Der Zorn der Trolle
Story:
Christoph Hardebusch lebt und schreibt in Lüdenscheid. Der ehemalige Werbetexter wurde 1974 geboren und konnte mit dem Auftakt der Trolle-Trilogie den Deutschen Phantastikpreis erringen. Mit dem vorliegenden Roman legt er den Abschluss der hoch gelobten Reihe rund um die ungeschlachten, aber aufrichtigen Trolle vor.
Was bisher geschah? Im ersten Buch "die Trolle" konnte der Leser den jungen wlachakischen Rebellen Sten cal Dabran bei einer Reise mit seinen ungewöhnlichen Reisegefährten begleiten. Gemeinsam mit 5 Trollen, die sich an der für sie ungewohnten Oberfläche nur schwer zu Recht fanden, legte die kleine Gruppe einem religiösen Kult das Handwerk, dessen Treiben das Land in seinen Grundfesten zu erschüttern droht. Aus der Freundschaft entstand ein Pakt, der es den Wlachaken ermöglichte, einen Teil ihres durch die Masriden besetzten Landes mit Hilfe der Trolle zurückzuerobern. Die Rezension zum ersten Band ist hier zu finden.
"Die Schlacht der Trolle" führt den Leser tief in die Gebeine der Welt. Die mächtigen Trolle haben mit Problemen in den eigenen Reihen zu kämpfen: Anda formiert die düsteren Tiefentrolle zu einer neuen Macht und so töten sogar Trolle ihres Gleichen. Kerr, ein ungewöhnlich kluger Vertreter seiner Art, macht sich auf um Stens Hilfe zu erbitten. Schon einmal haben er und die Trolle sich beigestanden. An der Oberfläche werden die Wlachaken erneut in einen Krieg gegen einen korrupten Herrscher der Masriden verwickelt. Erneut stehen sich Menschen und Trolle bei. Die Rezension zum zweiten Band ist hier zu finden.
Teil 3: Der Zorn der Trolle
Dem Land zwischen den Bergen waren Jahrzehnte des Friedens vergönnt. Sowohl die Masriden als auch die Wlachaken haben die Zeit genutzt, um Ihre Völker näher aneinander zu führen. Sten ist mittlerweile ein erfahrener Voivoide und leitet mit sicherer Hand die Geschicke seines Volkes. Tamar seinerseits führt die Masriden an und fährt ebenfalls einen Kurs der Verständigung. Doch die alten Konflikte brodeln noch immer… Kerr ist ein wichtiger Ratgeber unter den Trollen und sowohl die dunklen Kinder Andas als auch die anderen Trolle vertrauen seinem Urteil.
Aus Furcht vor einem erneuten Krieg zwischen den beiden Trolltypen sucht Kerr erneut seinen alten Freund Sten auf. Er möchte den Dunkelgeist, den Geist des Landes heilen. Ein Geistseher bringt Kerr und seine Begleiter auf die Idee, ein altes Artefakt aus der fernen Hauptstadt Dyriens zur Heilung des Dunkelgeistes zu verwenden. Auf der langen Reise in das Imperium werden die Trolle von Stens Sohn Ionnis begleitet.
In Wlachkis versucht Sten in der Zwischenzeit herauszufinden, wer hinter dem Mord an seiner Schwester Flores und dem masridischen Herrscher Tamar steckt. Diese rücksichtslose Tat könnte der Beginn neuer Kriegshandlungen zwischen den Wlachaken und den Masriden sein, da auf beiden Seiten schon Kriegstreiber Gleichgesinnte um sich versammeln.
Meinung:
Ist größer auch besser?
Ganz klar: Das Konzept musste für den dritten Teil verändert werden um noch spannend zu sein. Deswegen gibt es jetzt von nahezu allem mehr: Mehr Charaktere, mehr Schauplätze, größere Schlachten und mehr Handlungsstränge… Die Alten machen für die jungen Platz und diese neue Generation der Helden ist buchstäblich "nicht von schlechten Eltern".
Die neue Generation
Bereits im zweiten Teil hat der Autor einen mutigen Schritt gewagt, in dem er Druan, den bis dahin verständigsten der Trolle, in den Tod schickte. Einmal lieb gewonnene Charakter in die ewigen Jagdgründe der Fantasy-Literatur eingehen zu lassen, ist immer eine Entscheidung mit zwei Seiten. Kerr konnte Druan ersetzen, zugegeben… Aber zu Beginn des dritten Bandes stirbt nicht nur die wortgewandte und kriegerisch begabte Schwester Stens, Flores cal Dabran, sondern auch Tamar Bekessar, der strahlende Anführer der Masriden aus dem zweiten Roman.
