Die Feuerreiter seiner Majestät 04: Drachenglanz
Story:
Ein mysteriöses, todbringendes Virus hat Englands Drachenflotte befallen. Verschont geblieben sind nur Will Laurence und seine Echse Temeraire. Gemeinsam mit einigen erkrankten Artgenossen brechen sie auf, um ein Gegenmittel zu finden. Doch sie müssen sich ranhalten, denn Napoleon und seine Armeen warten nur darauf, über die britische Insel hereinzubrechen.
Meinung:
Nachdem in "Drachenzorn" der Drache Temeraire und sein Kapitän Will Laurence eine gefahrvolle Reise quer durch Europa hinter sich gebracht haben, landen sie wieder in ihrer Heimat Großbritannien. Doch stehen die Dinge dort nicht zum Aller Besten. Eine geheimnisvolle Krankheit hat die Streitmacht der Feuerreiter befallen. Nahezu alle Echsen sind von ihr betroffen und einige sogar schon daran gestorben. Der Zeitpunkt könnte unglücklicher nicht sein, denn Napoleon und seine Armeen sammeln sich bereits, um in das Königreich einzufallen. Und so machen sich die beiden auf nach Afrika, wo sie ein Heilmittel vermuten. Doch dort treffen sie nicht nur auf die einheimischen Artgenossen der geflügelten Reptilien, sondern müssen sich auch mit dem Thema Sklavenhandel auseinandersetzen.
Naomi Noviks "Die Feuerreiter seiner Majestät" brilliert immer dann, wenn es darum geht, die verschiedenen Völker realistisch darzustellen. Jede fremde Kultur, auf die man beim Lesen trifft, wirken sehr lebendig und realistisch. Und nachdem man jetzt bereits den europäischen und den asiatischen Kontinent kennengelernt hat, kommt in "Drachenglanz" der afrikanische an die Reihe. Und neben der bereits gewohnten erstklassigen Schilderung der dortigen Einwohner lässt sich die Autorin noch etwas besondere einfallen, was die Drachen angeht. Die Bewohner glauben nämlich, dass diese die Reinkarnationen von verstorbenen Mitgliedern ihrer Stämme sind. Dementsprechend geht man auch mit ihnen um, was allerdings auch manchmal zu absurden Situationen führt. So wird ein weiblicher Drache als die Wiedergeburt eines Königs angesehen, was ziemlich befremdlich wirkt. Doch Frau Novik gelingt es diese Begebenheiten so darzustellen, dass man sie bereits nach kurzer Zeit nicht mehr als puren Aberglauben abtun kann. Denn es scheint ein Funken Wahrheit in der Ansicht der Afrikaner zu sein.
Dass der Leser diese auf den ersten Blick merkwürdige kulturelle Handlung akzeptiert, liegt an Frau Noviks zweiter großer Stärke: Die perfekte Darstellung der Figuren. Dadurch gelingt es ihr ohne Probleme, die Sichtweise der Afrikaner und ihrer Drachen so rüberzubringen, dass man als Leser nicht anders kann, als sie als wahr zu akzeptieren. Besonders Mokhachane, dem in weiblicher Drachenform wiedergeborenen afrikanischen König, sowie dessen Diener und Verwandte, helfen dabei. Sie wirken sehr realistisch und werden glaubwürdig dargestellt. Allerdings übertreibt es die Autorin doch etwas mit den Temperamentsausbrüchen des Anführers der Eingeborenen.
Gleichzeitig lernt man auch von den Hauptfiguren neue Aspekte kennen. Dass Will Laurence ein ehrenvoller Mann ist und treu zur Krone steht, weiß man bereits aus den vorherigen Büchern. Doch dieses Mal muss er zu einem Thema eine klare Position beziehen, das ihm nicht behagt. Während sein Vater nämlich ein strikter Gegner der Sklaverei ist, steht Temeraires Reiter der Sache eher ambivalent gegenüber. Er vermeidet es, eine allzu deutliche Stellung zu beziehen, vor allem um es sich mit seinem Freund Thomas Riley nicht zu verscherzen, der eindeutig dafür ist. Das ihm dies nicht gelingt, trägt viel dazu bei, das der Kapitän sehr dreidimensional in seiner Charakterisierung wirkt.
Aber auch Temeraire muss schmerzhafte Erfahrungen machen. Er, der hochintelligent ist, aber auch sehr naiv, hatte für die Zeit nach der Rückkehr viele Pläne, von denen manche sogar äußerst hochtrabend waren. Ihm ging es hauptsächlich darum, die Lebensweise seiner Artgenossen zu verbessern, die im Vergleich zu den Verhältnissen in seiner ursprünglichen Heimat, China, wirklich erbärmlich wirken. Doch schnell muss er erkennen, dass besonders jetzt, wo die Drachen krank sind, er seine Vorhaben begraben muss. Eine äußerst bittere Erfahrung für ihn.
Fazit:
Frau Naomi Novik schreibt mit "Drachenglanz" einen erneuten Klassiker. Die vielen unterschiedlichen Völker und Figuren wirken allesamt glaubwürdig und interessant. Dadurch schafft sie es auch, die verschiedenen kulturellen Eigenheiten perfekt dem Leser näher zu bringen. Gleichzeitig machen ihre Hauptfiguren einige bittere Erfahrungen, die sie für ihre nächsten Abenteuer sicherlich zeichnen werden. Nur bei der Darstellung von Mokhachane, dem afrikanischen König, übertreibt es die Autorin ein wenig zu sehr. Doch trübt dies den Gesamteindruck des Romans nahezu überhaupt nicht.
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