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Befehl aus dem Jenseits

Story:
In einer nicht allzu fernen Zukunft: Drei Menschen erhalten kurz vor ihrem dreißigsten Geburtstag einen merkwürdigen Brief. Sie würden nach auf die Sekunde genau dreißig Lebensjahren sterben und sollen "Vorsorge für ein unauffälliges und reibungsloses Ableben" treffen.

Absender ist eine hochentwickelte außerirdische Rasse. Die Nonos sind mittlerweile buchstäblich allwissend und werden zigtausende Jahre alt – aber sie können sich nicht mehr fortpflanzen. Um den Tod ihres Volkes noch zu verhindern, sammeln sie überall aus der Galaxis vielversprechende Exemplare intelligenten Lebens, die offiziell "sterben", und unterziehen sie auf Testwelten grausamen Prüfungen.

Meinung:
Der 1940 geborene Thomas R. P. Mielke gilt als einer der erfolgreichsten Autoren historischer Romane in Deutschland. Aber auch auf dem Gebiet der Phantastik konnte er Meriten sammeln. Für seinen Roman "Das Sakriversum" über eine Kathedrale und die Nachkommen ihres Erbauers, die seit Jahrhunderten versteckt in der Kirche leben, erhielt er 1983 den Kurd-Laßwitz-Preis. Neben seinem bürgerlichen Namen schreibt Mielke auch unter diversen Pseudonymen. Nach eigenen Angaben erhielt er als einer der ersten Freiwilligen der neuen deutschen Luftwaffe nach dem Zweiten Weltkrieg eine Ausbildung als Texter in "Psychologischer Kampfführung". Später arbeitete er unter anderem als Werbetexter.

Mit "Befehl aus dem Jenseits" ist ihm jedoch kein großer Wurf gelungen. Die Welt, die Mielke zeichnet, ist ziemlich klischeehaft: Natürlich haben in der Zukunft "die Konzerne" die Herrschaft von Staaten und Regierungen übernommen; eine der drei Briefempfänger ist die Tochter eines milliardenschweren Geschäftsmanns, die demnächst so etwa halb Südamerika erben soll. Natürlich hat sich die fortgeschrittenste Rasse der gesamten Milchstraße in die sprichwörtliche Ecke manövriert, und natürlich liegt in den Bewohnern des dritten Planeten einer kleinen Sonne am Rand der Galaxie der Schlüssel für die Lösung. All das und weitere Teil des Plots hat man schon in Dutzenden anderen Romanen gelesen.

Auch den drei menschlichen Protagonisten merkt man deutlich an, dass sie ausgewählt oder besser, auf bestimmte Rollen in der Geschichte hin konstruiert wurden. Das mag teilweise innerhalb der Handlung erklärbar sein – die Nonos haben ihre Versuchspersonen nach bestimmten Kriterien gekürt –, trotzdem kann der Leser nicht übersehen, dass ihm hier drei Handlungsalternativen vorexerziert werden sollen: Der ehemalige Luftwaffenoffizier mit Doktorgrad, der erst fremde Wesen totprügelt und anschließend seine Situation rational analysiert. Die überaus hübsche Prinzessin eines megareichen Vorstandsvorsitzenden, die nach der Erkenntnis, dass Papas Brieftasche diesmal nicht alle Probleme löst, wortwörtlich hilflos in der Ecke sitzt. Der Bettelmönch aus Asien, der seinen angekündigten Tod und das Eingehen ins Jenseits als Erlösung ansieht und nicht damit fertig wird, dass er doch weiterleben muss.

Man mag dem Roman zugutehalten, dass er mittlerweile bereits eineinhalb Jahrzehnte auf dem Buckel hat. Das zeigt sich nicht zuletzt in aus heutiger Sicht geradezu rührend anachronistischen Details: Briefe lassen sich einerseits nur mit dem Daumenabdruck des berechtigten Empfängers öffnen, andererseits ist die typische Übermittlungsart die Rohrpost. 1994 konnte sich eben noch kaum jemand vorstellen, welche Bedeutung bereits vergleichsweise kurze Zeit später elektronische Medien und E-Mail haben sollten. Eine erste Veröffentlichung in der Heftromanreihe "Zauberkreis SF" geht sogar bis 1970 zurück.

