wirklich in Schwung kommt die Geschichte aber trotzdem nicht. Stattdessen plätschert die Handlung, Blutfehde und Mordbrennen zum Trotz, eher so dahin.
Das mag klingen als wäre "Das Drachenboot" ein Totalausfall. So schlimm ist es auch wieder nicht. Aber gerade der erfahrene Leser wird das Potential erkennen, das dieser Roman gehabt hätte, und das die Autorin fast völlig vergibt. So bleibt eine Geschichte, die ihre Leser für einige Zeit in die Welt der alten Wikinger entführt, und die mit einem "Für zwischendurch" genau richtig bedient ist.
Fazit:
Der zweite Wikingerkrimi von Kari Köster-Lösche gibt erneut einen guten Einblick in das Leben der alten Nordmänner. Ansonsten vergibt der Roman aber viel von dem Potential, das eigentlich da gewesen wäre. Speziell der fast schon schulmeisterliche Unterton fällt negativ auf.
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