Welt aus Stein
Story:
Die Bewohner eines fernen Mondes leben unter dessen Oberfläche, aufgesplittert in verschiedene Völker und Kulturen. Eines Tages, während eines Kampfes zwischen zwei dieser unterschiedlichen Stämme, wird die Kriegerin Orna gefangengenommen und verhört. Doch es gelingt ihr, sich und andere zu befreien und zu fliehen. Dabei wird sie von einem Ziel angetrieben: Sich an denjenigem zu rächen, der sie ihrer Meinung nach verraten hat.
Meinung:
Der Brite Chris Wooding hat bereits mit 19 Jahren angefangen, Bücher zu schreiben. Sein erstes Werk "Crashing" wurde schon zwei Jahre später veröffentlicht. Seitdem kommen regelmäßig neue Romane von ihm heraus, die jeweils ein unterschiedliches Zielpublikum haben. So richtet sich die Serie "Broken Sky" an einem eher jüngeren Publikum aus, während für erwachsene Leser die Fantasy-Saga "Der verschlungene Pfad" bestimmt ist. Der Roman "Welt aus Stein" ist jedoch ein eigenständiges Werk.
Erzählt wird, wie die Kriegerin Orna während eines Kampfes in eine Falle gelockt wird. Sie überlebt, doch ihr Ehemann, ebenfalls ein Krieger, stirbt. Und so gerät sie in Gefangenschaft, wo sie sich zunächst der Trauer hingibt. Doch nach einiger Zeit kann sie diese überwinden und sich darauf konzentrieren, aus dem Kerker, in dem sie und andere gehalten werden, zu entfliehen. Dabei schließt sie Freundschaft mit einem Jungen aus dem Sonnenvolk, das nahe der lebensfeindlichen Mondoberfläche wohnt, den sie bei der Flucht mit nimmt. Und unterwegs wird ihr klar, dass sie und die anderen Kämpfer von einem der ihren verraten wurden. Sie hat eine bestimmte Vermutung, wer dies sein könnte und kann es kaum erwarten, dieser nachzugehen.
Chris Wooding brilliert darin, die titelgebende "Welt aus Stein" zum Leben zu erwecken. Ausführlich beschreibt er die verschiedenen Kulturen und ihre Sitten. So ist seine Heldin Orna die Sklavin der Familie eines Adeligen. Sie und ihr Ehemann müssen eine Lebensschuld begleichen, die von seinem Vater begonnen wurde. Zu Ende ist diese erst mit der nächsten Generation, dem Sohn, den sie ausgetragen hat. Dieser, kaum erwachsen, geht aus falsch verstandenem Stolz zum Militär, obwohl seine wahre Berufung eigentlich eher in der Wissenschaft liegt. Dabei wirken die Beschreibungen zu keinem Zeitpunkt unglaubwürdig, sondern passen zu der Atmosphäre des Romans. Allerdings verliert der Leser nach einer Zeit den Überblick, was die Verwendung von bestimmten Begriffen angeht. Dies trifft besonders auf Begriffe wie "Chtonomanten" zu, die regelmäßig erwähnt werden, jedoch nur dürftig erläutert sind. Man weiß zwar, dass es Magier sind, doch worin ihre Besonderheit besteht, bleibt unklar. Hier hätte ein Glossar Abhilfe schaffen können.
Gut gelungen sind auch die Kampfszenen, die ebenso wie Beschreibungen der Kultur, sehr detailliert sind. Hier versteht es der Autor den Leser schon nach wenigen Sätzen mitzureißen, ihn den Verlauf des Kampfes intensiv zu erleben. Dabei sind die meisten Konflikte Nahkämpfe, in denen die Ninja-artigen Fähigkeiten von Orna sehr gut zur Geltung kommen.
Überhaupt ist Orna eine faszinierende Figur. Auf der einen Seite ist sie die gehorsame Sklavin, die tut, was man ihr aufträgt. Häufig sind dies Mord-Aufträge, die sie ohne zu zögern, oder sie zu hinterfragen, ausführt. Aber andererseits ist da auch eine gewisse rebellische Seite an ihr, die immer dann auftritt, wenn es um ihren Sohn, ihr einziges Kind geht. Dann gibt sie Widerworte und plant heimlich, ihren Sprössling von seinem, in ihren Augen, Irrweg wegzuleiten. Er ist es auch, der ihr die nötige Motivation gibt, die beschwerliche Flucht zu überstehen. Und so ist sie eine starke Persönlichkeit.
Eher negativ wirkt die Aufklärung der Verschwörung, die Orna überhaupt erst in ihre missliche Lage gebracht hat. Was anfänglich noch recht interessant zu lesen ist, wird jedoch ab Mitte des Romans ziemlich vorhersehbar. Dann nämlich ist dem aufmerksamen Leser klar, wer aus welchen Gründen hinter der Aktion steckt.
Fazit:
Chris Woodings Roman "Welt aus Stein" überzeugt durch eine sehr stimmige Atmosphäre. Der Autor versteht sich darauf, seine Welt äußerst real wirken zu lassen. Jede Kultur, die von ihm dargestellt wird, hat ihre eigenen Sitten, wodurch sie unverwechselbar sind. Ebenso sind auch die Kampfszenen so realistisch geraten, dass der Leser sie intensiv miterlebt. Seine Protagonistin Orna ist eine äußerst komplexe Persönlichkeit, die vor allem in Beziehung zu ihrem Sohn Charakter-Tiefe erhält. Leider verwendet der Autor viele Begriffe, die er kaum erläutert. Auch ist es schade, dass die vermutete Verschwörung ab der Mitte des Romans sehr vorhersehbar wird.
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