Trotzdem bleiben die Figuren, ob Menschen oder Aliens, hölzern und unglaubwürdig. Der Autor schafft es nicht, den berühmten suspension of disbelief, das vorübergehende Akzeptieren unwahrscheinlicher oder unmöglicher Geschichten während des Lesens, zu erreichen. Auch die Moral von der Geschicht wird mit dem Holzhammer serviert: All you need is love, dann wird schon alles gut.

Auch die Logik hat das eine oder andere Loch. Beispielsweise werden die von der Erde entführten Menschen während des Transport zur Versuchswelt ausdrücklich als "medizinisch tot" beschrieben. Aber wenn die Nonos offenkundig Leben aus- und vor allem wieder anknipsen können, wieso können sie sich dann nicht auch fortpflanzen? Es würde genügen, exakte, unbelebte Kopien ihrer selbst herzustellen und diesen Leben zu geben. Das hätte zwar all die Nachteile, die eine ungeschlechtliche Vermehrung gegenüber der geschlechtlichen hat, beispielsweise die erheblich langsamere Evolutionsgeschwindigkeit, aber es wäre zumindest eine Lösung.

Sogar der Name der Außerirdischen ist ungeschickt gewählt. Bei "Nonos" wird so mancher Leser eher an Überraschungseier denken ("Wir sind die Nonos und sind jetzt mit dabei...") als an ein uraltes und mächtiges Volk, das fast schon routinemäßig Sternensysteme neu zusammensetzt. Und das soll noch nicht mal eine Anspielung darauf sein, dass Thomas R. P. Mielke angeblich an der Erfindung der Schokoladeneier mit Spielzeuginnenleben nicht ganz unbeteiligt gewesen sein soll.

Stattdessen versucht der Autor mit Zahlen zu punkten. In der Zukunft der Erde ist eigentlich alles wie gewohnt, nur immer ein Stück mehr. Die Kabinen des Transportsystems ähnlich einer U-Bahn haben 190 Stundenkilometer drauf, Myriams Vater ist nicht millionen-, sondern gleich milliardenschwer, Dumont war früher Kommandant einer Staffel Mach-3-Jäger. Und im Test- und Zuchtsystem haben die Nonos gleich 90 Sonnen und 6.400 Planeten zusammengebastelt.

Viel hilft viel, scheint die Devise gewesen zu sein, auch was die Brutalität der Außerirdischen ihren Versuchskaninchen gegenüber und innerhalb des eigenen Volkes betrifft. Die Entführten werden gezielt in ihnen völlig fremde Umgebungen geworfen, in der Hoffnung, dass die Beobachter daraus irgendwie das Geheimnis, wie man Kinder macht, ableiten können. Und weil das noch nicht reicht, müssen die drei bereits nach kurzer Zeit mit einem Vulkanausbruch fertigwerden, der die Insel, auf der sich sie sich befinden, im Meer versinken lässt. Wenn ein Nono auf unerwünschte Ideen kommt, wird in einer schmerzhaften Prozedur sein Gedächtnis vollständig gelöscht und mit gefälschten Erinnerungen aufgefüllt.

Am Ende bleibt der Leser enttäuscht zurück. In "Befehl aus dem Jenseits" können weder die Figuren, noch die Handlung, noch eine kreative Zukunftsbeschreibung, noch ein intelligenter Sozialkommentar oder andere Bestandteile so wirklich punkten. Übrig bleibt nur ein Roman, bei dem man genau sagen kann, was der Autor womit erreichen wollte. Nur erreicht hat er es leider nicht.

Fazit:
Ein Roman, der mit seinen Figuren, seiner Geschichte und anderen Aspekten nicht überzeugen kann, versucht es mit schierer Zahlengewalt. Am Ende steht eine simple Moral, die dem Leser mit dem berühmten Holzhammer nähergebracht wird.

Befehl aus dem Jenseits - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Thomas R. P. Mielke
Befehl aus dem Jenseits
Erscheinungsjahr: 1994



Autor der Besprechung:
Henning Kockerbeck

Verlag:
rororo

ISBN:
978-3499137846

126 Seiten
Positiv aufgefallen
Negativ aufgefallen
  • Weder die Figuren noch die Geschichte, noch die Zukunftsbeschreibung, noch der soziale Kommentar funktioneren wirklich
  • Der Autor verlässt sich auf die Macht der Zahlen - höher, schneller, weiter, mehr
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Rezension vom: 14.12.2010
Kategorie: Science Fiction
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