In den vergangenen 20 Jahren hat Sten mit der inzwischen ebenfalls verstorbenen Vicina - leider erfährt man keine Details zu ihrem Abgang - zwei Kinder großgezogen: Natiole und Ionnis. Und auch Sargan der clevere Spion hat wieder einige (leider recht kleine) Auftritte. Er hat es zu Macht und Reichtum gebracht und seine Tochter Artheines ist eine gern gesehene Besucherin am Hof in Teremi. Schließlich hinterlassen auch Flores und Tamar eine Erbin: Anna - nicht weniger scharfzüngig und mit den Schwertern genauso begabt wie ihre Mutter, verspricht auch sie noch auf sich aufmerksam zu machen.
Alles in allem ist Christoph Hardebusch am Ende des Buches gelungen, womit ich zu Beginn nicht gerechnet habe: Die alten Helden werden nicht vergessen und vermisst, und dennoch verstehen die Söhne und Töchter der Kämpen von einst es zu fesseln.
Masriden und Wlachaken im Angesicht der Bedrohung vereint?
Der Konflikt zwischen den beiden Völkern die in Wlachkis leben ist so viele Seiten alt, wie die Trilogie bisher umfasst. Trotzdem wirkt die Thematik nicht abgegriffen. Beispiele aus der realen Geschichte zeigen, dass Groll auf Andersartige sehr tief sitzen und Generationen überdauern kann. Wie der Autor den Prozess des langsamen Aufeinander Zugehens beschreibt, wirkt gekonnt und verleiht den beiden Gruppierungen in dem Land viel Plastizität. Selbst die Anführer Sten cal Dabran, der mutige, sture, alternde Rebell auf der einen, und Tamar, der stolze etwas hochnäsige Fürst aus altem Adel, auf der anderen Seite, müssen gegen ihre eigenen Vorurteile ankämpfen, um kluge Entscheidungen zu fällen.
Da im Laufe der Geschichte klar wird, dass ein Feind von außen beide Völker in gleichem Maße bedroht, tun Sten und seine Söhne, Kerr der kluge Troll und auch Flores' Tochter alles um die Bevölkerung des Landes zwischen den Bergen zu einen. Ob Ihnen das gelingt und ob die Streitmächte der Wlachaken und Masriden gegen das dyrische Imperium bestehen können, soll hier nicht verraten werden. Allerdings ist der Weg zur entscheidenden Schlacht unglaublich spannend und kurzweiliger denn je.
Die Trolle…
Wie in den ersten beiden Teilen der Trilogie, so spielen die namengebenden Kreaturen auch im dritten Band eine eher untergeordnete Rolle. Natürlich ist es amüsant mit zu erleben, wie Kerr und seines Gleichen auf die in Ihren Augen noch viel wunderlichen in Gold gekleideten Dyrier und deren Prachtbauten reagieren. Aber alles in Allem ist dieser Kunstgriff nach zwei langen Romanen nicht mehr neu. Die Kampfszenen und der stetig schwelende Konflikt zwischen den ursprünglichen Trollen und den noch wilderen, dunkleren Trollen Andas - den sogenannten "Tiefentrollen" - ist da schon spannender gestaltet. Ganz so tiefschichtig wie die 5er-Guppe zu Beginn der Geschichte die Sten im Wald aufgelesen hat, wirken die aktuellen Akteure aber nicht.
Die losen Enden verknüpfen… und hier wie da eine Masche fallen lassen?
In kleinen Episoden springt die Geschichte zwischen den verschiedenen Protagonisten hin und her: Mal ins Dyrische Imperium, mal zu Azoth, einem Tiefentroll in der Nähe des Dunkelgeists, bevor sich der Leser neben Sten in Teremi oder bei Cornell einem Sonnenpriester hinter feindlichen Linien wiederfindet. Das ist wirklich spannend und die kurzen Abschnitte enden meist geschickter Weise so, dass man den nächsten unbedingt noch lesen möchte... Ärgerlich ist hingegen, dass einige besonders spannende Szenen zu Gunsten des großen Roten Fades ausgespart werden. Beispielsweise kämpfen die Trolle als Gladiatoren in einer Dyrischen Arena, doch das Event wird nach einer viel versprechenden Einleitung sich selbst überlassen und der Leser an einen anderen Schauplatz versetzt. Die Auswahl der virtuellen "Schnitte" wirkt gelegentlich ungünstig.
Ein episches Ende
Ohne allzu viel zu verraten: Das Ende birgt keine großen Überraschungen führt aber in einem wirklich furiosen Rahmen zu Ende was der Autor begonnen hat. Die Trolle haben ihren Auftritt. Es kämpfen Masriden, Wlachaken, Dyrier, Monstren aus deren Imperium, Sonnenpriester, Geistseher und auch der Dunkelgeist selbst tritt in Erscheinung. Hier werden alle Register gezogen, das ist Fantasy-Literatur und macht einfach Spaß.
Fazit:
Damit die Trolle und ihre menschlichen Freunde auch ein drittes Mal begeistern, musste das Konzept angepasst werden und das hat bis auf kleine Schönheitsfehler, wie die teilweise unglücklichen Handlungssprünge und den fehlenden Tiefgang einiger Troll-Figuren auch hervorragend geklappt. Die neue Generation von Helden rund um Stens Söhne hat sich bewährt.
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