Was wäre geschehen, wenn?: Wendepunkte der Weltgeschichte
Story:
Wie würde die Welt aussehen, wenn Hitler nicht Selbstmord begangen hätte? Wie, wenn Sokrates im Krieg gefallen wäre? Und wie, wenn Jesus von Pontius Pilatus begnadigt worden wäre?
Meinung:
Die Weltgeschichte ist voll von entscheidenden Momenten. Es sind Augenblicke wie der Selbstmord von Hitler oder der Erfolg von Wilhelm der Eroberer. Doch was wäre, wenn die Ereignisse nicht so abgelaufen sind, wie bekannt? Dieser Frage geht Robert Cowley in "Was wäre geschehen, wenn?: Wendepunkte der Weltgeschichte" nach.
Cowley ist US-Amerikaner. Er ist Experte in Militär-Geschichte, mit einem Schwerpunkt auf Amerika und Europa. "Was wäre geschehen, wenn?: Wendepunkte der Weltgeschichte" ist sein zweiter Band zu solchen potentiellen alternativen Geschichten. Und ein weiterer befindet sich in Arbeit. Aktuell lebt er abwechselnd in New York und Conneticut.
Der Begriff "Alternate History" ist in der Science Fiction-Szene weit verbreitet. Er kennzeichnet Werke, die in einer Realität stattfinden, die bis zu einem gewissen Punkt der unseren ähneln, aber gleichzeitig doch sehr unterschiedlich sind. Man denke nur an Naomi Noviks "Die Feuerreiter seiner Majestät"-Buchserie, deren Geschichten vor dem Konflikt Groß Britannien gegen das Napoleonische Frankreich stattfinden, nur dass gleichzeitig auch Drachen in ihr existieren. Es ist ein Vergnügen solche Romane zu lesen, befrieden sie doch das innere Kind.
Denn wer hat sich nicht als Minderjähriger ausgemalt, wie die Geschichte hätte anders verlaufen können, wenn gewisse Ereignisse nicht eingetroffen wären? Und selbst als Erwachsener hat man sich eine gewisse Neugierde erhalten. Und dies ist auch die Hauptmotivation, sich diesen Titel zuzulegen. Schließlich klingt die Prämisse interessant. Renommierte Historiker untersuchen Wendepunkte der Geschichte und versuchen sich auszumalen, wie sich die Welt entwickelt hätte, wenn beispielsweise Theodore Roosevelt 1912 erneut zum Präsidenten gewählt worden wäre.
Doch das Endergebnis fällt nicht zufriedenstellend aus. Das liegt allerdings weniger an den gewählten Themen. Die decken das gesamte menschliche Zeitalter ab, von der Zeit des antiken Griechenlands bis hin zur Nachkriegszeit. Das dabei der Schwerpunkt auf den ersten beiden Weltkriegen liegt, lässt sich verschmerzen. Schließlich entstanden in und um jene Jahre herum viele wichtige Wendepunkte der Weltgeschichte.
Vielmehr enttäuscht das Buch in der Art und Weise, wie die Historiker an die Vorgabe herangehen. Als Extrem-Beispiel sei William H. McNeills "Was wäre geschehen, wenn Pizarro in Peru keine Kartoffeln gefunden hätte?". Wer jetzt eine ausführliche Auseinandersetzung mit diesem Titelthema erwarten würde, der wird enttäuscht sein. Es folgt eine lange Auseinandersetzung mit der historischen Bedeutung der Pflanze. Dies mag zwar interessant sein, doch vielmehr würde einen interessieren, wie denn nun die Welt ohne das Gewächs aussehen würde. Als der Autor endlich dazu kommt, ist das Ergebnis schon fast eine Frechheit. Ein einziger Absatz, der aus zwei lapidaren Sätzen besteht, die sinngemäß ausdrücken, dass man es nicht wissen könne.
Wie gesagt, dies ist ein Extrem-Beispiel. Doch passt es perfekt zum Buch. Denn auch die anderen Historiker gehen nach diesem Prinzip vor. Sie erzählen lang und breit die eigentliche historische Entwicklung, ehe sie praktisch auf die Schnelle auf das eigentliche Thema kommen. Genauso gut hätten sie auf diese Gedankenspielerei verzichten können, wenn sie sie eh nur halbherzig angehen.
Das Thema hat Potential, doch hat man nie das Gefühl, dass die Autoren sich ernsthaft darum bemühen, ihm gerecht zu werden. Das Buch ist eine einzige Enttäuschung. Definitiv "Keine Empfehlung".
Fazit:
In "Was wäre geschehen, wenn? Wendepunkte der Weltgeschichte" bringt Robert Cowley die Gedankenspiele diverser Historiker heraus. Die Prämisse klingt interessant. Es soll herausgefunden werden, wie die Geschichte verlaufen wäre, wenn bestimmte Ereignisse, wie beispielsweise die Kreuzigung Jesus Christus nicht stattgefunden hätten. Das Ergebnis enttäuscht jedoch. Die Autoren und Autorinnen erzählen lieber lang und breit den tatsächlichen Ablauf der Dinge, ehe sie am Ende noch auf die Schnelle ein kleines Gedankenspiel zum eigentlichen Thema liefern.
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