Bruder Cadfael 13: Der Rosenmord
Story:
Judith Perle muss gleich mehrere Schicksalsschläge innerhalb kürzester Zeit verkraften. Wenige Tage nach dem Tod ihres geliebten Mannes verliert sie auch ihr Kind kurz vor der Niederkunft. Danach will sie nicht mehr im ehemals gemeinsamen Heim leben und überlässt das Anwesen dem Benediktinerkloster zu Shrewsbury. Als symbolischer Pachtzins wird eine Rose aus dem Garten des Hauses vereinbart, zu überbringen jedes Jahr am Feiertag von St. Winifred.
Aber im Jahr 1142 will offenbar jemand den Vertrag brechen. Der Rosenstock wird heruntergerissen und zerschlagen, und daneben findet man die Leiche des Bruders, der die Blüte hätte überbringen sollen...
Meinung:
Wer alle zwölf vorherigen Abenteuer des Detektivs in der Mönchskutte gelesen hat, dem wird eine Art Grundbauplan nicht entgangen sein. Ein Verbrechen, meist ein Mord geschieht. Unter Verdacht gerät ein junger Mann, für den sich Bruder Cadfael aus irgendeinem Grund verantwortlich fühlt. Nun ist es die Aufgabe des klugen Mönchs, die Wahrheit herauszufinden. Und auch wenn Ellis Peters daraus noch jedes Mal einen guten bis sehr guten Roman geschaffen hat und ihr Thema durchaus variiert, machen sich doch langsam erste Ermüdungserscheinungen beim Leser bemerkbar.
Da ist es erfrischend, dass die Geschichte in Band Nummer Dreizehn doch merklich andere Wege geht. Diesmal hat der Mönch keinen Schützling, dessen Unschuld er beweisen müsste. Auch das quasi obligatorische Liebespaar hat hier eine andere Gestalt, oder besser gesagt eine andere Generation. Anstelle zweier junger Menschen, die gemeinsam die erste große Liebe erleben, finden sich hier ein Mann und eine Frau, die beide bereits in Beziehungen gewesen sind. Das macht ihre Gefühle jedoch keinesfalls weniger intensiv.
Auch Cadfaels Ermittlungen wird mit einer Entführung zusätzliche Spannung und Dringlichkeit verliehen. Wo in früheren Bänden oft die drohende Verurteilung oder gar Hinrichtung eines unschuldig Verdächtigten für Zeitdruck sorgte, muss jetzt eine verschleppte Person so schnell wie möglich befreit werden. Die historische Einbettung ist diesmal etwas ambivalent. Auf der einen Seite wird der in der Serie praktisch stets präsente Bürgerkrieg nur kurz angesprochen, wie um die Leser auf den aktuellen Stand des Frühjahrs und Sommers 1142 zu bringen. Ansonsten könnte die Geschichte in mehr oder weniger jedem Zeitalter spielen. "Mehr oder weniger" deshalb, weil auf der anderen Seite einige Rechtsvorstellungen eine wichtige Rolle spielen, die aus heutiger Sicht ziemlich antiquiert erscheinen. Offenbar kann Judith Perle keine Gütertrennung erwarten, wenn sie sich doch zu einer neuen Ehe entschließen sollte. Und fiele ihr altes Anwesen an sie zurück, weil entgegen dem Vertrag mit der Abtei nicht pünktlich die vereinbarte Rose übergeben werden kann, hätte ihr frisch Angetrauter noch mehr zu gewinnen... Solche Regelungen sind (nicht nur) für das zwölfte Jahrhundert, in dem der Roman angesiedelt ist, aber durchaus üblich. Auch sonst fallen dem vorgebildeten Laien keine Schnitzer auf.
Die Qualitäten, die man als Fan von einem Cadfael-Roman gewöhnt ist, weist auch diese Geschichte auf. Ellis Peters bringt einige sorgfältig gezeichnete, psychologisch stimmige Figuren auf das Papier, die und deren Interaktion einfach glaubwürdig ist. Besonders wenn man miterlebt, wie der männliche Teil des erwähnten Paares sich um seine Angebetete sorgt, will man einfach wissen, ob alles gut ausgeht und sie sich am Ende "kriegen". Man könnte diesen Band sogar eher als Liebesgeschichte denn als historischen Krimi einordnen. Wer bei diesem Label jedoch große Mengen Kitsch wahlweise befürchtet oder erhofft, ist hier an der falschen Adresse. Und der Fall spielt sehr wohl noch eine Rolle, auch wenn er eher in den Hintergrund tritt.
"Der Rosenmord" eignet sich grundsätzlich auch für Neueinsteiger in die Serie. Die Verweise auf bisherige Abenteuer – unter anderem werden Cadfaels frühere Helfer im Klostergarten aufgezählt, von Bruder John bis Bruder Oswin – sind nicht entscheidend für das Verständnis und werden meist sogar kurz erläutert. Trotzdem macht das Buch noch mal ein Stückchen mehr Vergnügen, wenn bei Namen wie Martin Bellecote, Will Warden oder Phillip Corvisier das berühmte Glöckchen im Hinterkopf läutet. Etwas schade ist es, dass die Poesie des Originaltitels "The Rose Rent" nicht erhalten geblieben ist, sondern offenbar unbedingt das Schlüsselwort "Mord" mit hinein musste.
Fazit:
Der dreizehnte Cadfael-Roman bricht einige aus der Serie bekannte Muster, die schon langsam Ermüdungserscheinungen hervorzurufen begannen, auf erfrischende Weise. Gleichzeitig kann Ellis Peters die Qualitäten der Reihe auch in "Der Rosenmord" einbringen.
| |
Ellis Peters
Bruder Cadfael 13: Der Rosenmord
The Rose Rent
Übersetzer: Jürgen Langowski
Erscheinungsjahr: 1986
Autor der Besprechung:
Henning Kockerbeck
Verlag:
Heyne Verlag
ISBN: 3-453-04591-2
252 Seiten
|