Der Drache von Samarkand
Story:
Auf dem Planeten Samarkand kommt es zu einem katastrophalen Unfall, der alles Leben auf dieser Welt auslöscht. Der Agent Ian Cormac, der gerade dabei ist, eine Gruppe von Separatisten unschädlich zu machen, wird von seiner aktuellen Aufgabe zurückgerufen, um diesen Vorfall zu untersuchen. Dabei stößt er auf ein Wesen, das sich selber als Drache bezeichnet und mehr über die Ereignisse weiß als es zugibt. Gleichzeitig wird er auch von den Terroristen verfolgt, die Rache an ihm nehmen wollen. Kein günstiger Zeitpunkt also, um zum ersten Mal seit 30 Jahren nicht mehr vernetzt zu sein.
Meinung:
Was wäre, wenn die Welt von Künstlichen Intelligenzen beherrscht werden würde? Was, wenn es zwischen Androiden und Menschen äußerlich keine Unterschiede mehr gibt? Was ist, wenn die Grenzen zwischen natürlichen und technischen Wesen immer mehr verschwinden? Eine Antwort auf diese Fragen bietet der britische Autor Neal Asher.
1961 in Billericay in Essex geboren, wuchs er mit "Der kleine Hobbit" und "Der Herr der Ringe" auf. Nach einem abwechslungsreichen Berufsleben, bei dem er unter anderem an einer Fräsmaschine und als Gärtner gearbeitet hat, hatte er endlich seinen Durchbruch. Im Jahr 2001 erschien der Roman "Gridlinked" (Auf Deutsch "Der Drache von Samarkand"). Das Buch war der Auftakt zu einer fünfteiligen Serie, die sich mit dem ECS (Earth Central Security) Agenten Ian Cormac beschäftigte. Doch auch abseits dieser Reihe schrieb er Romane, die in demselben "Polis" genannten Universum spielten. Bis auf seine Kurzgeschichten sind all seine Bände auch auf Deutsch herausgekommen.
"Der Drache von Samarkand" spielt in einer fernen Zukunft. Dank sogenannter "Runcible"-Tore ist das Reisen von Sternensystem zu Sternensystem keine aufwendige Sache mehr, und in Sachen Künstliche Intelligenzen wurden große Fortschritte gemacht. Ein Großteil der Galaxie gehört zu dem "Polis" genannten Staatengebilde. Dieses wird von den KIs gelenkt. Doch an den fernen Ausläufern dieses Gebietes gibt es immer wieder Versuche, sich selbstständig zu machen. Dies wird nicht gerne gesehen, weshalb entsprechende Maßnahmen dagelegen getroffen werden.
So wird der ECS-Agent Ian Cormac auf eine solche Welt geschickt, um den terroristisch agierenden Separatisten das Handwerk zu legen. Er bringt die Schwester von Arian Pelter um, wird jedoch, ehe er auch den Bruder erledigen kann, abgerufen. Auf dem Planeten Samarkand ist es zu einer Katastrophe gekommen. Das Runcible-Tor ist zerstört und alles Leben wurde vernichtet. Er soll herausfinden, ob dieses Ereignis ein Unglück war oder künstlich herbei geführt wurde. Auf dem Weg dahin wird er animiert, sich zum ersten Mal seit 30 Jahren aus dem galaxisweiten Computersystem auszuklinken. Denn diese lange Zeit hat ihn immer mehr unnatürlich agieren lassen. Er will den Fall also ohne eine derartige Hilfe lösen und stößt bald auf eine gigantische, außerirdische KI, die sich Drache nennt. Und schon bald scheint klar zu sein, dass jenes Wesen auf irgendeine Art und Weise die Finger in dem Vorfall drinnen hat. Derweil macht sich der überlebende Arian auf, um Ian zu verfolgen. Dabei ist ihm jedes Mittel recht, und selbst vor Toten schreckt er nicht zurück.
Neal Asher erschafft ein Universum, in dem die Grenzen zwischen dem Natürlichen und dem Künstlichen verschwimmen. Sein Held Ian McCormac ist selbst schon fast zu einem unnatürlichem Wesen geworden, während ironischerweise die Androiden, von denen einige wahre Killermaschinen sind, sich bemühen natürlich zu wirken. Und auch Computer können seelische Defekte davontragen. Dies alles wirkt äußerst faszinierend, vor allem, weil man das Gefühl hat, der Autor deutet einiges nur an. Es macht auf jeden Fall Lust auf mehr, was man da so liest.
Doch leider macht der Autor viel zu wenig aus der Ausgangssituation seines Romans. Zwar ist es ihm gelungen, die Ermittlungen spannend zu schildern. Besonders die Entdeckungen auf Samarkand verleihen dem Buch eine schon fast mystische Aura, einen sogenannten "Sense of Wonder", da auf Überreste eines hochtechnisch entwickelten Wesens gestoßen wird, das sich kaum in Worten fassen lässt.
Nur das diesem Plot die Handlung rund um Arian Pelter gegenübersteht. Jener ist ein Separatist, der sich entschließt, Ian Cormac zu verfolgen und ihn umzubringen. Doch die meiste Zeit ist jener Terrorist viel zu sehr damit beschäftigt, sich psychopatisch zu verhalten und immer mal wieder irgendwelche Leute, darunter auch Verbündete, umzubringen. Dadurch wirkt er allerdings alles andere als bedrohlich.
Wobei Ian Cormac auch nicht gerade wie jemand wirkt, dessen Abenteuer man gerne liest. Dies liegt einfach daran, dass der Autor zwar immer wieder betont, wie künstlich Cormac während all der Jahre durch die Vernetzung geworden ist. Doch dann macht er nichts aus der Tatsache, dass der ECS-Agent sich freiwillig ausklinkt. Es gibt keine Entwicklung hin zu einem sich natürlich verhaltenen Ian hin, mehr eine Art Sprung. Und das ist schade, da so einiges an Story-Potential nicht genutzt wird.
Ebenso enttäuschend ist auch die Handlung rund um den Drachen, der allerdings sich nur so nennt und nicht so aussieht. Zu keinem Zeitpunkt wird wirklich klar, was genau seine Motive sind und sein Plan. Er wirkt unnahbar, unantastbar und wird dadurch uninteressant.
Damit ist das Buch ein klarer Fall "Nur für Fans", was sehr schade ist.
Fazit:
Neal Asher präsentiert mit "Der Drache von Samerkand" einen Science-Fiction-Roman, der viele interessante Ideen aufbietet. Bei ihm verschwimmt die Grenze zwischen künstlichem und natürlichem Leben, was zu einigen interessanten Aspekten führt. Aber auch die Entwicklung des Unglücks auf dem Planeten Samarkand ist ihm gut gelungen, nimmt sie doch immer mehr spannende und mystische Züge an. Doch ansonsten enttäuscht das Buch, da der Autor viel Potential verstreichen lässt. Sein Antagonist Arian Pelter ist uninteressant, sein Protagonist Ian Cormac entwickelt sich überhaupt nicht und der Drache bleibt zu rätselhaft. Schade, da wäre mehr drinnen gewesen.
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