Geschmiedet in Feuer und Magie
Story:
Es ist sein letzter Rückzugsort, aber auch die Quelle seiner Macht: Getrieben von Rebellen flieht der junge Kaiser Chien Hua auf die Insel Taishu. Dort wird die Jade abgebaut, die ihm seine übernatürlichen Fähigkeiten verleiht.
Die Ankunft des Herrschers bringt der Insel ungeahnte Probleme. Nicht nur müssen der Kaiser, sein Hofstaat und die Reste seiner Armee irgendwie nach Taishu übersetzen, die vielen zusätzlichen Menschen wollen auch ernährt werden. Kämpfe mit den nachrückenden Rebellen sorgen für Blutvergießen. Und in den Wirren droht eine noch viel größere Gefahr wiederzuerstehen, die seit Jahrhunderten unter großem Leid in der Wasserstraße zwischen der Insel und dem Festland gefesselt gehalten wird – eine Drachin.
Meinung:
Daniel Fox ist das Pseudonym eines erfolgreichen britischen Autors, der unter verschiedenen anderen Namen bereits mehrere Dutzend Bücher und einige hundert Kurzgeschichten verfasst hat. Zur Trilogie, deren erster Band "Geschmiedet in Feuer und Magie" ist, wurde er durch eine Reise nach Taiwan inspiriert. Im Jahr 2000 hatte die Regierung der Hauptstadt Taipeh Autoren aus den verschiedensten Ländern eingeladen, einige Zeit im Land zu verbringen. Außer einigen öffentlichen Auftritten und vielen Fototerminen hatten die Schriftsteller keine Verpflichtungen, wurden aber im noblen Hotel Ritz einquartiert und mit Luxuslimousinen über die ganze Insel chauffiert. Ziel war natürlich, dass sie sich für das Land begeisterten und positiv darüber schrieben.
Bei Daniel Fox ist dieser Plan ganz offensichtlich geglückt. Der Autor hat sich regelrecht in Taiwan verliebt und ist seither von dem Land, seinen Menschen und seiner Kultur fasziniert. Seine Bessenheit, wie er es selbst auf seiner Website formuliert, geht so weit, dass er Mandarin zu lernen begann und in drei verschiedenen Genres über die Insel schrieb. Ein Ergebnis davon ist "Geschmiedet in Feuer und Magie".
Dieser Roman ist zunächst eher sperrig, unzugänglich. Der Leser muss ihn sich regelrecht erarbeiten. Die Geschichte kommt gewissermaßen nicht zu einem, man muss zu ihr kommen. Seite für Seite, Absatz für Absatz will konzentriert gelesen werden.
Wer sich aber darauf einlässt, wird reich belohnt. Fox schafft es, die Geschehnisse und was sie für die Charaktere bedeuten unmittelbar nachvollziehbar zu machen. Wie es der Autor in einem Interview mit seinem Kollegen John Scalzi formulierte, "Es geht nur um Eindrücke, nicht um Beschreibungen". Und diese Eindrücke kann er überaus gut vermitteln.
Dabei gibt es interessanterweise keine Identifikationsfigur. Die Geschichte wird aus den Perspektiven unterschiedlicher Personen erzählt, deren Leben durch die Rebellion und die Flucht des Kaisers nach Taishu auf den Kopf gestellt wird. Da sind vor allem drei: Der Schreiberlehrling Han, der von Piraten gefangen genommen wird und direkt in die Anstrengungen zur Bändigung der Drachin gerät. Das Fischermädchen Mei Feng, die dem Herrscher beim Übersetzen auf die Insel begegnet und seine Konkubine wird. Und Yu Shan, der aus den Clans in den Bergen stammt, wo die Jade abgebaut wird, und dem magischen Stein näher kommt als gut für ihn ist.
Sie und andere sind aber nie wirklich die Augen, durch die Leser sieht. Man hat eher das Gefühl, sie auf ihren Wegen zu begleiten. Und das obwohl die Eindrücke, die der Autor seine Figuren erleben lässt, oft überaus persönlich und häufig sehr grausam sind. Ein Menschenleben ist in dieser Welt nichts wert. Für Han etwa ist völlig klar, dass der Esel seines Meisters mehr wert ist als er selbst und entsprechend besser behandelt wird. Yu Shan findet es völlig selbstverständlich, dass beim Transport der Jadebrocken aus den engen Bergwerksstollen eher menschliche Körper zu Schaden kommen dürfen als der kostbare Stein. Und die Hafenstadt Santung, von der aus der Kaiser und seine Leute nach Taishu aufgebrochen sind, wird von den Rebellen für diese Unterstützung des Feindes bestraft: Alle männlichen Einwohner werden sofort getötet, die Frauen erst, nachdem sich die Armee der Ursupatoren an ihnen ausgetobt hat.
Diese grausamen Geschehnisse, die wie alle anderen Eindrücke sehr unmittelbar geschildert werden, machen "Geschmiedet in Feuer und Magie" mit Sicherheit zu keinem Buch für junge Leser. Sogar mancher Erwachsene dürfte es mitten in den rund 600 Seiten beiseite legen, entweder weil er die Intensität nicht mehr erträgt oder die Ohnmacht, den gepeinigten Charakteren nicht helfen zu können. Etwas leichter wird es, wenn Liebe ins Spiel kommt.
Bemerkenswert ist auch die Wirkung, die die Jade auf Yu Shan hat. Er wird wortwörtlich körperlich abhängig von ihr, von ihrer Nähe, ihrer Berühung, und macht einen regelrechten Entzug durch. Seine wie auch Hans und Mei Fengs Erlebnisse lassen sich unter einem Aspekt zusammenfassen: Sie alle begegnen Mächten, die ihr Fassungsvermögen übersteigen. Und sie werden weitgehend passiv von diesen Mächten getrieben. Bei Yu Shan ist es die Jade, bei Mei Feng der göttliche Sohn des Himmels, der Kaiser höchstpersönlich, und bei Han die mächtige Drachin, an deren Schicksal er gebunden ist. Erst spät werden sie aktiv; Mei Feng noch als erste, die den allgegenwärtigen Intrigen am Hof ihre eigenen entgegensetzt.
Nach Auskunft des Verlags werden die beiden folgenden Bände der Trilogie voraussichtlich nicht auf Deutsch erscheinen. Wer sich auf diesen Band eingelassen und, man kann es durchaus so formulieren, mit ihm fertig geworden ist, wird das bedauern.
Fazit:
Ein ungewöhnliches Buch, das es seinen Lesern nicht leicht macht. Wer bereit ist, sich den Roman regelrecht zu erarbeiten und mit teilweise überaus grausamen Ereignissen zurecht kommt, wird mit einer Geschichte belohnt, deren Intensität unter die Haut geht. Für junge Leser ist dieser Titel nicht geeignet.
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Daniel Fox
Geschmiedet in Feuer und Magie
Dragon in Chains
Übersetzer: Maike Claußnitzer
Erscheinungsjahr: 2010
Autor der Besprechung:
Henning Kockerbeck
Verlag:
Blanvalet
Preis: € 9,95
ISBN: 978-3-442-26675-3
607 Seiten
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