Bruder Cadfael 03: Das Mönchskraut
Story:
Das Jahr 1138 geht dem Ende zu, als eine Nachricht die Mönche von St. Peter und Paul in Aufruhr versetzt. Ein Konzil wird einberufen, und auch Abt Heribert muss teilnehmen. Thema soll die Reform der englischen Kirche sein – und ob Heribert auch weiterhin der Abtei vorstehen soll. Prior Robert sieht sich bereits als sein Nachfolger.
Während der Abwesenheit des Oberhirten müssen einige Rechtsgeschäfte in der Schwebe bleiben, darunter auch die Schenkung von Master Bonel. Der will sein Landgut dem Benediktinerorden übertragen, gegen lebenslange Kost und Logis im Kloster. Aber bereits kurz nach dem Einzug der Familie werden der Krankenpfleger und Bruder Cadfael ins Gästehaus gerufen: Gervaise Bonel liegt im Sterben. Offensichtlich wurde er vergiftet, und das auch noch mit einem von Cadfael selbst hergestellten Kräutersud! Hat der Stiefsohn des Opfers, der sich mit ihm überworfen hatte, die Chance genutzt, um die formelle Besiegelung der Schenkung doch noch zu verhindern? Cadfael setzt alles daran, den Täter zu finden. Nicht nur, weil eines seiner Heilmittel als Mordwaffe missbraucht wurde, auch Bonels Ehefrau ist für ihn keine Unbekannte...
Meinung:
Nach einem beeindruckenden Start im ersten und vor allem im zweiten Band setzt Ellis Peters die Reihe nicht weniger gelungen fort. Dieser dritte Band ist in verschiedener Hinsicht etwas kleiner dimensioniert als seine Vorgänger, aber wie diese ein sehr guter historischer Krimi. Es gibt nicht gleich 95 Tote, dafür wird der Detektiv in der Mönchskutte diesmal persönlich ungewöhnlich tief in den Fall hineingezogen.
Der Kriminalfall ist intelligent konstruiert, und die Geschichte funktioniert gut als klassischer Whodunit. Es bleibt erfreulich lange unklar, wer der Täter ist. Auffällig ist, dass die Autorin Hugh Beringar regelrecht aus der Geschichte herausschreibt, ihn Pflichten weit entfernt von Shrewsbury nachgehen lässt. Schließlich ist er, dessen Intelligenz und Beobachtungsgabe mit der Cadfaels mithalten kann, inzwischen stellvertretender Landrat. Hätte Beringar den Tod von Bonel untersucht, hätte er wahrscheinlich die gleichen Schlüsse gezogen wie der Mönch. Aber es trägt zur Spannung des Romans merklich bei, dass die offiziellen Stellen sich für die "einfache Lösung" entscheiden. Der Stiefsohn hatte Gelegenheit und Motiv, das reicht.
Auffällig ist ebenfalls, wie sehr sich Cadfael auf seinen moralischen Kompass verlässt. Ungeachtet allem, was die eigentlich zuständigen Stellen, das kodifizierte Recht oder auch seine Vorgesetzen im Kloster vorgeben, er tut das, was "richtig" ist. Da überrascht es nicht, dass er auch beim Umgang mit dem schließlich entlarvten Täter seine ganz eigenen Vorstellungen hat. Bei dieser Gelegenheit gibt es sogar für die Verhältnisse der Serie viel Action.
Das soll aber nicht heißen, dass die Autorin sich jetzt mit Hochspannung und Stunts behelfen müsste. Wie bei den bisherigen Teilen kann sie, neben dem fesselnden Kriminalfall, vor allem mit den psychologisch stimmigen Charakteren punkten. Wenn man etwa ihre Schilderungen von Edwin und Edwy liest, dürften so manchem die beiden Lausebengel plastisch vor Augen stehen. Außerdem zeichnet Peters keine ihre Figuren nur schwarz oder nur weiß. Selbst Cadfael ist nicht perfekt – auch wenn es manchmal den Eindruck macht, wenn er beispielsweise Leute auf Anhieb wiedererkennt, die er vierzig Jahre nicht gesehen hat, oder die Untrüglichkeit seines Geruchssinnes geschildert wird. Auf der anderen Seite ist sogar der schlussendliche Mörder nicht einfach ein finsterer Schurke, sondern hat Gründe für seine Tat, die der Leser bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen kann. Und natürlich kommt auch diesmal die Liebe nicht zu kurz, und es gilt, einem jungen Paar zu seinem Glück zu verhelfen.
Die "große Politik" hält sich bis auf die Frage, ob Vater Heribert Abt bleiben wird, weitestgehend aus der Geschichte heraus. Dadurch bleibt die Welt des Romans erfreulich klein und überschaubar, beinahe gemütlich. Was die Einbettung der Fiktion in die reale Geschichte betrifft, leistet sich Ellis Peters auch diesmal keinen erkennbaren Lapsus. Sogar die, nennen wir es, Überraschung am Ende des Romans ist historisch stimmig.
Insgesamt fühlt sich "Das Mönchskraut" ein Stück weit "kleiner" an als insbesondere der Vorgängerband, "Ein Leichnam zuviel". Wirkte letzterer noch teilweise wie eine Pilotfolge einer TV-Serie, mit der die Macher nicht zuletzt Eindruck schinden wollen, ist dieser Band gewissermaßen eine "normale" Folge. Und wer die Qualität der Abenteuer von Bruder Cadfael kennt, für den dürfte das Empfehlung genug sein.
Fazit:
Ellis Peters setzt die Abenteuer ihres Detektivs in der Mönchskutte etwas weniger großformatig, aber nicht in geringerer Qualität fort. Für alle Freunde historischer Whodunits und stimmiger Charakterschilderungen ist dieser Band die passende Lektüre für lange, dunkle Winterabende.
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Ellis Peters
Bruder Cadfael 03: Das Mönchskraut
Monk' Hood
Übersetzer: Eva Malsch
Erscheinungsjahr: 1996
Autor der Besprechung:
Henning Kockerbeck
Verlag:
Heyne Verlag
ISBN: 978-3453186644
227 Seiten
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