Palast der Hoffnung
Story:
Als der König Drupad von Panchal die Götter um einen
Thronfolger bittet, erhält er ihre Gunst. Am Ende eines Zeremoniells kriegt er
einen Sohn, aber auch eine Tochter. Letztere versucht er so gut es geht zu
ignorieren, bzw. zu verheiraten. Doch ihr wird eine große Zukunft vorausgesagt.
Sie wird eines Tages diejenige sein, die ein Zeitalter vernichten wird.
Meinung:
Literatur, die in Indien spielt, ist in unseren westlichen
Gefilden verhältnismäßig selten zu finden. Oft genug lesen wir Bücher, die beispielsweise
in Italien, Schweiz oder Schweden stattfinden. Auch Amerika ist als
Handlungsschauplatz sehr beliebt. "Palast der Hoffnung" ist deshalb eine
Ausnahme einer ganzen Reihe von Regeln. Zum einen ist der Roman kein Krimi oder
ähnliches. Zum anderen spielt er in der Vergangenheit, zu einer Zeit, als man
hierzulande noch seine Ahnen anbetete.
Geschrieben wurde das Buch von Chitra Banerjee Divakaruun.
Sie wurde 1956 in Kalkutta, Indien geboren und erhielt 1976 ihren Bachelor an
der dortigen Universität. Im selbigen Jahr zog sie auch in die USA, wo sie 1985
an der Universität von Berkley ihren Doktor erhielt. Ihre Dissertation schrieb
sie über Christopher Marlowe. Seit 1990 ist sie als Schriftstellerin und
Dichterin aktiv. Als Autorin lässt sie sich nicht auf ein einziges Genre
eingrenzen, da sie sowohl Fantasy-Literatur produziert, als auch Geschichten,
die realistisch gehalten sind.
"Palast der Hoffnung" basiert auf der indischen Saga Mahabharata.
König Drupad von Panchal ist kinderlos, weshalb er die Götter in einem
mehrtägigen Ritual um Hilfe bittet. Und tatsächlich, gerade als die Zeremonie
zu Ende ist, entsteigen aus dem Feuer zwei Kinder, ein Junge und ein Mädchen.
Der Regen freut sich über ersten und nennt ihn Dhri. Über letztere, die
Panchali genannt wird, sieht er hinweg. Für ihn ist sie ein Klotz am Bein, der
am besten schnell verheiratet wird.
Doch eine Prophezeiung sagt voraus, dass sie eines Tages
eine mächtige Frau wird. Sie wird der Auslöser für einen Krieg sein, der das
aktuelle Zeitalter beendet. Sie wird mit fünf Männern verheiratet sein, jedoch
niemals wissen, wer sie wirklich liebt. Verzweifelt versucht Panchali einen Weg
zu finden, um diese Weissagung zu verhindern. Und dann kriegt sie drei
Ratschläge, die ihr eventuell helfen könnten, noch alles abzuwenden. Doch
lassen die Götter es wirklich zu, dass man sich gegen die Vorherbestimmung
auflehnt?
Eine Saga, die aus der Perspektive einer Frau erzählt wird,
die ursprünglich eher eine wichtige Nebenfigur war? Wieso denkt man da
automatisch an "Die Nebel von Avalon", von Marion Zimmer Bradley? Weil die
amerikanische Autorin mit diesem Werk bekannt wurde und eine feministische
Perspektive in die Sagenwelt von König Arthur einführte. Jetzt könnte man
natürlich der Vermutung erlegen, "Palast der Hoffnung" als Kopie jenes Werkes
abzutun. Doch wäre dies ein Fehler, denn in Wahrheit sind beide Romane
grundverschieden.
Das liegt vor allem an den zu Grunde liegenden Mythen und
Kulturen. Die von Frau Divakaruni unterscheidet sich schließlich völlig von der
von Frau Zimmer Bradley. Denn in ihrem Buch kommt die Religion nicht schlecht
weg. Sie ist allgegenwärtig und ist mit der Realität der Handlung aufs engste
verflochten.
Das merkt man schon, wenn man die Protagonisten auf ihrer
Reise durch die Handlung begleitet. Da begegnet man einem Mann, der einst eine
Frau war, und eine Waffe führt, die von den Göttern gesandt wurde. Ein Weiser
sitzt mit dem Gott Ganesha zusammen, während er arbeitet. Und dann natürlich
auch die Herkunft von Panchali und Dhri.
Frau Diviakaruni erschafft eine dichte Atmosphäre, in der man
meint, die Farben schmecken zu können und die Umgebung der Protagonisten erspüren
zu können. Sie erzeugt so einen Sog, dem man sich nur schwer entziehen kann.
Und sie macht es noch schwerer, indem sie eine packende Handlung schreibt.
Denn dadurch, dass das Schicksal von Panchali bekannt ist,
bekommt ihr Bemühen es doch noch zu verändern, eine dramatische Note. Man fühlt
und leidet mit ihr. Denn sie ist eine sympathische Frau, hochintelligent, nur
leider in einer Gesellschaft geboren, in der Vertreter ihres Geschlechts es
sehr schwer haben.
Allerdings fällt das Lesen nicht ganz so einfach, wie man es
gerne hätte. Denn dadurch, dass der Roman aufs engste mit der indischen Kultur
verflochten ist, hat man es manchmal schwer, gewisse Dinge nachvollziehen zu
können. Zwar wurde ein Glossar mit den wichtigsten Begriffen, sowie eine
Übersicht über die wichtigsten handlungstragenden Personen eingebaut. Doch
hilft dies nicht immer, einige Figuren, deren Namen ähnlich lauten, auseinander
zu halten.
Doch davon mal abgesehen ist "Palast der Hoffnung" eine
Wucht. Man muss zwar einiges einfach so akzeptieren, doch lohnt es sich einfach
mal ein "Reinschauen" zu riskieren.
Fazit:
In "Palast der Hoffnung" erzählt Chitra Banerjee Divakaruni
ihre Version des indischen Mythos Mahabharata. In ihrer Geschichte ist die
Religion und Mythologie des Kontinents aufs engste mit der Realität der
Handlung verflochten. Dadurch erschafft sie eine äußerst dichte Atmosphäre,
deren Sog man sich nur schwer entziehen kann. Auch die Handlung, das vorherbestimmte
Schicksal von Panchali, sorgen dafür, dass man den Band nur schwer zur Seite
legen kann. Allerdings hat diese dichte Verflechtung mit der indischen Kultur
auch Nachteile. Manchmal verliert man den Überblick, was jetzt was bedeutet und
in welchen Kontext es eine Person jetzt beeinflusst.
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