Der geheime Name
Story:
Das Kind wurde ihm versprochen. Damals und auch heute. Doch beide Male wurde er betrogen. Nicht mehr. Denn jetzt setzt er alles daran, das zu finden, was ihm gehört!
Meinung:
Es gibt im Prinzip kein Kind, welches nicht weiß, was in dem Märchen "Rumpelstilzchen" passiert. Es ist eines der bekanntesten der Grimm'schen Brüder. Die Autorin Daniela Winterfeld geht nun in ihrem Roman "Der geheime Name" davon aus, dass jenes Männchen wirklich existierte.
Bei dem Namen handelt es sich um ein Pseudonym der Schriftstellerin Daniela Ohms. Sie wurde 1978 geboren und studierte Literaturwissenschaften mit Psychologie und Geschichte als Nebenfächern. Jetzt lebt sie mit ihrer Familie in Berlin und arbeitet in einer Literaturagentur.
Seit sie denken kann, ist die 18jährige Fina gemeinsam mit ihrer Mutter auf der Flucht vor ihrem gewalttätigen Vater. So hat sie fast die gesamte Welt bereist und ist dementsprechend multilingual begabt. Doch ihre wahre Leidenschaft gehört der Fotografie. Und diese möchte sie auch studieren und dabei endlich sesshaft werden. Doch ihre Mama will dies nicht. Sie will weiterziehen und hat bereits eine Reise nach Neuseeland gebucht. Da erfährt Fina, dass sie die ganze Zeit belogen wurde. Entsetzt flieht sie zu der einzigen Person, der sie noch Zutrauen schenken kann: Ihrer Großmutter.
Diese lebt in Deutschland, in der Lüneburger Heide. Sie nimmt ihre Enkelin mit offenen Armen auf. Und langsam beginnt Fina sich heimisch zu fühlen, etwas, was ihr schon lange Zeit nicht möglich war. Doch eine große Gefahr zieht herauf. Im nahegelegenen Moor lebt Rumpelstilzchen. Und jener hat ein Auge auf sie geworfen, denn sie wurde ihm vor langer Zeit versprochen. Deshalb schickt er seinen Diener, den Jungen Mora, aus, um sie anzulocken. Wird sein perfider Plan funktionieren?
Von Anfang fällt auf, wie Frau Winterfeld ihre Geschichte mit einer Liebe zum Detail schreibt. Jede Seite, jeder Satz trägt Informationen darüber, wie die Welt aussieht, wie sie funktioniert und in welcher Position die Figuren zueinander stehen. Dadurch wirkt der Roman lebendig und anziehend.
Was sicherlich auch daran liegt, dass mit Rumpelstilzchen ein Gegenspieler gewählt wurde, der jedem Leser bekannt sein dürfte. Die Autorin begnügt sich allerdings nicht damit, ihn wie aus den Märchen bekannt zu schreiben. Stattdessen erweitert sie seine Figur, baut sie aus und fügt viele Erklärungen bei, die ihre Handlungsweise nachvollziehbarer machen. Er ist zwar noch immer der Bösewicht. Doch kann man seine Motivation verstehen. Stellenweise fühlt man sogar fast etwas wie Mitleid mit ihm. Aber auch nur fast.
Auch der junge Mora überzeugt. Er ist eine zerrissene Figur. Jahrelang wurde er von Rumpelstilzchen im Moor gefangen gehalten und dort erzogen. Das Ergebnis ist eine etwas lebensfremde Figur, die erst von Fina selbst quasi dazu erzogen werden muss, wie ein normaler Mensch zu agieren. Dass er sich gleichzeitig zu ihr hingezogen fühlt, ist dabei für einen aktuellen Fantasy-Roman nahezu selbstverständlich.
Allerdings strapaziert Frau Winterfeld an vielen Stellen die Logik ihrer Geschichte. Das fängt schon bei der Oma an, die widerspruchslos hinnimmt, wenn ihre Enkelin über mehrere Tage hinweg fortbleibt. Eine Erklärung für diese Haltung wird nicht geliefert.
Und leider ist auch die Protagonistin Fina selber ein Schwachpunkt der Geschichte. Nie hat man das Gefühl, sie richtig kennenzulernen. Bis auf ein paar Eckpunkte bleibt sie in ihrer Charakterisierung deutlich hinter den anderen handlungstragenden Figuren zurück.
So ist "Der geheime Name" trotz guter Ansätze leider nur ein mittelmäßiger Roman. "Für Zwischendurch" ist er allerdings lesbar.
Fazit:
"Der geheime Name" bedient sich dem Grimm'schen Märchen
Rumpelstilzchen. Die Autorin Daniela Winterfeld nimmt die Sage als Grundlage
für eine Geschichte, in der alles voller Informationen steckt. Dadurch wirkt
die Geschichte lebendig und anziehend. Auch die Rolle des Gegenspielers
überzeugt. Was auch für die Figur Mora gilt. Hier schildert die
Schriftstellerin einen Charakter, der innerlich zerrissen ist. Leider wird die
Logik des Plots viele Male überstrapaziert. Und die Hauptfigur Fina kann leider
als Handlungsträger nicht überzeugen, die sie in ihrer Charakterisierung
deutlich hinter den anderen Figuren zurück bleibt.
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