Die Plage
Story:
Im Sommer 2010 wird die Welt von einer
unheilbaren Krankheit bedroht, die bereits zehn Prozent der
Menschheit befallen hat. Die Kranken leiden unter akuter
Schlaflosigkeit, die sie langsam in den Wahnsinn treibt und am Ende
qualvoll tötet. Die Weltwirtschaft ist zusammen gebrochen, die
Länder befinden sich im Chaos und im Kampf gegen Kriminalität und
Hunger.
Parker Haas ist als Undercover-Agent in
Los Angeles für das Rauschgiftdezernat im Einsatz. Als Drogendealer
getarnt soll er herausfinden, ob es einen Schwarzmarkt für das
einzige Medikament gibt, das den Erkrankten Linderung verspricht:
Dreamer. In einer Stadt, die von tausenden Schlaflosen,
Nationalgardisten, kriminellen Banden und Söldnern beherrscht wird,
versucht Parker der unbekannten Herkunft der Schlafkrankheit und dem
verdächtig schnellen Auftauchen der Arznei auf die Schliche zu
kommen.
Meinung:
Charlie Huston hat seit seinem Debüt
2004 auf der ganzen Welt Fans für sich und seine Schreibe gefunden.
Und egal ob seine Trilogie um den Prügelknaben Hank Thompson oder
seine Romane um Vampir-Detektivs Joe Pitt – all seine Werke haben
die Liebe ihres Autors zum Noir-Genre gemein. Außerdem versteht sich
Huston als Autor, der davon lebt, zügig gute Geschichten zu
schreiben, und damit als Nachkomme der Pulp-Legenden. Es ist also
kein Wunder, dass seine Website die viel sagende Adresse pulpnoir.com hat.
In seinem neusten Werk „Die Plage“
pendelt Huston erfolgreich zwischen dystopischer Science-Fiction,
Krimi und Öko-Thriller. Sein Los Angeles, in dem Recht und Ordnung
im Chaos versinken, wirkt genauso realistisch und einleuchtend wie
die übrigen Veränderungen, die der Amerikaner auf eindringliche Art
und Weise beschreibt: Polizisten „desertieren“ aufgrund der
Aussichtslosigkeit ihres Tuns, Schlaflose bekommen einen
Freizeitmarkt der besonderen Art geboten, andere verbarrikadieren
sich aus Angst vor der steigenden Kriminalität und einer Ansteckung
mit der Schlafkrankheit in ihren Stadtvierteln. Dort versacken
nicht nur sie in den Weiten von „Chasm Tide“, einem neuen
Onlinerollenspiel, dass auch von Schlaflosen gespielt und sogar
dominiert wird und das Parker als Umschlagplatz und Schaltzentrale
für den illegalen Handeln mit Dreamer im Visier hat.
Um die Geschichte temporeich voran zu
bringen und die Spannung zu erhöhen, bedient sich Huston eines
besonderen erzählerischen Stilmittels. Aus drei unterschiedlichen
Sichtweisen lässt er das Geschehen und die Entwicklung dieser Welt
schildern. Da ist zum einen die nüchterne, direkte Perspektive aus
der dritten Person, die Parker auf Schritt und Tritt begleitet.
Daneben gibt es die Schilderungen aus der Sicht des geheimnisvollen
Killers Jasper, der den versteckten Ermittler im Lauf der Geschichte verfolgt und
einiges an Hintergrundinformationen bereit hält. Zu guter Letzt gibt der Undercover-Agent in seinen Tagebucheinträgen einen sehr emotional Einblick in
seine Erlebnisse und den Wunsch nach einer besseren Zukunft für
seine schlaflose Frau und ihr gemeinsames Baby.
Hustons Plage ist kein Hirngespinst,
sondern inspiriert von einer Krankheit, die tatsächlich existiert,
sich aber nur auf wenige Menschen mit einem Genfehler begrenzt. Die
Letale familiäre Insomnie ist äußerst selten, aber genauso
tödlich wie die von dem Autor erdachte Krankheit.
Der Leser kann die Hoffnungs- und
Hilfslosigkeit, die Parker umgibt, regelrecht spüren. Die Welt, die
er und Jasper als zwei einsame und zum Großteil auf sich gestellte
Wölfe durchwandern, ist dem Untergang geweiht. Je genauer
geschildert wird, wie es dazu kam, desto mehr fragt Huston seine
Leserschaft, ob dieses Szenario nicht bald bittere Realität werden
könnte. Sein Protagonist hat keine Möglichkeit mehr, die Geschehnisse wieder
rückgängig zu machen und den Lauf der Geschichte zu verändern.
Haben wir das? Mit dieser essentiellen Frage gelingt dem Autor der
Spagat zwischen fiktiver Apokalypse und realem Wahnsinn, der
Forscher dazu antreibt, die Natur zu beherrschen, ohne die
Konsequenzen erahnen zu können.
Fazit:
Charlie Huston ist mit „Die Plage“
ein beeindruckender Roman gelungen, der seinem Leser schlaflose
Nächte bereitet. Ohne Schnörkel zeigt er eine ungeschönte Welt,
die daran zu Grunde gegangen ist, dass der Mensch die Natur
beherrschen will. „Die Plage“ ist ein Muss für alle Fans von
Charlie Huston und ein Tipp für alle Liebhaber von innovativen
Endzeitromanen.
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