Bohlst du noch oder klumst du schon?: Der Siegeszug des Banalen und wie man ihn durchschauen kann
Story:
Jeder junge Mensch kann die Kürzel DSDS oder GNTM auflösen. Sie bezeichnen Serien, die inzwischen ihren Alltag bestimmen. Doch was ist der Grund für den Erfolg dieser Casting-Shows?
Meinung:
Man kann sich inzwischen kaum eine Zeit vorstellen, in der nicht Casting-Shows mit "Deutschland sucht den Superstar" oder Reality-Sendungen wie "Daniela Katzenberger" das Programm bestimmten. In seinem Buch "Bohlst du noch oder klumst du schon? Der Siegeszug des Banalen und wie man ihn durchschauen kann" beschäftigt sich Bernd Gäbler mit dem Erfolg dieser Sendungen.
Der Autor wurde 1953 geboren. Er studierte in Marburg und Bonn Soziologie, Pädagogik und Politologie, ehe er als Journalist für Printmedien und fürs Fernsehen tätig war. Er leitete das Medienressort der ZEIT und war Geschäftsführer des Grimme-Instituts in Marl. Seit 2005 ist er als freier Publizist tätig und lehrt Journalistik an der FHM Bielefeld, wo er seit 2011 Honorarprofessor ist.
Dieter Bohlen demütigt jemanden beim Vorsingen. Und die Zuschauer finden das klasse. Heidi Klum drangsaliert ihre Mädchen und zwingt sie in eine Schablone. Und die Einschaltquoten lassen sich sehen. Ein Millionärsehepaar ohne Manieren wird im Alltag gefilmt. Und die Leute vorm Fernseher amüsieren über deren Eskapaden.
Dies sind nur drei Beispiele für Situationen und Sendungen, die bei jungen Zuschauern sehr beliebt sind. Fernsehsendungen wie "Deutschland sucht den Superstar" oder "Berlin - Tag und Nacht" sind bei ihnen ein Riesenerfolg, auch wenn sie ein vollkommen falsches Bild der Realität transportieren. Wieso ist dem so? Was ist der Grund für ihren "Siegeszug".
Bernd Gäbler hat sich damit beschäftigt. Er hat sich, so zumindest er Eindruck vom Lesen her, wirklich hingesetzt und sich alle Episoden von Serien die "Daniela Katzenberger" angeschaut, und analysiert. Das muss keine angenehme Arbeit gewesen sein. Doch das Ergebnis ist erstaunlich und löst beim Lesen Respekt für seine Arbeit aus.
Es gelingt dem Autoren jede Sendung in ihrer Arbeitsweise zu analysieren und vorzustellen. Und dabei bleibt einem beim Lesen teilweise die Spucke weg. Wenn jemand vorgeführt wird und das Bildmaterial hinterher auch noch verstärkend bearbeitet wird, kann man nur den Kopf schütteln. Und ständig fragt man sich, wie es nur sein kann, dass die jungen Leute diese mediale Verblendung widerspruchslos akzeptieren, obwohl die infamen Tricks der Produzenten jener Serie so offensichtlich zu sein scheinen.
Bernd Gäbler gibt hierauf keine Antwort. Er kann sie auch nicht geben. Er kann nur kritisieren. Er kann nur aufzeigen, wie die Mechanismen funktionieren, und darauf hoffen, dass sich unter den Lesern Leute befinden, die daraus eine Lektion ziehen können, um die Jugend wiederrum auf den richtigen Weg zu führen. Was keine einfache Aufgabe sein wird.
Wäre es dann nicht einfacher, das Buch direkt einem Jugendlichen zu geben? Damit er selbst liest, wie er manipuliert wird? Leider nicht. Denn fatalerweise muss man an dem Buch kritisieren, dass Bernd Gäbler zu distanziert schreibt. Teilweise hat man das Gefühl eine wissenschaftliche Arbeit vor sich zu haben, so professionell kühl klingt der Band an einigen Stellen. Zwar bemüht sich der Autor einen Schreibstil zu wählen, der wirklich von jedermann verstanden werden kann. Doch an einigen Stellen rutscht ihm eine hochgestochene Formulierung durch. Etwa, wenn er von einer "kulturellen Distinktion" redet.
Deshalb wird der Band auch zum "Reinschauen" empfohlen.
Fazit:
In seinem Sachbuch "Bohlst du noch oder klumst du schon" beschäftigt sich Bernd Gäbler mit dem Erfolg von Sendungen wie "Deutschland sucht den Superstar" oder "Daniela Katzenberger". Er muss sich wohl wirklich jede Episode der Serien angesehen haben, was sicherlich nicht einfach war. Umso größer der Respekt für seine Arbeit, denn das Ergebnis ist erstaunlich. Herr Gäbler analysiert ausführlich die Methoden dieser TV-Sendungen und löst so beim Lesen Kopfschütteln über diese aus. Schade nur, dass der Text stellenweise zu kühl wirkt und an einigen Stellen hochgestochene Formulierungen durchrutschen, die das Buch deshalb nicht für jedermann geeignet machen.
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